Peter Grimm / 29.10.2022 / 14:00 / Foto: Pixabay / 24 / Seite ausdrucken

Notstands-Hauspost vom Gerichtspräsidenten

Der Präsident des Leipziger Amtsgerichts scheint Briefe an die Mitarbeiter gern im Ausnahmezustands-Duktus zu schreiben. Mal drohte er mit der Ausgrenzung Ungeimpfter, dann beschwerte er sich über Querdenker", warnte vor gefährlichen Russen und jetzt gibt er Ratschläge für den Blackout.

Gerichtspräsident Michael Wolting ist bereits im Mai 2021 von Achgut.com gewürdigt worden, weil er seinen Mitarbeitern in einem Schreiben unter dem Stichwort „Impfen ist lebenswichtig" die „Maßnahmen des Amtsgerichtes Leipzig" in Sachen Impfung ausrichten ließ. Erinnern wir uns ruhig kurz an die Worte des Gerichtspräsidenten im Frühjahr letzten Jahres an impfunwillige Mitarbeiter seines Gerichts:

„Ich sage es ganz offen: nicht Geimpfte werden auch bei uns zunächst keine Vorteile und dann vielleicht sogar Nachteile haben. Zwei oder mehr von ihnen werden dauerhaft nicht ohne Schutzmaske in einem Büro sitzen dürfen. Ungeachtet dessen, dass es auch die Masken von uns nicht dauerhaft geben wird: wir werden es organisatorisch möglicherweise nicht einrichten können, sie dann so einzusetzen, dass Dritte durch sie oder sie durch Dritte nicht gefährdet werden. (...)

All das wird gesellschaftlich und gerichtsintern in sicher unterschiedlichen Ausprägungen weniger diejenigen betreffen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, aber es sollte bitte niemand darauf vertrauen, dass ein schlichtes 'lieber nicht, ich warte auf die Langzeituntersuchung der Impffolgen' dauerhaft Akzeptanz finden wird. Denn hinter Plexiglas-Trennscheiben wird wohl kaum jemand sein weiteres Leben verbringen wollen."

Nun muss man ja in der Rückschau sagen, dass die deutsche Politik bald darauf tatsächlich auf die Impfnötigung durch weitgehende Ausgrenzung der Ungeimpften aus dem öffentlichen Leben gesetzt hat. Insofern war der Gerichtspräsident durchaus vorausschauend. Deshalb lohnt es sich vielleicht, einen Blick auch auf einige seiner späteren Mitarbeiter-Rundschreiben zu werfen. Aktuell hat sich Wolting zum Verhalten bei einem Blackout geäußert, doch hier soll sein Hauspost-Werk chronologisch gewürdigt werden.

Ein spezieller Neujahrsgruß

Im Januar 2022 nutzte der Gerichtspräsident ein Rundschreiben zum neuen Jahr offenbar zu Bemerkungen über „Querdenker" und „Corona-Leugner", die gegen Corona-Maßnahmen protestierten. Das Leipziger Stadtmagazin kreuzer-leipzig.de berichtete:

„Seinen Neujahresgruß beginnt Wolting mit einer bösen Vorahnung. 'Für impfskeptische Esoteriker, Querdenker und andere harte Staatsgegner (m/w/d+) scheint das Jahr 2022 gut zu beginnen. Weil die Polizei nicht in der Lage ist, ihrer Herr zu werden, dürfen sie nun bald völlig ungehemmt ihrer Lieblingsbeschäftigung frönen: spazieren gehen', schreibt Wolting und reflektiert zugleich die Erwartungen an die Justiz. 'Parallel dazu wird wie üblich aufgefordert, der Staat solle Chaoten dieser Art mit der vollen Härte des Rechtstaat… - aber das kennen Sie ja alle.'

Neu sei nach Woltings Auffassung, dass sich die Aufforderungen der Politik fast ausschließlich an die Justiz richteten: ,Dass uns diese Menschen auch jemand zuführen muss, bevor wir sie verurteilen können, bleibt natürlich unerwähnt.'"

