Rainer Bonhorst / 07.01.2020 / 12:38 / Foto: Marianique Santos / 41 / Seite ausdrucken

Obamas und Trumps Sonderkommandos

Es war ein besonderer Tag in der Regierungszeit Barrack Obamas. Der Präsident der Vereinigten Staaten trat vor die Kameras und bestätigte dem Fernsehvolk, was vorher inoffiziell schon bekannt worden war. Einem Sonderkommando der US-Streitkräfte mit dem Kürzel J. S. O. C. war es gelungen, den Top-Terroristen Osama bin Laden in Pakistan ausfindig zu machen und zu töten. Das Land atmete erleichtert auf. Zehn Jahre nach dem Anschlag der al-Qaida auf New York und Washington war der Hauptverantwortliche ausgeschaltet. Barack Obama feierte einen Sieg gegen den Terrorismus im modernen asymmetrischen Krieg. Das gleiche Sonderkommando hat auf Befehl Donald Trumps den Top-Terroristen von heute, Qassem Soleimani, im Irak ausfindig gemacht und getötet.

Kann man die Aktion des Joint Special Operations Command vom Jahr 2011 mit dem Tötungs-Auftrag gegen den iranischen Terror-General Soleimani vergleichen? Es gibt Parallelen und Unterschiede. 

Die offensichtlichste Parallele liefern die getöteten Personen. Beide, bin Laden und Soleimani waren die Köpfe weit verzweigter Terrorkommandos, die es nicht nur, aber vorzugsweise auf amerikanische Soldaten und Zivilisten abgesehen hatten. Sie auszuschalten, sollte unter dem Gesichtspunkt der Selbstverteidigung gerechtfertigt sein.

Dieses Argument ist aber im Fall bin Laden schwächer als im Fall Soleimani. Bin Laden war längst ein Flüchtling mit eingeschränkter Macht. Vergleichbar mit einem Mafia-Boss, der aus dem Gefängnis seine Truppen kommandiert: ein Kommandant mit Handicap. Seine Tötung war mehr Strafe als Prävention. Er wurde dafür, dass er den Terror mitten ins amerikanische Herz trug, mit dem Tod bestraft. 

Gefährlicher als der abgehalfterte bin Laden

Soleimani hat den Terror nicht in den amerikanischen Kontinent getragen, aber er war im Nahen Osten und international der oberste Drahtzieher zahlreicher tödlicher Attacken. Und als General der Islamischen Quds Revolutionsgarden war er im Vollbesitz seiner terroristischen Kräfte. Mehr noch: Er arbeitete – anders als bin Laden – im staatlichen Auftrag mit aktiver Unterstützung des iranischen Ayatollah Khamenei. Das machte Soleimani gefährlicher als seinerzeit den halb abgehalfterten bin Laden. Aber – die Schattenseite – gefährlicher ist damit auch die gezielte Tötung. Die Konsequenzen sind nicht abzusehen. Der Iran hat eine seiner stärksten Führungsfiguren verloren und Rache geschworen.

Andererseits hat die bisherige Abstinenz Trumps keineswegs eine Deeskalation der iranischen Terrorpolitik bewirkt. Appeasement hat auch in diesem Fall das Ziel verfehlt. Ein gefährlicher Gegner ist sozusagen in jedem Aggregatzustand gefährlich. Wie stark die Kriegsgefahr wirklich steigen wird, ist nicht klar. Aber steigen wird sie.

Das ist eigentlich nicht im Interesse des alten Donald Trump. Der wollte sogar seine Truppen aus dem Irak abziehen und wurde auch dafür von den Verbündeten getadelt. Er hat lange gezögert, gegen den iranischen Terror-Chef vorzugehen. Die Kehrtwende bringt ihm nun bei den üblichen Verdächtigen wieder Ärger ein.

Impeachment-Verfahren in die zweite Reihe gedrängt

Die europäische Reaktion ist kritisch. Und ebenso in den USA die der Demokraten. Der Unterschied zwischen damals und heute ist bemerkenswert. So sehr die den JSOC-Einsatz ihres Präsidenten Obama gegen bin Laden begrüßt haben, so heftig kritisieren sie den JSOC-Einsatz Trumps gegen Soleimani. Es herrscht Wahlkampf, und die Parteipolitik dominiert. Das war vorhersehbar. Interessanter ist, wie Trumps Tötungs-Befehl gegen den iranischen Top-Terroristen bei den Wählern ankommt.

