Exportschlager: Nordkorea-Propaganda-Statuen für Afrika

Nordkorea ist inzwischen Weltmarktführer von gigantischen Bronze-, Stahl- und Gusseisenstatuen. Manchmal scheinen beim Abbild eines afrikanischen Staatsführers allerdings Gesichtszüge von Kim Il-sung durch.

Machteliten in Afrika lassen sich gerne durch monumentale Denkmäler feiern. Erstellt werden sie seit 1981 von Mansuade Overseas Projects (MOP), einem 1959 durch Kim Il-sung gegründeten Staatsunternehmen. Es hat ein Monopol auf alle künstlerischen Darstellungen der nordkoreanischen Staatsführer und ist inzwischen Weltmarktführer von gigantischen Bronze-, Stahl- und Gusseisenstatuen. Dutzende von Statuen, Monumenten und Großbauten hat Mansudae seither in Afrika errichtet.

Die Auftragsarbeiten mit Darstellungen der heroischen Erinnerung an Befreiungskämpfe in Afrika sicherte dem isolierten Nordkorea dringend benötigte Devisen. Einige Länder bekamen die Bauten, Denkmäler von Kim Il-sung gegen politische Unterstützung in internationalen Foren oder die Möglichkeit, eine Botschaft oder Mission einzurichten, „geschenkt“.

Jedoch gab es anfangs Kritik, dass die Gesichtszüge der dargestellten afrikanischen Helden zu koreanisch aussahen. Einige sehen immer noch seltsam nordkoreanisch aus: Der ermordete frühere Präsident vom Kongo Laurent Kabila scheint auf dem Denkmal in Kinshasa (2001) einen Anzug von Kims Schneider zu tragen.

Die Beziehungen vieler afrikanischer Staaten zu dem asiatischen Land hat historische Gründe, als Nordkorea afrikanische Befreiungsbewegungen ab 1960 gegen die Kolonialherren mit militärischem Training und preiswerten Waffen unterstützte. Es gab enge Kontakte zu den Bewegungen, die bis heute Bestand haben. Nach einer UN-Studie haben elf Staaten bis heute militärische Verbindungen mit Nordkorea: Angola, Benin, Botswana, Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Mali, Mosambik, Namibia, Simbabwe, Tansania und Uganda.

Höher als die Freiheitsstatue in New York

Sam Nujoma, Namibias erster Präsident, hat in seiner Autobiografie die gute Ausbildung der namibischen Guerillakämpfer durch nordkoreanische Militärberater gelobt. Kein Land in Afrika hat denn auch mehr Mansudae-Projekte in Auftrag gegeben als Namibia. Neun Denkmäler vom Heldenacker bis zu Sam-Nujoma-Statuen.

Der südkoreanische Fotokünstler und Filmemacher Che Onejoon reiste seit 2013 viermal in neun afrikanische Staaten, um die von den nordkoreanischen Unternehmen errichtete Statuen, Denkmäler und Bauwerke zu fotografieren. Seine Werke wurden weltweit ausgestellt, u.a. in Tokio, Paris und auf der Architekturbiennale Venedig. Im Januar 2022 hat der Verlag Kehrer eine Dokumentation unter dem Titel „International Friendship – The Gifts from Africa“ veröffentlicht.

Das erste im bombastischen Ausmaß errichtete Monument, das sein Interesse geweckt hatte, ist das höchste in Afrika. Der ehemalige senegalesische Präsident Wade ließ 2010 durch die Monumenten-Schmiede MOP im Stil des sozialistischen Realismus ein „Denkmal der afrikanischen Wiedergeburt“ errichten. Der international bekannte senegalesische Bildhauer Ousmane Sow hatte Präsident Wade einen Entwurf angeboten, den dieser ablehnte.

Das Bauwerk wurde drei Meter größer als die Freiheitsstatue in New York (überragt auch die Christusstatue in Rio de Janeiro) und kostete 27 Millionen Dollar. Das Denkmal, eine Frau, ein Mann mit Kind auf dem Arm, ist innen hohl. Man kann mit einem Lift in den Kopf des Mannes fahren und durch seine Augen auf die Stadt blicken. Der britische Guardian schrieb von Afrikas verschwenderischem Ausdruck eines Präsidentenegos auf Kosten der Armen.

Die senegalesische Wochenzeitung „Gazette“ brachte ans Licht, dass der ehemalige Präsident Wade das gesetzliche Urheberrecht an dem Monument beansprucht und 35 Prozent der Einnahmen zurückbehalten darf, mit dem Rest sollen die Betriebskosten bestritten werden.

