Thomas Rietzschel / 02.12.2020 / 11:00 / Foto: U.S.N.A.R.A / 77 / Seite ausdrucken

Not lehrt maulen. Der Corona-Zahltag rückt näher

Beim Geld hört nicht bloß die Freundschaft auf. Auch um den politischen Konsens ist es schnell geschehen, rückt der Zahltag näher. Wenn es darum geht, wer nachher für die Kosten der Versprechen aufkommt, mit denen man sich zuvor einmütig großtat, fliegen die Fetzen. Der eine zeigt mit dem Finger auf den anderen. Bund und Länder streiten sich wie die Kesselflicker, wer denn nun wofür geradestehen muss. 

Vorbei die tollen Tage, da der Bund Dutzende von Milliarden an CORONA-Hilfen ausreichte oder doch wenigstens auszureichen versprach, Unsummen, die etliche Landesregierungen herausforderten, noch etwas draufzusatteln. Auch Hessen beeilte sich im Frühjahr, die „Soforthilfen“ des Bundes aufzustocken. Aus Landesmitteln flossen 1.000 bis 30.000 Euro pro Antrag zusätzlich. Volker Bouffier wollte nicht abseits stehen und ein Stück von dem Kuchen öffentlichen Ansehens abhaben. 

Jetzt, ein gutes halbes Jahr später, schnauzte er den Chef der Bundestagsfraktion seiner CDU an: „Ich fordere Sie auf, sich in Zukunft zu mäßigen.“ Der Landesfürst fühlte sich „persönlich getroffen“, nachdem Ralph Brinkhaus gefordert hatte, die Länder sollten sich stärker an den Hilfszahlungen beteiligen. Not lehrt maulen, auch unter Parteifreunden.

Wann kommt der Corona-Soli?

Plötzlich dämmert es den Schwadroneuren, dass sie dem Volk im panischen Überschwang mehr vormachten, als die Kassen hergeben, in der Hauptstadt sowie in den Provinzen. Untereinander schieben sie sich den Schwarzen Peter zu. Ein peinlicher Hickhack, bei dessen Beobachtung dem Bürger Böses schwant. Langsam muss er sich darauf einstellen, dass ihm bald aus der rechten Hosentasche genommen wird, was man ihm in der linken zusteckte. Ist doch in den Reihen der SPD bereits von einem „Corona-Soli“ die Rede. 

Zwar wird Lieschen Müller und dem kleine Mann auf der Straße weiter das Blaue vom Himmel herunter versprochen, nach den noch nicht erhaltenen November- nun die „Dezemberhilfen“ und dann etwas weniger für das kommende Jahr. Darin besteht nach wie vor Einigkeit, nur eben nicht darin, wer die Zeche bezahlen soll. Sind doch sogar die Hochsitze der Staatskanzleien zu niedrig, um die Schuldenberge, die aufgelaufenen und die anwachsenden, noch überblicken zu können. 

Wie schon zu Heinrich Heines Zeiten bleibt den Überforderten nur das eine: „Das Eiapopeia vom Himmel / Womit man einlullt / wenn es greint / Das Volk, den großen Lümmel.“ Dabei weiß jeder, dass die Euro-Noten nicht aus den Wolken regnen. Wer das Gegenteil suggeriert, indem er wie Olaf Scholz noch im Sommer glauben machen will, wir könnten die Krise leicht finanzieren, da der Staat bisher klug gewirtschaftet habe, ist entweder dumm oder zynisch, weil er uns für dumm verkauft – statt den Menschen draußen im Land reinen Wein einzuschenken. 

Ein Riss geht durch die Gesellschaft

Die Wahrheit aber, hat Ingeborg Bachmann einmal gesagt, „die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, wenigstens denen, die noch zurechnungsfähig sind. Da freilich mag unterdessen auch ein Riss durch die Gesellschaft gehen. Auf der einen Seite die Infantilen, die nur allzu gern unter den Rock des Staates kriechen – auf der anderen diejenigen, die nicht länger belogen werden wollen, um nachher vor vollendeten Tatsachen zu stehen. 

Auf sie aber, auf die Leistungsbereiten, wird es ankommen, sollen sich die Kassen irgendwann wieder füllen. Allein mit dem Gesäusel eines Bundespräsidenten, der schon als Außenminister mit diplomatischen Erfolgen prahlte, die nur in seiner Einbildung existierten, damit wird es nicht getan sein. Wie die der Kanzlerin sind seine Durchhalteparolen das Papier nicht wert, auf dem sie verbreitet werden. Seine Aussage, „die Pandemie wird uns die Zukunft nicht nehmen", ist eben nicht mehr als ein echter Steinmeier: hohl, nichtssagend, banal. 

