Manfred Haferburg / 15.04.2019 / 21:54 / Foto: Pixabay / 15 / Seite ausdrucken

Notre Dame in Flammen – eine nationale Katastrophe für Frankreich

Paris am Abend des 15. April 2019, als das Undenkbare geschieht. Die Arbeiten am Dachstuhl der Notre Dame ruhen seit 17:00 Uhr, wie jeden Tag. Die Arbeiter haben in den letzten Wochen außen und innen um das Dach und den Mittelturm riesige Gerüste errichtet, um Renovierungsarbeiten vorzubereiten. 

Gegen 18:30 Uhr, eine gute Stunde später steht der Dachstuhl mit seinen uralten Eichenbalken in hellen Flammen und kurz darauf stürzt der schlanke Mittelturm, genannt „der Pfeil“, in sich zusammen. Seine brennenden Eichenbalken können die 250 Tonnen seines Bleidaches nicht mehr tragen. Auch große Teile des Daches stürzen ein. Die weltberühmte Zuflucht von Quasimodo gibt es nicht mehr.

Die Kathedrale Notre-Dame befindet sich an der Ostspitze der Seine-Insel Île de la Citéim 4. Pariser Arrondissement. Ihre Erbauung geht auf das Ende des 11. Jahrhunderts, die Zeit der Hochgotik, zurück. Die Kathedrale ist eines der bemerkenswertesten Meisterwerke gotischer Architektur. Sie schmückt sich mit zahlreichen Kirchenfenstern, von denen zwei einen Durchmesser von jeweils 13 Meter messen. Die Werte im Inneren der Kirche sind unschätzbar. Man mag sich nicht vorstellen, was das Löschwasser anrichtet. 

Nachdem die Kathedrale während der Französischen Revolution schwere Schäden erlitten hatte, wurde Notre-Dame de Paris im 19. Jahrhundertunter der Leitung von Architekt Viollet-Le-Duc restauriert. Zu jener Zeit veröffentlichte Victor Hugoden Roman „Notre Dame de Paris“, mit dem er den Figuren der Esmeraldaund des buckligen Glöckners Quasimodozur Unsterblichkeit verhalf. Viele Pariser fühlen heute die Worte Quasimodos, die er an eine der steinernen Wasserspeierfiguren richtet: „Ach wär‘ ich doch von Stein – wie Du“. 

So schön, weil so zerbrechlich

Die Evakuierung der brennenden Kirche dauert keine 10 Minuten, niemand wird verletzt. Das Feuer der Notre Dame ist trotzdem eine nationale Katastrophe für Frankreich. „Unsere Dame von Paris“ ist viel mehr, als Weltkulturerbe, sie ist ein Wahrzeichen von Paris. 15.000 Touristen und Gläubige besuchten täglich die Kathedrale. 1979 wurde die Kathedrale ins Register des Kulturerbes der Weltder UNESCO aufgenommen. 

400 Pompiers de Paris, die Pariser Feuerwehr, kämpfen die ganze Nacht um die Kathedrale und haben schon eine gute Nachricht: die Struktur des Gebäudes kann wohl erhalten werden. Die Pompiers de Paris sind eine Armeeeinheit und leisten heute schier übermenschliches. Deshalb lieben die Pariser ihre Feuerwehr. Wenn sie am 14. Juli auf den Champs Elysée bei der Militärparade aufmarschieren, tost der Beifall. 

Noch gibt es keine gehässigen Kommentare. Noch ist es nichts weiter, als ein großes Unglück. Paris, Frankreich, vielleicht die zivilisierte Welt, hält entsetzt den Atem an. Das einzige Wort, was den Leuten – egal ob Präsident oder Bürgern auf der Straße - einfällt, ist „schrecklich, terrible, horrible, triste“. Ab morgen wird eine landesweite Spendenaktion gestartet. 

Notre Dame ist Paris. Notre Dame de Paris ist eines der schönsten Symbole der Christenheit. So schön, weil so zerbrechlich. Notre Dame hat vieles überlebt, das Mittelalter, die Französische Revolution, zwei Weltkriege, Besatzungszeiten, Zeiten des Widerstandes, Zeiten des Friedens. Sie wird sicherlich wiedererstehen, in alter Schönheit. Aber das wird ein bisschen dauern. Es hat ja auch mit der Frauenkirche lange gedauert.

Aktualisiert am 15.04.19 um 24.Uhr

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Lutz Herzer / 15.04.2019

“Noch ist es nichts weiter, als ein großes Unglück.” Wenn es dabei bliebe, dürfte es der Öffentlichkeit dennoch schwer zu vermitteln sein, dass kein ausreichender Brandschutz vorhanden war und die Löscharbeiten dermaßen erfolglos waren. Sollte sich Brandstiftung herausstellen, womöglich sogar ein religiös-politisch motivierter Anschlag nach dem Muster 9/11, wird Frankreich einen erheblichen Anstieg der Unruhen erfahren. So oder so könnte der Brand ein Fanal sein.

Sebastian Gumbach / 15.04.2019

Ich kann mir nicht helfen, aber das passt einfach zu gut: Erst zerstört man die europäischen Staaten und Gesellschaften. Dann brennt vielleicht das Symbol Europas einfach ab.  Zufall?

Hubert Bauer / 15.04.2019

In der Tat können wir an diesem schrecklichen Ereignis die Welt in einen zivilisierten Teil teilen, welche die Zerstörung bedauert und einen unzivilisierten Teil, dem die Zerstörung gleichgültig ist oder sich sogar daran erfreut. Ich bin gespannt, ob (welcher) linksgrüne Trottel die Errichtung einer Moschee an dieser Stelle fordert.

Karsten Kaden / 15.04.2019

Ich habe gerade erst im TV von dieser unfaßbaren Tragödie erfahren. Welch schmerzlicher Verlust muß das für die Franzosen sein. Die Flammen und der einstürzende Turm wecken unweigerlich böse Assoziationen. Ich drücke den Feuerwehrleuten die Daumen, hoffentlich gelingt die Rettung.

Sanne Weisner / 15.04.2019

Ok, dann mach ich halt den Anfang mit Gehässigkeit. Denn was da abbrennt ist ein Stück der Geschichte Europas. Und was danach kommt ist wahlweise die Disney-Version der Geschichte (Berliner Stadtschloss-Fassade) oder eben was Neues aus dem Bereich platt-banaler Internationalismus Trallalabau. Ist ja schließlich ein lukrativer Baugrund.  Z.B. könnte man irgendein EU-Flattergeld-finanzierten Protzbau hinstellen wo Macrone oder seine Nachfolger ihre ehamalige Grand Nation als Kasperletheater auf- und/oder vorführen können. Oder man macht es wie hier in Deutschland und baut und baut und wird nie fertig. Statt eines ewigen Feuers eine ewige Baustelle.

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