Soleimani war außerhalb der Politik eine eher unbekannte Größe und nicht die überall gefürchtete Schreckensfigur, die Osama bin Laden darstellte. Aber Donald Trump und seine Leute werden dafür sorgen, dass die Amerikaner erfahren, was für ein Massenmörder Soleimani war. Unter seinen potenziellen Anhängern wird Trumps Befehl, diesen Mann auszuschalten, im Zweifel als gut, wenn nicht gar als Großtat ankommen. Das aussichtslose Impeachment-Verfahren der Demokraten wird neben diesem erfolgreichen Kriegs-Akt gegen den internationalen Terror in die zweite Reihe der Themen gedrängt werden. Einiges hängt von der Reaktion des Iran ab, aber die ablehnende Haltung der Demokraten werden viele Amerikaner als unpatriotisch und schlapp wahrnehmen.

Mit der Tötung des Qassem Soleimani ist Donald Trump wahrscheinlich seiner Wiederwahl einen großen Schritt näher gekommen. 

Foto: Marianique Santos dvids via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Werner Arning / 07.01.2020

Was bei Obama in den Augen der Europäer gut war, ist bei Trump noch lange nicht gut. Obama konnte zu ziemlich tun und lassen, was er wollte. Es war in den Augen Europas in Ordnung. Für Trump gilt haargenau des Gegenteil. Obama galt als links. Obama ist schwarz. Obama war cool. Also hat er schon fast alles richtig gemacht. Trump gilt als konservativ oder gar reaktionär, uncool und er ist weiß. Also alles falsch. Wenn Obama einen abgehalfterten, alten Terroristen töten lässt, ist das eine heldenhafte Tat, ein gelungener Racheakt. Lässt Trump einen aktiven, für Israel, die westliche Welt und die iranische Opposition möglicherweise gefährlichen General töten, gilt dieses als terroristischer, als ein zu verurteilender Akt. Sprach man bei Obama in diesem Zusammenhang eigentlich von Wahlkampf?

beat schaller / 07.01.2020

Danke Herr Bonhorst für diese Gegenüberstellung, die man wohl kaum mit sachlichen Argumenten verneinen kann. Es kommen ja täglich neue Informationen über Soleimani in die Öffentlichkeit, die zeigen, wer dieser Mann war. Erstaunlich ist, dass Deutschland immer noch an den Geschäften mit dem Iran fest hält und auch weiterhin versucht, die Sanktionen gegen den Iran zu umgehen. Ich hoffe, dass es Trump helfen wird, die Wiederwahl zu gewinnen und dann auch endlich dieses Schmutzspiel mit Anklagen (die gar keine sind) gegen Trump zu beenden. Ihrem Bericht kann ich zustimmen , Herr Bonhorst. b.schaller

Michael Murmurachi / 07.01.2020

Am 23.04.2019 hat von der Öffentlichkeit kaum wahr genommen ein ranghoher iranischer Überläufer Asyl in den USA beantragt. Der Asylant war ein enger Mitarbeiter von Qassem Soleimani mit Zugang zu geheimen Unterlagen. Seit Mai 2019 war Soleimani unter besonderer Beobachtung durch US-Geheimdienste. Da Soleimani normalerweise in großen Flugzeugen mit menschlichen Schutzschilden reiste, war es für die USA nicht einfach, eine passende Gelegenheit zu finden Soleimani ohne Kollateralschäden auszuschalten. Im Irak hat er für kurze Zeit auf die menschlichen Schutzschilde verzichtet und den USA somit ein einmaliges Angebot gemacht…

Volker Kleinophorst / 07.01.2020

Khomenie ist seit 1989 tot. Khamenie heißt der aktuelle Ayatollah vom Dienst und Chef von Soleimani. Ex-Chef natürlich.

Max Wedell / 07.01.2020

Nach meinem Eindruck hat die Tötung Suleimanis tätsächlich viele Amerikaner positiv beeindruckt. Ein Schritt vor. Die merkwürdige Haltung Trumps, jetzt nicht die Möglichkeit zu ergreifen, den Irak zu verlassen, sondern gegen den Willen der irakischen Regierung im Land zu bleiben und sogar noch zusätzliche Soldaten nach Kuweit zu entsenden, kommt hingegen bei seinen Wählern überhaupt nicht gut an. Zwei Schritte zurück. Irgendetwas scheint in der Beziehung zwischen Pentagon und Trump nicht zu stimmen (wie schon in Syrien deutlich zu erkennen war), fast, als hätten die etwas gegen Trump in der Hand und Trump hätte sich für die Tötung des Generals entschieden, um absichtlich Verhältnisse zu schaffen, bei denen das Pentagon klein beigeben muß, weil Abzug die bessere Wahl ist. Noch scheint es aber nicht so weit zu sein.

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