Henryk M. Broder / 18.03.2018 / 14:00 / Foto: Pixabay / 29 / Seite ausdrucken

Oh Herr, schick Beauftragte vom Himmel!

Am 18. Januar dieses Jahres hat der Deutsche Bundestag die geschäftsführende Regierung aufgefordert, einen „Antisemitismus-Beauftragten“ zu berufen. Ihm sollte ein „unabhängiger Kreis“ von Experten aus „Wissenschaft, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft“ beratend zur Seite stehen. Der gemeinsame Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen entsprach einer in Deutschland weit verbreiteten Praxis: „Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis!“

Der Antisemitismus, obwohl kein neues Phänomen, sorgt immer wieder für Überraschungen. So zum Beispiel, als „arabischstämmige“ Jugendliche vor dem Brandenburger Tor Israel-Fahnen verbrannten und dabei die Hamas hochleben ließen, die sich ein judenfreies Palästina wünscht. Worauf sich in den Medien Experten zu Wort meldeten, die den Vorgang sehr verschieden interpretierten. Für die einen war es klassischer Judenhass, projiziert auf Israel, für die anderen legitime „Israelkritik“ in einer etwas rabiaten Form.

Die Entscheidung über solche Fragen würde wohl in die Zuständigkeit des „Antisemitismus-Beauftragten“ fallen, wenn es denn einen gäbe. Aber danach sieht es derzeit nicht aus. Ersatzweise hat der – inzwischen aus dem Amt geschiedene – Innenminister de Maizière erklärt, Deutschland sei „dem Staat Israel und allen Menschen jüdischen Glaubens in ganz besonderer Weise verbunden“.

Aber damit war das Thema nicht vom Tisch. Letzte Woche kamen in Potsdam 40 Vertreter von Bund, Ländern und jüdischen Gemeinden zusammen, um über weitergehende Maßnahmen zu beraten. Es sei nicht genug, einen Antisemitismus-Beauftragten auf Bundesebene zu berufen, es müsse Antisemitismus-Beauftragte in allen 16 Bundesländern geben, forderte unter anderen der Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien, der das Treffen initiiert hatte. Ich halte das für eine ausgesprochen konstruktive Idee.

Es gibt inzwischen Gleichstellungsbeauftragte in allen Bundesländern, in den meisten Kommunen, Unternehmen und Hochschulen. Eine „Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen“ dient als Info-Zentrale für die etwa 500 Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in der ganzen Republik. So muss man auch das Problem des Antisemitismus angehen. Mehr Beauftragte braucht das Land!

Zuerst erschienen in der Züricher Weltwoche

PS. In der März-Ausgabe von Cicero beschreibt Philipp Peyman Engel, wie die Berliner Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, Sawsan Chebli, es beinahe geschafft hätte, zur Antisemitismus-Beauftragten des Bundes ernannt zu werden. Sie brachte sich selbst geschickt ins Gespräch, indem sie plötzlich ihre Liebe zu den Juden entdeckte, vor allem den toten. Dabei wäre sie die Idealbesetzung gewesen – jung, schön und ahnungslos. Den Artikel von Philipp Peyman Engel finden Sie hier, allerdings müssen Sie, um ihn lesen zu können, einen kleinen Obolus entrichten. Es lohnt sich.

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Leserpost

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Judith Hirsch / 18.03.2018

@Herr Decke, schade, dass sie meine Zeilen nicht als das verstanden haben, was sie waren: ein Scherz! Frau Chebli ist durchaus apart anzusehen, aber so durch und durch defizitär, dass ich körperliches Unbehagen verspüre, wenn ich sie reden höre und das ist keineswegs ironisch gemeint. Ebenso geht es mir, wenn ich hier ihre Kommentare lese.

Helge-Rainer Decke / 18.03.2018

@Judith Hirsch, was empfinden Sie als „schön“? Weshalb bereitet es Ihnen körperliche Schmerzen, dass es Menschen gibt, die Frau Chebli als „schön“ empfinden? Nicht jede Frau muss dem sogenannten klassischen Schönheitsideal entsprechen, also zB. der Venus von Milo, Statue der Göttin Aphrodite, um trotzdem als schön wahrgenommen zu werden. Entsprechen Sie dem klassischen Ideal? Herr Broder hat aus dem „Cicero“ zitiert und zum Begriff „schön“ kein persönliches Statement abgegeben. Somit läuft Ihr Verlangen, Broder möge weiblichen Lesern so etwas nie wieder antun (welche weiblichen Leser Sie auch immer meinen), aus meinem Horizont geurteilt, ins Nirgendwo.

