Spektakel ist schon das richtige Wort. Die Frage muss also richtig lauten: Wozu braucht man ein Spektakel, ist es für etwas gut? Soll es vielleicht ablenken, vom Niedergang der Kirchen, vom Glaubensverlust, von der Konkurrenz der neuen bibelfremden Gottheiten? Wäre Gott ein himmlisches Wesen, sollte er doch erhaben sein über tausende Jahre Entwicklung und Fehlentwicklung seiner Geschöpfe auf Erden. Da er aber in den Köpfen der Gläubigen residiert, muss er sich mit den Lebensumständen verändern. Er passt sich unübersehbar dem Zeitgeist an, wird es bequemer in den Köpfen, räkelt sich auch der Gott verträumt im Polstersessel, gewiss einige Stunden am Tag fernsehend. Ich bin sicher, er ist manchmal überrascht und sogar überwältigt von der Realität. Haben Sie Mut und prosten Sie ihm gelegentlich zu! Er ist Ihnen verbunden.
Und subventioniert werden solche Sachen meistens auch noch. Freunde waren letztens im Weimarer Nationaltheater. Dort hatten sie etwas Gediegeneres oder zumindest eine klassischere Darbietung erwartet als ihnen dann präsentiert wurde. Auf der Bühne mussten Schauspieler z.B. als Penis verkleidet herumlaufen und eine übergrosse Hand wurde dazu auch präsentiert…In der Pause sind sie gegangen.
War der Autor des Artikels wirklich vor Ort? Hat er sich eine Aufführung der Passion angesehen? Hat er auf die Darstellenden gesehen, hat er auch auf das Publikum geschaut und gehört? Es stimmt, das Stück endet fast beiläufig: es ist kein Schauspiel, sondern eine seit fast 400 Jahren währende Gelübdeeinlösung. Die Darsteller kehren nicht, wie Schauspieler es tun, nach dem Ende auf die Bühne zurück, um sich feiern zu lassen. Applaus ist eigentlich nicht gewünscht. DAs Gelübde ist mit dem Spiel eingelöst, danach braucht es nicht mehr. Das votum war und ist ein rechtlicher Akt. Wie stellt sich der Autor “Heiligkeit” in seiner Darstellung vor? “Sacer” /heilig ist eigentlich der menschlichen Sphäre entzogen. Diese Inszenierung ist ganz nah an den Menschen. Und genau das macht sie so greifbar, so alltäglich, so nachhallend auch noch Tage und Wochen nach dem Besuch. Sie ist eben keine Gegenwelt, sondern nimmt den Besucher, wenn er sich darauf einläßt ganz gefangen. Wer die Vorstellung “kalt wie eine Hundeschnauze” empfindet, der sollte vielleicht auch seinem Hund einmal mehr in die Augen sehen. Als Besucher kann ich die Darbietung nur als sehr beeindruckend beschreiben. Die Präsenz des Chors, ohne Anflug von Show und Eigendarstellung, die Selbstverständlichkeit des Vortrags, das macht die “Heiligkeit” des Stückes aus.
Unterm Strich mutiert das Mysterienspiel zur Lindenstraße.
EDEL SEI DER MENSCH - “Edel sei der Mensch, hilfreich und gut” so tat es einst der Goethe sagen. Nie findet sich das unterm Hut, den unsere Politclowns tragen. - Der Unterschied zum Tier ist nur die dünne Decke der Kultur. Dient die mal nicht der Macht zum Zwecke, wirft Macht schnell ab die dünne Decke. - Kultur wird dann zum Trojapferd, gebraucht, damit man die bekehrt, die sich nicht den Doktrinen beugen, offen Freiheitswillen bezeugen. - Zur Propaganda degradiert, ganz offensichtlich sie souffliert, was ein jeder denken sollte, eig’ne Gedanken sind Revolte. - Wieder einmal hat es geschafft, das deutsche Volk dahingerafft, Kultur, Freiheit und Hirn gleichzeitig, wie 1933.
Solchen Typen ist buchstäblich nichts mehr heilig.
Den “Jedermann “habe ich vor 20 Jahren in einmalig guter Inszenierung bei den Erfurter Treppen-Festspielen gesehen. Das reicht, besser wirds nicht, nur “moderner”, was schon fast eine Drohung ist. Ob die als antijüdisch empfundenen Inhalte des Neuen Testamentes wirklich welche sind, ist umstritten. Alle Verunglimpfungen kommen schließlich von Personen jüdischer Herkunft. Dass z.B. Paulus, obwohl selber Jude, eine geradewegs bösartige Kritik an seinen Landsleuten äußerte kann jeder in seinen Briefen nachlesen.
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