Im März 2022 beschäftigte sich der Gerichtspräsident in einem vertraulichen Rundschreiben mit dem Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen auf sein Gericht. Das Anliegen ist grundsätzlich nachvollziehbar, aber der Ton war offenbar für das Schreiben eines Richters eher befremdlich, wie die taz seinerzeit berichtete:

„Das vierseitige Schreiben trägt den offiziellen Briefkopf der Behörde. Es liegt der taz vor. Wolting kündigt einen 'psychologisch begleiteten Austausch' an, Arbeitstitel: 'Angst vor dem Krieg'. (...)

Die Diktion überrascht dann aber doch. (...) Er zieht den Vergleich des russischen Truppeneinsatzes mit 'marodierenden Horden' von Sowjetsoldaten, die am Ende des Zweiten Weltkrieges deutsche Frauen vergewaltigt hätten. Und urteilt über damals wie heute: Diese Sünden seien der Läuterung im Fegefeuer 'nicht zugänglich, sie führen unweigerlich, direkt und für die Ewigkeit in die Hölle'.

Es sind heftige Worte für einen Juristen. Bemerkenswert sind zusätzlich die Konsequenzen, die Wolting für die täglichen Abläufe im Leipziger Gericht ankündigt. Es gebe 'vielfältige Versuche Russlands, die westlichen Demokratien und ihre Institutionen zu destabilisieren', argumentiert er, deshalb seien 'höchste Vorsicht und Aufmerksamkeit geboten'.

Konkret hat der Gerichtspräsident seinem Rundschreiben zufolge die Wachtmeister mit verschärften Eingangskontrollen beauftragt. 'Alle Entscheiderinnen und Entscheider des Amtsgerichts helfen bitte mit, indem sie Termine, die Russen oder Weißrussen in das Haus führen würden, einer kritischen Prüfung unterziehen.' Sämtliche Termine mit Staatsangehörigen aus Russland, Belarus 'oder dieser Herkunft' seien an die Wachtmeister zu melden, 'wir werden dann prüfen, was davon unter Sicherheitsaspekten möglich ist'."

"Gehen Sie nicht auf die Straße"

Der Leipziger Gerichtspräsident teilt nicht nur seine Meinung zum Corona-Ausnahmezustand oder dem Ukraine-Krieg mit den Mitarbeitern des Amtsgerichts, sondern neuerdings auch zur Energiekrise, konkret zu bevorstehenden Blackouts.

„In einem Schreiben an seine Mitarbeiter malt Gerichtspräsident Michael Wolting ein düsteres Bild von der Stadt, falls es im Zuge der Energie-Krise zu einem Blackout kommt, also der Strom ausfällt", heißt es am heutigen Freitag bei bild.de.

„,In diesem Fall droht unmittelbare Lebensgefahr', schreibt Wolting. 'Sie können voraussichtlich nicht mehr telefonieren und es werden menschliche Verhaltensweisen zu Tage treten, von deren Existenz Sie bislang überhaupt nichts ahnen', mahnt er seine Mitarbeiter.

Sein Rat: ,Gehen Sie in dieser Situation auf keinen Fall allein auf die Straße, statten Sie sich mit einer stabilen Taschenlampe und insbesondere als Frau mit Pfefferspray aus.'"

Das ist natürlich alles nicht falsch, aber als Mitarbeiterrundschreiben des Gerichtspräsidenten befremdet es dennoch. Allerdings hatte er ja mit den anfangs zitierten Ausgrenzungsdrohungen für Ungeimpfte aus dem Mai 2021 am Ende recht behalten. So ähnlich sah dann die Realität ja aus. Auch mit dem letztgenannten Zitat könnte er recht haben. Aber dennoch ist es für einen Gerichtspräsidenten schon auffällig, wenn ihn Not- und Ausnahmezustände zur Hauspost zu beflügeln scheinen.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Oliver König / 29.10.2022

Kleiner Wichtigtuer und Dummschwätzer, der sein mickriges Leben aufplustern will.