Frank Volkmar / 18.03.2018

Frau Chebli wäre in der Tat eine “interessante Besetzung” dieser Position ! Mit dem Hinweis auf ihre “Vorbilder” (nach wiki, siehe link im Text) : “Ein wichtiges Vorbild war ihr ältester Bruder, der als Imam in Schweden arbeitet und die dortigen Behörden in Integrationsfragen berät.” wäre zu befürchten, das sie die vermutlich hervorragende Tätigkeit ihres Bruders in Schweden hier mit einem “krönenden” Abschluss versieht !

Mark Schild / 18.03.2018

Frau Chebli wäre eine ganz wundervolle Wahl für dieses Amt.  Sie hat in den letzten Jahren auf eindrucksvolle Weise Kompetenz, Eloquenz, Grundgesetztreue, immer freundliche Sachlichkeit (ich empfehle ihre charmanten Pressekonferenzen auf youtube) und den Mut zu außergewöhnlichen Ideen bewiesen. Wenn ich es jemandem zutraue ihren palästinensischen Brüdern in den Arm zu greifen, wenn diese tausendfach “Juden ins Gas” brüllen, dann dieser wundervollen Frau.

Oliver Förstl / 18.03.2018

Ein sehr kluger Mann und Freund des Autors, der auf dem Gebiet ein wirklicher Experte ist, bezeichnete Chebli als “trojanisches Pferd”. In unserer wahnwitzigen Zeit ist davon auszugehen, dass sich ein Antisemitismus-Beauftragter FÜR Antisemitismus einsetzen würde.

Werner Arning / 18.03.2018

Vielleicht wäre Frau Chebli die perfekte Besetzung, um als Verbindungsfrau zur Antifa zu fungieren? Gemeinsam könnte dann bei der nächsten antisemitischen (und wohlmöglich propalästinensischen) Demo eine Gegendemonstration der Antifa organisiert werden. Das wäre doch mal eine ehrenwerte Aufgabe für die Antifa. Sich schützend vor unsere jüdischen Mitbürger zu stellen. Denn die Antifanten möchten doch Antifaschisten sein. Mit wem, bitte schön, sollten sie sich denn dann solidarisch zeigen? Und wäre es nicht eine wunderbare Gelegenheit für unsere Vorzeigedemokraten „Haltung“ zu bekunden? Also liebe Antifanten,, dann macht mal was Nützliches. Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürgern, die sich seit einiger Zeit in ihrem Land (und damit meine ich Deutschland) nicht mehr sicher fühlen. Linksgrüne Politiker könnten auf der Demo mitlaufen, um ein „Zeichen zu setzen“. Wäre das nicht besser als noch ein paar Antisemitismusbeauftragte?

Frank Stricker / 18.03.2018

Ich würde auf jeden Fall eine “politisch aufgewühlte” Person als Antisemitismus-Beauftragte(n) auswählen.  Diese würde sich bestens mit dem zukünftigen Klientel auskennen….......

Fritz Kolb / 18.03.2018

Eine sonderbare Subkultur macht sich breit in unserem Land, fast wie ein Krebsgeschwür. Unser Land, damit meine ich Deutschland, ist christlich-jüdisch geprägt. Aber in weiten Teilen mittlerweile verunsichert ob zunehmender Infragestellung dessen, was Deutsch ist. Vor allem durch Figuren wie eine Frau Chebli oder eine Frau Özoguz und Konsorten wird suggeriert, dass Deutschland längst Multikulti geworden sei. Und das der Islam zu Deutschland gehört, einer der dümmsten Sätze eines auf allen Ebenen gescheiterten Ex-Bundespräsidenten. Was möglicherweise auf eine kleine Gruppe in städtischen Hotspots zutreffen mag, die sich zumindest selber so definieren. Teils ist es für diese Leute Folklore, teils linksideologische Prägung.  Ich glaube nach wie vor, das die breite Mehrheit der Bevölkerung damit überhaupt nicht anfangen kann, und vor allem auch nicht will. Wenn die neue Regierung den Satz “wir haben verstanden” einigermaßen ernst nimmt, dann sollte sie solche sehr sonderbaren “Expertenkreise” wie von Ihnen, Herr Broder beschrieben, tunlichst unterbinden. Mal ganz abgesehen von den zahllosen Gleichstellungs-Diskursen. Denn ansonsten leidet die Glaubwürdigkeit der Regierungsparteien noch weiter. Eine starke Polizei, die klare Gesetze konsequent umsetzt, reicht zur Lösung solcher Vorfälle wie der Verbrennung der israelischen Flagge am Brandenburger Tor vollkommen aus.

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