Neulich bin ich über eine Nachricht gestolpert, die das Verhältnis von Ehepartnern untereinander entweder dramatisch verbessern, oder aber eine Zunahme von handfesten Ehekrisen zu verantworten hat: Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die Nörgelei von Ehefrauen gut auf die Gesundheit ihrer Gatten auswirkt. Mir persönlich kommt das sehr entgegen.
Wissenschaftler der Michigan State University haben herausgefunden, dass Männer mit nörgelnden Gattinnen tendenziell weniger Diabetes entwickeln und allgemein gesünder sind. Der Zusammenhang: Frauen, die an ihren Männern herummeckern, regulieren auch besser deren gesundheitliche Aspekte – sie passen mehr auf sie auf. Die Studie wurde während fünf Jahren mit über 1000 verheirateten Paaren durchgeführt.
'Nörgeln' ist ja ziemlich negativ behaftet. Nörgeleien setzen oftmals den Gebrauch von "nie" und "immer" in einem Satz voraus: "Du gehst nie mit dem Hund raus, immer bleibt alles an mir hängen." Grundsätzlich ist es eine feminine Eigenschaft, Frauen pflegen das Nörgeln an ihren Männern schon über Jahrtausende – und beginnen damit, ehe sie mit demselben überhaupt eine feste Beziehung eingehen.
Nörgeln sachlich zu halten bringt ja nichts
Nörgelei ist ein Einwurf, ein zugegeben emotional-kritischer – Nörgeln sachlich zu halten bringt ja nichts – aber ein Einwurf. Zur Motivationsbegünstigung, denn Männer und Frauen haben nun mal unterschiedliche Auffassungen von Dringlichkeit, von Relevanz im Generellen. So haben Männer etwa kein Problem mit unübersehbaren Staubschichten in der Wohnung, ihren Wagen aber fahren sie wegen eines Fliegendrecks durch die Waschstrasse. Sie finden es wichtig, eine neue Bohrmaschine zu kaufen, obwohl sie seit zehn Jahren kein Loch mehr gebohrt haben. Zu löchrigen Socken pflegen sie eine unerklärlich herzliche Verbindung, verteidigen die zerschundenen alten Dinger so leidenschaftlich wie der Hund seinen Knochen. Und weil sie die Aufmerksamkeitsspanne von Ameisen besitzen, sind sie bei rudimentärsten Aufgaben überfordert; beauftragt man sie mit dem Einkauf von Zitronenjoghurt, kommen sie mit Pfirsichquark zurück. Solange sie keine Zitronenpresse anschleppen, hält es sich zwar noch im Rahmen. Und doch kann es die taktisch durchplante Abwicklung in einem Haushalt empfindlich stören.
Nörgelei ist wie ein Motor, mit dem wir die Männer anschieben. Mit unseren Einwürfen kompensieren wir ja auch ein Stück weit die Einfachheit ihrer Gedanken. Dass uns jetzt eine akademische Studie von Optimiererinnen, die wir sind, in den Stand von Lebensretterinnen erhebt, beweist: Wir sind auf dem rechten Weg.
Das Problem mit Einwürfen ist, dass sie auch bei den harmonischeren unter den männlichen Wesen eine launenhafte Grundstimmung heraufbeschwören, eine Reizbarkeit zu Tage bringen, die der Lösung oben genannter Streitfragen wenig entgegenkommt. Deshalb, liebe Männer, bitte ein bisschen Entspannung, ein bisschen mehr Wir-Gefühl. Einwurf heisst nicht gleich Vorwurf! Natürlich nicht. Wer hinter allem stets Tadel vermutet oder denkt, man wolle ihn heruntermachen, ihm bei jeder Gelegenheit demonstrieren, was für ein Reinfall er ist, dieser Mann hat noch nicht gesehen, was wir mit Typen anstellen, die wir wirklich für eine Enttäuschung halten.
Wenn Euch Eure bessere Hälfte das nächste Mal mit einem Einwurf assistiert, wehrt Euch nicht, dankt es Ihr – schliesslich dient es Eurer aller Gesundheit! Ganz umsonst ist ein langes Leben eben nicht zu haben.
Tamara Wernli arbeitet als freischaffende News-Moderatorin und Kolumnistin bei der Basler Zeitung. Dort erschien dieser Beitrag auch zuerst. In ihrer Rubrik „Tamaras Welt“ schreibt sie wöchentlich über Gender- und Gesellschaftsthemen.