Manfred Haferburg / 24.09.2018 / 09:17 / 43 / Seite ausdrucken

Ohne Maaßen und Ziel

Ein Filmschnipsel von „Antifa Zeckenbiss“ hat ganz Deutschland in eine Staatskrise gestürzt. Es wurde medial und politisch darum gerungen: Muss ein Beamter gefeuert werden, weil er eine abweichende Meinung zur Kanzlerinnenmeinung geäußert hat? Oder soll ein Beamter befördert werden, weil er sein Amt gut ausfüllt, wie der Innenminister meint? Und darf gar der Beamte weggelobt werden und 2.500 Euro im Monat mehr verdienen?

Die Tagesschau vermeldet: „Parteispitzen ringen um Kompromiss“. Klingt nach Schweißtropfen auf der Stirn und nach ganz großer Politik. Da sitzen die Kanzlerin, der Innenminister, die Parteivorsitzende der Koalitionsparteien und weitere Regierungsmitglieder mehrere Male stundenlang zusammen, um über eine Personalie zu entscheiden. Eine Personalie, über die sie sich vor ein paar Tagen erst in einem Kompromiss geeinigt haben. 

Welche Sorgfalt bei der Detail-Regierungsarbeit zum Wohle des Volkes, könnte man meinen. Und schon schreibt sich die Kanzlerinnenpresse die Finger wund, kürt gar die Kanzlerin zu jemandem, auf den die Deutschen oberstolz sind. Und natürlich sind wir auf die Politiker gleich mit stolz.

Worum geht es eigentlich? Gibt es in Deutschland keine Probleme, um die sich die Regierungsspitzen kümmern sollten?

Die geschrumpfte Große Koalition steht auf der Kippe. Dem Innenminister droht die Entlassung. Die Schwesterpartei der Kanzlerpartei droht mit dem Verlassen der Regierungspartei. Der Parteivorsitzenden des kleineren Koalitionspartners droht die Abwahl. Als Worst-Case drohen gar Neuwahlen.

Die Politik hat sich in ein Dilemma manövriert. Egal, was sie beschließen, es wird jemand sein Gesicht verlieren. Und sie haben es alle zusammen schon verloren. Es geht bei allen Beteiligten ums politische Überleben. Und natürlich weiß die Regierung genau, was für eine Klatsche der Wähler bei Neuwahlen auf sie zukäme. Die Angst geht um. Das macht kompromissbereit, hilft aber nicht bei der Lösung des Dilemmas. 

Und nun endlich – ganz Deutschland fällt ein Stein vom Herzen. 

Das zentrale Problem ist gelöst. Die Welt-Online schreibt: „Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen soll nun doch nicht zum Staatssekretär im Innenministerium befördert werden. Nach Worten von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wird er stattdessen Sonderberater im Innenressort. Im Rang eines Abteilungsleiters soll er für europäische und internationale Aufgaben, etwa für die Aushandlung von Rückführungsabkommen, zuständig sein. Seine Besoldung bleibe unverändert“. Das ist aber nicht ungefährlich. Wird Herr Maaßen in seiner neuen Position womöglich Hoffnungen auf vermehrte Rückführungen schüren? Sollte das nicht lieber nochmal nachverhandelt werden?

Alles bleibt vorerst beim Alten. Nahles kann Parteivorsitzende bleiben, Seehofer bleibt Innenminister, Merkel bleibt Kanzlerin, die Groko bleibt Regierung und die Deutschen bleiben stolz auf ihre Politiker. Der Berg hat gekreißt und eine Maus geboren, die dem Volk als geflügeltes weißes Ross angedreht wird.

„Antifa Zeckenbiss“ hat auf der ganzen Linie gesiegt. Das Kasperletheater hat nämlich einen Riesenvorteil. Niemand fragt mehr nach Chemnitz. Nach dem dritten Täter, der entwischen konnte. Niemand fragt mehr nach dem freigelassenen Verdächtigen. Niemand fragt die beiden Verletzten, was denn eigentlich wirklich passiert ist. Und niemand wagt mehr zu fragen, wo und wann in Chemnitz wirklich die Nazis los waren. 

Und da die Bundesregierung bis an ihre Leistungsgrenzen ging, spart Deutschland zu guter Letzt noch 2.500 Euro Steuergeld im Monat! Und Frau Nahles setzt darauf, dass die Koalition nach der neuen Einigung zur Regierungsarbeit zurückkehrt. „Die Koalition wird sich nun wieder der Sacharbeit widmen. Wir haben noch viel vor“. Die große Verarsche geht in die nächste Runde.

NachtragEs spielt eigentlich keine Rolle mehr und doch muss es festgehalten werden. Hier finden Sie den gesamten Wortlaut der Bundestags-Befragung von Ex-Verfassungsschutz-Präsident Maaßen. Was Sie dort nicht finden werden: Einen Grund für seine Ablösung.