Afrikanische Künstler witzeln über den Geniekult der Statuen

Weitere Beispiele:

Auch der ehemalige Alleinherrscher im Tschad, General Idriss Deby, hatte zum 50-jährigen Staatsjubiläum einen nordkoreanischen Bautrupp einfliegen und sich ein Monument errichten lassen. In einem Land mit 80 Prozent Analphabeten und einer Lebenserwartung von 47 Jahren eine bemerkenswerte Geldverschwendung.

Eine goldene Statue des ehemaligen Präsidenten Omar Bongo (1936–2009) überragt den Palace de l'Independence in Franceville, Gabun in Zentralafrika. Omar Bongo wurde in Franceville geboren und ist dort begraben, und hier steht auch ein großer Präsidentenpalast. (Von 1967 bis 2009 beherrschte er Gabun. Dank Öl-, Mangan- und Holzexporten kam er zu sagenhaftem Reichtum. Er starb am 7. Juni 2009 in Barcelona. Er hinterließ ein Vermögen, das auf mehrere Milliarden Euro geschätzt wird. 

In Angola steht in der Hauptstadt Luanda in einem Mausoleum ein meterhohes Bronze-Abbild des Staatsgründers Agostinho Neto.

Den Heroes Acre, den Heldenfriedhof in Harare, Simbabwe, zieren drei bronzene Guerilla-Kämpfer und zwei große Relief-Wände. Die Gedenkstätte für den Unabhängigkeitskampf ist gleichzeitig Begräbnisstätte für auserwählte Nationalhelden. Der Heroes Acre ist das erste von Mansudae auf dem afrikanischen Kontinent errichtete Denkmal (1981). Neben nordkoreanischen Künstlern wirkten hier angeblich auch zehn simbabwische Künstler mit.

Die Heldendenkmäler von Äthiopien bis Namibia erscheinen nahezu austauschbar, jedenfalls haben sie mehr Ähnlichkeit mit Nordkoreas Herrscherstatuen als mit den Kunsttraditionen der Länder, in denen sie stehen. Als Machtsymbole sollen sie für Ehrerbietung und stellvertretend für die junge Geschichte der Nationen stehen. Afrikanische Künstler witzeln über den Geniekult der Statuen und Denkmäler als politischen Kitsch.

In Benin wurde der weltweit erfolgreiche Romuald Hazoumè als Künstler angefragt, hat sich aber geweigert mitzutun. Direkt am Flughafen von Cotonou werden seit dem Nationalfeiertag am 1. August 2022 die Reisenden begrüßt von einem zehn Meter hohen Reiterstandbild aus Stahl und Gusseisen des Nationalhelden Bio Guéra, der im 19. Jahrhundert gegen die französische Kolonialarmee gekämpft hat.

Kulissen für Selfies

In unmittelbarer Nähe des Hafens und des Präsidentenpalastes in Cotonou steht eine Amazone aus einer Metallstruktur mit einer 30 Meter hohen Bronzehülle zur Erinnerung an das einzige weibliche Militärregiment. Die Amazone hat eine Machete und ein Gewehr, was an ihr angebliches Motto „Sieg oder Tod“ erinnert. Die Amazonen-Armee Dahomeys war wegen ihrer außerordentlichen Tapferkeit und Grausamkeit gefürchtet. Sie bildete die Eliteeinheit und stellte außerdem die persönliche Garde des Königs.

Man kann die Bauwerke als Beleidigung des guten Geschmacks sehen, die keine eigene Originalität reproduzieren. Was wir aber als Kitsch empfinden, bringt die Gemüter in Afrika kaum in Wallung. Es gibt keine öffentliche Auseinandersetzung mit den Denkmälern. Im Gegenteil: Sie werden in Kulissen für Selfies verwandelt. Sie sind leicht zu verstehen und kommen in Ländern mit hoher Analphabeten-Quote gut an.

Anliegen des Buches ist es, die im idealisierenden Realismus errichteten Monumente möglichst umfassend und systematisch zu dokumentieren. Das geschieht auf der Grundlage zahlreicher wenig bekannter Abbildungen. Der Autor hat in dem Buch auch aus Afrika mitgebrachte Erinnerungsstücke reproduziert: einige bedeutende kulturelle Andenken, andere kitschige Kuriositäten.

