Ein innerer Kreis um den Präsidenten der USA versucht, ihn aus dem Amt zu bekommen, bevor es zu spät ist. Bidens kognitive Ausfälle werden beängstigend. Das darauffolgende Problem heißt Kamala Harris. Für viele Amerikaner bedrohlicher als Donald Trump.
„Gratuitous“, also „überflüssig“ ist in Washington ein viel bemühtes Wort dieser Tage. Gemeint waren gewisse Formulierungen und Schlussfolgerungen des Sonderermittlers Robert Hur, welcher im Auftrag des Kongresses den Fall der in Präsident Bidens Garage und einem Büro an der PennState University aufgefundenen Geheimdokumente untersuchte. Special Counsel Robert Hur hätte außerdem seine Kompetenzen überschritten, so die Medien. Er sei nämlich kein Arzt und habe nicht über die mentale Gesundheit des Präsidenten zu befinden.
Der 388 Seiten dicke Bericht ging noch dazu über den Tisch von Generalstaatsanwalt Garland, was Biden angesichts des Inhalts zusätzlich gewurmt haben dürfte, zeichnete sich Garland doch bisher besonders dadurch aus, seinem Präsidenten juristische Steine aus dem Weg zu räumen, etwa in den zahlreichen Anklagen gegen dessen Sohn Hunter. Doch muss man das nicht als Zeichen nachlassender Loyalität oder gar juristischer Unvoreingenommenheit sehen. Plausibler ist, dass sich da ein innerer Kreis um den Präsidenten bemüht, ihn aus dem Amt zu bekommen, bevor es zu spät ist. Unklar ist nur, wovor man mehr Angst hat: dass Trump die Wahl im November haushoch gewinnt oder davor, dass Kamala Harris als Nachfolgerin Bidens ins Oval Office einziehen könnte – und sei es auch nur für einige Monate.
In einer eilig einberufenen Pressekonferenz versuchte Präsident Biden, den brisanten Inhalt des Untersuchungsberichts in ein besseres Licht zu rücken. Die Ermittlungen gegen ihn seien eingestellt worden, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen und auch sein Kopf sei völlig in Ordnung. Nicht etwa, wie im Bericht nachzulesen ist, der eines „sympathetic, well meaning, elderly man with a poor memory“.
Live die Halbwertszeit der Medikamente sehen
Auch ich bin kein Arzt, stelle aber auch keine Diagnosen, sondern beobachte wie Millionen andere Menschen auch Bidens Verfall seit Jahren. Bei der Pressekonferenz konnte man live die Halbwertszeit der Medikamente sehen, die Bidens Ärzte wohl bei ihm anwenden, um ihn für einige Minuten halbwegs fit zu machen. Und ganz ehrlich, wenn ich in mir das Mitleid mit einem Politiker aufsteigen fühle, der sichtlich überfordert ist und den Eindruck erweckt, von seinem Umfeld zu dem, was er da tut, gedrängt und gedopt zu werden, will das schon was heißen. So schlimm wie an diesem Tag war es wohl noch nie, und nachdem Biden in den letzten Tagen schon mit toten Staatschefs gesprochen hatte (Kohl, Mitterrand), fügte er seiner Verwirrung nun noch hinzu, Ägyptens Präsident as-Sisi mit dem mexikanischen Präsidenten zu verwechseln und die Hamas als „Opposition“ Israels zu bezeichnen.
Biden wurde langsamer und langsamer, als er seinen vorbereiteten Text vom Teleprompter ablas. Auch sein liebstes Thema kam ausführlich zu Wort: Trump. Im Gegensatz zu diesem habe er, Biden, mit dem Ermittler kooperiert, wie im Bericht ebenfalls zu lesen sei. Abgesehen davon, dass der Ermittler im Biden-Fall keine wertende Kompetenz in Bezug auf den Trump-Fall hat, ist es natürlich lachhaft zu suggerieren, der Delinquent sei in irgendeiner Weise zur Kooperation mit seinen Anklägern verpflichtet. Biden schiebt die Anstrengungen seines Jobs als Begründung dafür vor, dass er sich im Gespräch mit Special Counsel Robert Hur am 8. Oktober an vieles nicht mehr erinnern konnte, auch daran, wann er Vizepräsident war oder wann sein Sohn Beau starb. Dass Krisen immer hübsch eine nach der anderen kommen, um den Präsidenten nicht zu überfordern, steht leider nicht in der Jobbeschreibung.
