Es ist nicht die Macht der Überzeugung, wie Anders Behring Breivik behauptet, es ist die zerstörerische Macht des Hasses. Der Hass kommt aus einer übersteigerten Überzeugung, aber welche das ist, ist im Grunde wurscht. Jede Art von Überzeugung kann, wenn sie aus dem Ruder läuft, zum Hass führen, zum Hass auf die anders Überzeugten oder zum Hass auf weniger Überzeugte. Und wenn der Hass aus dem Ruder läuft, folgen die Bluttaten. Dann werden Ferienorte zu Bombentrichtern und Inseln der Freude zu Toteninseln, um eine Schlagzeile der FAZ zu zitieren.
Es ist kein Wunder, dass die blutigen Hinterlassenschaften gewalttätiger Rassisten und islamistischer Fundamentalisten zum Verwechseln ähnlich sind. Ihre Motive sind zum Verwechseln ähnlich. Es ist Hass aus pervertierter Überzeugung; aus Fanatismus jedweder Färbung. Der norwegische Massenmörder, der sich auch auf sein Christentum berief, ist das pseudo-christliche Gegenstück zu den Killern, die ein pervertierter Islam hervorbringt.
Solche Taten setzen sicher eine kranke oder eine krank gemachte Persönlichkeit voraus. Wie sonst könnte sich selbst der Hass so gnadenlos entladen? Aber der Hass ist der Kern, die Überzeugung ist austauschbar.
Man wird solche Gewaltausbrüche nie verhindern können. Aber man muss es ihnen schwer machen. Man muss ihre Vorstufen sehen und versuchen vorzubauen. Also den Anfängen wehren ohne Unterschied.
Unterscheiden muss man etwas anderes: nämlich zwischen Überzeugung und Fanatismus, zwischen gelassenem, zivilisiertem Glauben und Hysterie, zwischen Meinungsfreude und Meinungswut. Das sind gar keine feinen sondern sehr simple Unterschiede. Aber sie werden gerne vergessen, wenn es dem Meinungskampf dient.
So geht jetzt der eine oder andere her und sagt: Die so genannten Islamkritiker haben dem rechtsradikalen Irren von Oslo und Utöya den Boden bereitet. Das sind Behauptungen aus einer schwarzweißen Welt, die nicht unterscheidet zwischen moslemischen Hasspredigern und dem Islam insgesamt, also auch die Kritik an den Hasspredigern mit Islamkritik verwechselt. In einer solchen Welt würde man auch nicht zwischen Kritik an christlichen Fundamentalisten wie dem Norweger und Kritik an Main-Stream-Christen unterscheiden.
Dabei sind dies die entscheidenden Unterschiede. Es sind die Unterschiede zwischen Normalität und Perversion. Darum ist, wer hassgetriebene Islamisten schönredet, kein Freund des Islam, auch wenn er dies glaubt. Ebenso wenig wie ein Apologet hassender Fundamentalchristen kein Freund des Christentums wäre.
Nein, Kritik an menschenfeindlichen Auswüchsen jeder Glaubensrichtung ist nicht nur erlaubt, sie ist notwendig. Der Hass ist keiner Überzeugungsgruppe allein vorbehalten. Man muss ihm begegnen, in welchem Gewand er auch auftritt. Und die Vernünftigen, Gelassenen, Zivilisierten aller Religionen und Nichtreligionen sollten sich dabei zusammentun. Sie haben einen gemeinsamen Gegner.