Die Stärke von Che Onejoons Darstellung liegt in der Fülle von überraschendem, zum Teil skurrilen Material, das er aufbietet, geschickt anordnet und so einen tiefen Einblick in nordkoreanische-afrikanische Beziehungen bietet. Alle verfügbaren Quellen hat er gründlich studiert. Ein höchst beeindruckendes und lesenswertes Buch, das den ideologischen Charakter der nordkoreanischen Kunstproduktion zeigt. 

International Friendship – The Gifts from Africa

Diese Buchbesprechung ist erstmals in der Weltwoche, Zürich, erschienen.

 

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er ist Autor des BestsellersAfrika wird armregiert“.(dtv) . Inzwischen liegt das Buch aktualisiert und erweitert in elfter Auflage vor.

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Wolfgang Richter / 25.08.2024

@ J. Schüling - “der Frau vom Völkerrecht Baerbock und dem Kinderbuchphilosophen Robert Habeck aufgestellt werden.”—Jeweils an den Händen gehalten von der als übermächtig dargestellten Förderin und Wegbereiterin des heutigen Zustands des “besten Deutschland” - “Mama Murxel”. Nordkoreanische “Künstler” werden ihren Heidenspaß daran haben,

Thomin Weller / 25.08.2024

Ist es nicht Deutschland die das Gaddafi von Bilfinger Berger erstellte monumentales Grabmal in Gebäudeform namens Mausoleum erstellte. Der philipinische Präsident/Diktator zerfiel organisch weil die Stromrechnung für seine Kältetechnik nicht mehr bezahlt werden konnte. In Frankreich die Fenstersteuer in Holland die Gardinensteuer. Überall gibt es von Despoten Monumente, Statuen, Propaganda. Ganz übel, Opus Dei in Spanien die den Franco heiligen und als Wallfahrstort huldigen. Herr Seitz, den Blick und Horizont öffnen. Gerade in ihrem Alter sollten sie besser informiert sein. Und glauben Sie mir, ich habe mit Menschen unterhalb von Genschmann sehr gut zusammen gearbeitet.

Dirk Jungnickel / 25.08.2024

Jeder demokratisch verfaßte Staat hat meiner Meinung nach jegliche Beziehungen zu Terror - Staaten wie Nordkorea zu meiden bzw. abzubrechen. Sind wir denn auf diese Staaten angewiesen.  NEIN !!! Oder wabert bei manchen da noch die “DDR” - verordnete Völkerfreundschaft durchs unterentwickelte Bewußtsein ??????

Wolfgang Kolb / 25.08.2024

Lieber Herr Seitz, Vielen Dank für diesen Artikel! Das erinnert stark an den Gigantismus und den Personenkult der früheren Sowjetunion. Es ist schon erstaunlich, wie Ressourcen, Geld und Ingenieurleistungen in etwas investiert werden, was keine positive Auswirkungen auf die Bevölkerung hat.Leider findet man diesen Gigantismus auch bei Sakralbauten in Afrika, deren Unterhalt oft mehr Probleme verursachen als Volkswirtschaften sich leisten können.  

Wolfgang Kolb / 25.08.2024

Lieber Herr Seitz, Das erinnert stark an den Personenkult und Gigantismus sowietischer Zeiten. Auch hier wurden Rohstoffe, Resourcen und Arbeitskraft in etwas gebuendelt, was dem Volk keinerlei Nutzen brachte.

Ralf.Michael / 25.08.2024

Früher nannteund kannte man so Etwas als ” Entartete Kunst ” ..... Produkte koreanischer Minderwerigkeits-Komplexe, kann in die Tonne !

Lutz Liebezeit / 25.08.2024

Verglichen mit den Slums von Bangkok geht’s uns noch gut. Das stimmt.  Ich weiß nicht, was an Statuen so schlecht ist? Have Fun in Pjöngjang - das ist ein Geheimtipp. Da treffen sich die Insider. Man nennt das auch das Monaco des chinesischen Meeres. Das sollte man sich ansehen, aber erst, nachdem mein Asylantrag in Nordkorea positiv worden entschieden ist. Wir brauchen keine Feind, uns ramponiert die SPD.

Rainer Möller / 25.08.2024

Eine Art Parallele war die Martin-Luther-King-Statue im King Memorial, geschaffen von Lei Yixin, der vorher u.a. eine Mao-Statue geschaffen hatte. Auch da wurde oft gesagt, dass King etwas “chinesisch” geraten sei (was nach meinem Eindruck auch so war, aber ich bin kein Experte). Insofern wäre das kein speziell norkoreanisches Problem.

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