Natürlich werden wir eine Zukunft haben, was denn sonst. Nur, wie wird sie aussehen? Von einer Politik, die sich bereits jetzt über die Verteilung der Kosten in die Haare kommt, ist auf diese Frage keine vernünftige Antwort zu erwarten. Die Bürger selbst müssen sie finden. Sie haben einen Anspruch, die ganze Wahrheit zu erfahren. Sicher war es notwendig, in der außergewöhnlichen Situation außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, Ausgaben zu wagen, die alles bisher Bekannte übersteigen. Nur sollte nicht versucht werden, mit haltlosen Versprechen über den nahenden Bankrott hinwegzutäuschen. 

Wo das geschieht, zerbricht nicht bloß der politisch Konsens der Herrschenden, sondern die Gesellschaft überhaupt droht in verfeindete Lager zu zerfallen. 

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M. Brüggemann / 02.12.2020

@Sepp Kneipp treffend formuliert-so ist es

P. Wedder / 02.12.2020

Was Sparmaßnahmen und vernünftiges Wirtschaften angeht, könnten die Bundestagsabgeordneten mal mit sich selbst anfangen. Das fängt an, dass sie, wie von ihrem eigenen wissenschaftlichen Dienst empfohlen, die Zahl der Bundestagsabgeordneten verkleinern. Des weiteren könnten Sie mit gutem Beispiel vorangehen und ebenfalls nur 60 % ihres Gehaltes für die Dauer der Corona-Krise beanspruchen…Ach, da fallen mir noch etliche Sparmaßnahmen ein.

Michael Schweitzer / 02.12.2020

Erst das Licht,dann geht das Geld aus,fraglich ist was zuerst kommt. Leider können sich das diese ökosozialistischen noobs nicht vorstellen,weil da fehlt a priori.

Werner Arning / 02.12.2020

Die große Raushaue dient womöglich der großen Transformation. Die Streitereien sind nur Vorgeplänkel. Bald wird eine alternativlose Lösung des Problems präsentiert werden. Habe ich so ein Gefühl. Irgendwie.

Holger Sulz / 02.12.2020

In den letzten 150 Jahren hat das Schicksal für Schland immer die schlimmstmögliche Wendung genommen und diesmal wird es genauso sein. Es ist sogar zu erflehen, der Bankrott komme schnell als Ende mit Schrecken, denn mit den heutigen Politkreaturen würde es ein Schrecken ohne Ende. Da diesmal nicht mit einer Invasion der Alliierten zu rechnen ist, ist ein satter Bankrott mit Zusammenbruch aller Strukturen die einzige Option, den Furor der Heimsuchung aus der Uckermark und ihrer Enddarmbewohner wieder los zu werden. Was wäre eigentlich so schlimm, zerfiele die sog. BRD? Berlinabad und das Homeland NRW als Kalifate ohne üppigen Finanzausgleich, Pfeffersack-HH zahlt an die Kuhhirten in Niedersachsen-SH sattes Wegegeld für jedes Schiff auf der Elbe, das Annekrätze-Saarland wird zwangsweise wieder ausgegliedert, Bayern ein Königreich unter Maggus dem I., Ba-Wü wird Nordkanton der Schweiz, Sachsen ein Protektorat Tschechiens und den Rest soll sich nehmen, wer will. Die Polen haben allerdings schon durchblicken lassen, daß sie an den Katastrophen MäcPomm, Brandenburg und Sachsen-Anhalt nicht das geringste Interesse hätten. Zukunft könnte so schön sein!

K. Schmidt / 02.12.2020

Nächstes Jahr werden sie sich um die Jobs beim Paketdienst streiten und um die Ausbildungsplätze bei Metzgern und Klempnern. Ein Job, der weniger begehrt sein wird, wird das Kanzleramt sein. Viele glauben ja, dass die Merkel nur darauf wartet, dass man sie nochmal bittet. Ich erwarte dagegen ihren baldigen Rückzug von allen Ämtern und Mandaten. Keine Lust auf das was kommt.

Magdalena Schubert / 02.12.2020

@Thomas Brox: Alles richtig, was Sie schreiben, aber der Berg von Rentnern und Pensionären könnte ja durch die angedrohte Impfung womöglich verkleinert werden - denn es geht der Regierung sicherlich nicht darum, den Ruheständlern das Leben zu verlängern ...

Wolfgang Nirada / 02.12.2020

@Judith Panther: ich habe mir heute 2 Ihrer Bücher bestellt - wenn die nur halb so gut sind wie Ihre Kommentare dann habe ich mir selber ein fabelhaftes Weihnachtsgeschenk gemacht… Zum Thema selbst: Jeder der noch wenigstens ein bisschen Verstand zwischen den Ohren hat und nicht völlig linksgrün verblödet ist kann sich ausrechnen daß dieser Corona-Wahnsinn so nicht zu finanzieren ist… Schon vorher war nie genug Geld da - nicht für mehr Lehrer Kranken- und Altenpfleger Polizisten Rentner Schulen Straßen etc etc etc Dieser Versagerstaat ist nicht nur moralisch Bankrott… Das nimmt kein gutes Ende VERSPROCHEN!

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