Ralf Pöhling / 29.10.2022

Der Mann denkt mit. Allerdings in manchen Punkten etwas zu einseitig. Wer die aktuelle Situation wirklich verstanden hat, der kontrolliert ALLE mit der gleichen Sorgfalt. Es sei denn, er kennt die betreffende Person wirklich persönlich bis ins letzte Detail und weiß genau, dass sie für unser Land keine Gefahr darstellt, aus welcher Richtung auch immer. Das ist selbst bei Behördenpersonal leider nicht mehr unbedingt sicher. Der Rat an die Mitarbeiter, sich zur Sicherheit mit Taschenlampe und Pfefferspray einzudecken, zeigt unser dysfunktionales Waffenrecht offen auf. Und das von einem Richter. Da komme ich gerade heftig ins Grinsen… :-)

Peter Woller / 29.10.2022

Querdenker, Staatsgegner. Wenn ich diese Worte schon höre oder lese. Jetzt haben diese Leute endlich Schablonen gefunden, mit denen sie sich selbst als gut und die anderen als böse hinstellen können. Wie einfach und primitiv der Mensch doch gestrickt ist. Corona hats für alle Zeit bewiesen.

Harald Unger / 29.10.2022

Nicht umsonst weiß der Volksmund zu berichten: “Vor Gericht und auf hoher See …” Jener groteske Jurist weiß, woher der Wind weht. Das lässt er seine Opfer wissen. Nicht nur Russen und Ungeimpfte, auch wer als Bisherdeutscher in die Fänge solcher Duodezfürsten gerät, ist verloren. Welcher Personenkreis sein Gericht unbeschadet und unbeschwert verlässt, um seiner fachkraftlichen Tätigkeit nachzugehen, dürfte ebenso auf der Hand liegen. Alles eine Frage der Windrichtung. Da sind besonders Juristen, zeitgeschichtlich erprobt, so flexibel wie zuverlässig.

Th.F. Brommelcamp / 29.10.2022

Was soll man da sagen? Besser man denkt sich sein Teil! Die Linie so man was sagen konnte, ist bereit schon seit Jahren überschritten. Innerhalb eines kommunistischen Regime wäre der Zustand als Kulturrevolution vergleichbar (Mao). Aber wie wird es in einem sozialistischen System genannt? Grünrot cduspdfdplinke als eine neue Einheitspartei? Wokes Oberlehrergehabe in allen Bereichen? Autobauer die für Fahrverbote plädieren? Deutsche Tradition? Mehrere Bewegungen hatten wir schon in unserer Historie die Menschen mit der richtigen Haltung all diese Freiheiten gaben, um anders denkende ihre Rechte zu nehmen und in die “richtige” Richtung zu lenken. Sind wir schon auf diesem Weg? Gottesdienst gibt es ja Faktenchecker und die Öffentlichen. Die werden schon sagen, was wir zu sagen haben. Aber denken gut man seinen Teil! Oder?

Dr Stefan Lehnhoff / 29.10.2022

Der Mann ist Gerichtspräsident. Kein Insasse der geschlossenen Abteilung. Deutschland ist eine Freiluftirtenanstalt, die von den irren geleitet und wo die Gesunden eingesperrten werden. Wie war das mit dem neuen 130er und dem Zauberwort offenkundig? Wer immer weiß, wo sich dieser Mann aufhält; Sperrt ihn ein, sofort! Und jedes seiner Urteile muss sofort überprüft werden. Ah, ich vergaß: Es gibt ja gar keinen rechtsstaat mehr, der das tun könnte.

giesemann gerhard / 29.10.2022

Juristen können eben alles, das dürfen wir nie vergessen.

Silas Loy / 29.10.2022

Der Lauterbach von Leipzig, diesmal als Gerichtspräsident. Wer von einem Deutschland träumt, das ganz allgemein noch bzw. wieder alle Tassen im Schrank hat, der sei gefragt: Mit welchem Personal eigentlich?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com