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Leserpost

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Rolf Dudeck / 24.09.2018

Eines der Probleme bei dieser Geschichte ist, daß das Volk die Maus als geflügeltes weißes Roß ansehen WILL! Zumindest habe ich diesen Eindruck bei Diskussionen in meinem Freundes, Bekannten- und Kollegenkreis. Die jahrzehntelange rotgrüne Gehirnwäsche erweist sich als äußerst erfolgreich.

Werner Pfetzing / 24.09.2018

@Bernd Büdenbender Hallo !  Nicht Maaßen wurde vom “Spiegel” als Gefährder verunglimpft, sondern sein Dienstherr Seehofer. Passender und auch korrekter wäre es gewesen, Madame Merkel auf das Titelblatt zu nehmen und sie als Gefährderin zu bezeichnen. Sind doch seit der Grenzöffnung 2015 einige mörderische (!) Gestalten in’s Land gekommen… Viele Grüsse !

Marc Blenk / 24.09.2018

Lieber Herr Haferburg, ich bin mir da sicher, dass die Sache noch nicht ausgestanden ist. Dafür ist zuviel passiert. Bewusste Falschinformationen von ganz oben (Merkels und Seiberts Hetzjagden), das Stützen auf Filmchen von Linksradikalen, die Entlassung eines verdienten Mannes, der sich rein gar nichts zu Schulden hat kommen lassen, und und und…. Diese Regierung hat stattdessen im letzten dreiviertel Jahr nichts geleistet, was dem Wohle des Deutschen Volkes zuträglich gewesen wäre. Stattdessen flüchtet sie sich mithilfe ihrer Medien in totalitäres Posing. Wer sich kritisch einmischt ist ein Nazi. Mehr haben sie nicht zu bieten. Noch nie seit dem 14. August 1949 hatten wir eine schlechtere Regierung.

Wolfgang Kaufmann / 24.09.2018

Probleme im Umfang von Milliarden werden überkleistert mit Träumereien von einem Wolkenkuckucksheim der Integration. Aber die Frage nach der Apanage eines Altbundespräsidenten oder der Gehaltsklasse eines Exverfassungsschützers bewegt die Stammtische. Uns regieren nicht nur Analphabeten – unfähig die Auslandspresse zu lesen –, sondern auch Dyskalkuliker, unfähig Millionen von Milliarden zu unterscheiden. Schon das bekannte Gumball-Video überfordert doch die Bauchdenker unter uns.

Ilse Polifka / 24.09.2018

Vielen Dank Herr Haferburg. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen

Dr. Achim de Vries / 24.09.2018

Was mir in der ganzen Diskussion und Berichterstattung über die causa Maaßen fehlt: Kein Politiker kann oder darf einen Beamten entlassen. Das darf im Fall Maaßen nur ein Gericht oder der Bundespräsident, und der darf auch nur in den einstweiligen Ruhestand versetzen (Paragraf 54, Bundesbeamtengesetz) . Wo kämen wir denn da hin, wenn Politiker missliebige nicht meinungskonforme Staatsdiener entlassen dürften? Ah, eben fällt es mir ein: In die Türkei!

Klaus Reichert / 24.09.2018

Ganz Deutschland war heilfroh, dass Maaßen keine Gehaltserhöhung bekommen hat. Es hätte sonst wohl einen Aufstand gegeben. Anzeichen waren schon da: die Umfragewerte der Groko - Parteien sanken auf 28, bzw. 17 Prozent. O.K., da waren sie schon vorher, aber jetzt hatte es einen Grund. Nahles bekam massiv Ärger vom Volk, also aus ihrer Partei, was ja bei einer Volkspartei das Gleiche ist.  Und die Tagesschau hat’s auch gespürt. Merkel sah den Fehler schließlich ein und entschuldigte sich beim Volk. Das kann nun Aufatmen und wartet sehnsüchtig auf einen neuen VS - Präsidenten, der die Gefahr endlich dort sieht, wo sie ist: rrrrächts!

Reinhard Schilde / 24.09.2018

Man kann wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln und ist fassungslos, was diese absolut erbärmliche Gurkentruppe tagtäglich in Berlin verzapft. Heute hüh und morgen hott. Ich weiß nicht, ob sich eine dieser Pappnasen mal Gedanken darüber gemacht hat, wie dieses unwürdige Gebaren bei Volk und Wähler ankommt. Die Raute spielt Diktator und die Höflinge haben den ganzen Tag damit zu tun, ihre Pfründe zu verteidigen, da bleibt fürs Regieren leider keine Zeit. Und klar, die Deutschen sind stolz auf ihre Politiker und die Kanzlerin. Da muss man erst mal drauf kommen. Ich habe keine Ahnung, was die in Bundestag und Kanzleramt rauchen, aber das hätte ich auch gerne. Man fühlt sich doch mittlerweile nur noch verarscht.

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