Anders als von Biden dargestellt, liefert der Bericht auch keinen Freispruch erster Klasse. Der stellt vielmehr fest, dass Biden tatsächlich Dokumente hatte, über die er nach allen geltenden Regeln gar nicht verfügen durfte. Geschweige denn, sie von seinen Mitarbeitern transportieren zu lassen oder seinem Ghostwriter für seine Memoiren daraus vorzulesen. Es war ausdrücklich sein Gesundheitszustand, der eine Anklage verhindert hatte.
Bringt Biden seine Amtszeit noch irgendwie zu Ende?
Was Trump und Biden in ihren jeweiligen Dokumenten-Fällen übrigens eint: Beide sind davon überzeugt, nichts falsch gemacht zu haben. Der eine glaubt sich prinzipiell im Recht, der andere schiebt die Verantwortung auf seine Mitarbeiter. Und beide liegen falsch.
Für Biden ist die Lage jedoch kniffliger. Über der einen Tür steht geschrieben „mental fit, also her mit der Anklage“, über der anderen „mental beeinträchtigt, also auch nicht wählbar“, und Biden kann nur durch eine der Türen gehen. Vieles spricht derzeit dafür, dass es die zweite sein wird. Die Frage ist: Wann? Tritt er aus Gesundheitsgründen zurück, wie seine rekordverdächtig unbeliebte Vizepräsidentin Harris POTUS Nummer 47, ohne in einer Präsidentschaftswahl (Vorwahlen 2020) auch nur eine Delegiertenstimme ihrer Partei gewonnen zu haben? Oder bringt Biden seine Amtszeit noch irgendwie zu Ende und übergibt nur den Wahlkampf an Kamala Harris? Dann könnte das Debakel gegen Herausforderer Trump epische Ausmaße annehmen. Vom möglichen Debakel ihrer Präsidentschaft ganz zu schweigen.
Zwei Anforderungen genügte Kamala Harris, als Biden sie 2020 auf seinen Vize-Posten hob. Im von BLM-Protesten aufgewühlten Land erfüllte sie gleich zwei Bedingungen auf der Diversity-Equity-Inclusion-Liste: Frau und „person of color“. Außerdem war sie im Establishment der Dems so unbeliebt, dass der sich seiner Schwächen noch sehr bewusste Biden sie als Abschreckung seiner innerparteilichen Konkurrenten einsetzen konnte. Denn wer am Sessel von Joe sägen würde, bekäme Kamala statt seiner. Das wirkte. Die Palastrevolten gegen ihn blieben aus und Biden dachte gar nicht daran, Harris irgendwelche Aufgaben zu übertragen, denen sie gewachsen war. Vielleicht auch, weil es solche nicht gibt.
Denn alles, was Harris anfasst, geht irgendwie schief, wenn es nicht gar in ungesetzliche Aktionen mündet. Als sie zur „Grenz-Zarin“ ernannt wurde, um 2021 den Zustrom illegaler Grenzübertritte zu dämpfen, passierte nach einigen fruchtlosen Gesprächen in Mittelamerika neun Monate lang nämlich gar nichts. Man kann das natürlich auch vom utilitaristischen Standpunkt betrachten: Biden gibt ihr Aufgaben, die unerledigt liegen bleiben sollen. Doch weil das eben nicht gut fürs Image ist, übernimmt sie seitdem nichts mehr, was über peinliche Reden über den Weltraum, Liebeserklärungen an Venn-Diagramme oder gelbe Schulbusse hinausgeht.
Kamala Harris Engstirnigkeit und Beratungsresistenz
Immer wenn es um die Frage geht, ob Donald Trump charakterlich geeignet sei, das Amt des Präsidenten auszuüben, muss man natürlich auch zur Person Kamala Harris die Frage stellen, was uns mit ihr winkt und was uns blüht. In ihrer Zeit als Generalstaatsanwältin in Kalifornien ließ sie eigenmächtig Gefangene länger als vorgesehen im Knast, mit der Begründung, deren Freilassung würde „der Bekämpfung von Waldbränden in Kalifornien schaden“. Der Vorwurf staatlich organisierter Sklaverei lag in der Luft wie Brandgeruch.
Als sie 2020 schließlich auf Bidens Liste der VP-Kandidaten kam, lachte sie auf Nachfrage ihre heftig erhobenen Rassismusvorwürfe gegen Biden mit der Aussage weg, es habe sich doch nur um eine Debatte gehandelt, als sei bei politischen Reden jeder noch so absurde Vorwurf exkulpiert. Die Liste ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter der Vizepräsidentin ist lang, denn offenbar hält es niemand lange bei ihr aus. Stabschefin Tina Flournoy, Beraterin und Sprecherin Symone Sanders, die Kommunikationschefinnen Ashley Etienne und Sabrina Singh… alle nicht mehr da. Vom vergifteten Arbeitsklima bei Harris berichtet auch ein von James O’Keefe undercover gefilmter Mitarbeiter der Cyber-Security des Weißen Hauses.
Dabei mangelt es in solchen Jobs sicher weder an Ressourcen noch an fähigen Bewerbern. Doch Harris hat über die Jahre offenbar eine derartige Engstirnigkeit und/oder Beratungsresistenz entwickelt, dass niemand es mehr wagt oder schafft, ihre Kommunikation zu verbessern. Kluge Reden kann man ja auch halten, ohne sie verstanden oder gar geschrieben zu haben. Weil Harris jedoch dumme Floskeln so lange wiederholt, bis sie sich zu Memes und Spott auswachsen, hat sie offenbar jeden Kontakt zu ihren Mitarbeitern und der Realität verloren. Der Nullsatz „what can be, unburdened by what has been“ ist mittlerweile ebenso Harris‘ peinliches Markenzeichen wie ihr Kreide-auf-Schultafel-Lachen.
Die woke Versicherungspolice
Dieser Frau noch mehr Macht in die Hand zu geben, als sie als Staatsanwältin, Senatorin und zuletzt Vizepräsidentin hatte, erscheint mir doch sehr gewagt. Das sieht wohl auch der innere Kreis um Biden so, nur leider fand man keinen Hebel, sich von Harris zu trennen. Denn die woke Versicherungspolice funktioniert in beide Richtungen, wie wir aus dem Gespräch von James O’Keefe mit dem Cyber-Security-Experten Charlie Kraiger wissen: „There was a debate about removing her from the ticket, but sadly they didn’t, she's not popular, but you can’t remove the first black lady to be vice president from the Goddamn presidential ticket.“
„Es gab eine Debatte darüber, sie von der Liste zu streichen, aber leider haben sie es nicht getan. Sie ist nicht beliebt, aber man kann die erste schwarze Frau, die Vizepräsidentin ist, nicht von der verdammten Präsidentschaftsliste streichen."
Nun ist sie bereit, sagt Kamala Harris. Bereit, anstelle von Joe Biden Verantwortung zu übernehmen. All diese Macht in ihren Händen. Man fragt sich entsetzt, was wohl gefährlicher sei: Trumps prahlerisches aber für Gegner unberechenbares „America first“ oder Harris überdreht-ahnungsloses „Me first“. Als Trump ins Weiße Haus einzog, rief Generalstabschef Mark Milley in Peking an, um zu versichern, dass man den großen roten Buzzer für die strategischen Atomwaffen unter Kontrolle habe, man müsse sich in China also keine Sorgen wegen Trump machen. Wird er dasselbe auch tun, wenn Kamala Harris im Oval Office Platz nimmt? Oder wird er ihr die Hand führen?
Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.
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