Nobelpreise: Wo bleibt die Geschlechtergerechtigkeit?

Die Nobelpreise 2019 sind vergeben. Unter den Schöngeistern haben ein Österreicher und eine Polin die Nase vorn, wobei Olga Tokarczuk die Auszeichnung nachträglich für das Jahr 2018 zugesprochen bekam. Aktuell geehrt wurden für ihre wegweisenden Forschungen in Medizin, Chemie und Physik ein Japaner, zwei Briten und zwei Schweizer. Abgeräumt haben die Amerikaner mit vier von elf Preisen. 

Leer ausgegangen sind abermals die Deutschen, was umso mehr verwundert, da es doch gerade unsere heimischem Eliten sind, die politischen, die religiösen sowie die journalistischen, die den USA, Großbritannien und der Schweiz unentwegt erklären müssen, was sie auf dem Weg in die Zukunft falsch machen. Und als ob das nicht schon genug der Zurücksetzung für die Besser-Deutschen wäre, geht nun auch der nicht „echte“, weil erst seit 1969 verliehene Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften an eine Frau und zwei Männer, die an amerikanischen Universitäten lehren. 

Dass da etwas faul sein muss bei der Königlich Schwedischen Akademie in Stockholm, stand für SpiegelOnline, SPON, schon vor Tagen fest. Wieder wären „ältere weiße Männer“ bevorzugt worden, und wieder hätten die Frauen das Nachsehen gehabt. Besonders anstößig für SPON außerdem, dass einer der Empfänger des Chemie-Nobelpreis bereits „betagte 97 Jahre alt“ ist. Die nobelste Auszeichnung der Wissenschaft für einen Tattergreis. Da hört sich doch alles auf! Längst sei, lesen wir weiter, der Nobelpreis „zum Symbol einer scheinbar unauflösbaren Chancenungleichheit der Geschlechter in den Wissenschaften avanciert“.

Sie haben es wieder getan!

Wie „Täter“ werden diejenigen vorgeführt, die beauftragt sind, die Preisträger auszuwählen. wenn es gleich im ersten Satz des SPON-Artikels heißt: „Die Nobelkomitees in Stockholm haben es wieder getan.“ Mit anderen Worten, es ist höchste Zeit, ihnen das Handwerk zu legen, damit es zukünftig gerechter zugeht, der Frauenanteil auf mindestens fünfzig Prozent steigt und endlich auch jene bedacht werden, die vielleicht weniger vorzuweisen haben, aber deshalb nicht weniger guten Willens sind, noch dazu sie oft genug Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen. Persönlichkeit geht vor Exzellenz. Was sollte sie uns auch noch bedeuten, da wir ohnehin den Weg zurück in die Vorzeit eingeschlagen haben und gerade dabei sind, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen. 

Nun kann man, geht es um die Vergabe manches Literatur- oder Friedensnobelpreises, ja durchaus geteilter Meinung sein. Rechtfertigt die Sprachkraft Peter Handkes die Auszeichnungen eines Apologeten serbischer Kriegsverbrecher? Was hat der Terrorist Yassir Arafat für den Frieden im Nahen Osten getan, dass man ihn mit dem Nobelpreis ehrte? Begründen lassen sich solche Entscheidungen immer nur mit der einen oder anderen Überzeugung, nie faktisch. 

Ganz anders dagegen im Bereich der Naturwissenschaften, in der Physik, der Chemie, der Medizin. Da wurden bisher noch immer Männer und Frauen für Entdeckungen und Erfindungen ausgezeichnet, von denen die Menschheit profitierte. Mit dem guten Willen allein war es nie getan. Vielmehr wurden Leistungen ausgezeichnet, die sich besonderer Fähigkeiten und Anstrengungen verdankten – individuell erbracht, ungeachtet jeglicher Gleichberechtigung der Geschlechter. 

Frauenquote bei den Nobelpreisen? Tolle Idee!

Die Forderung nach einer Frauenquote bei der Vergabe der Nobelpreise ist nicht mehr und nicht weniger als der infantiler Irrglaube einer intellektuell verarmten Konsumgesellschaft, bar jeglichen Respekts vor dem Geist. Doch auf ihn, auf den Geist allein, kommt es nun mal an. Der Wettbewerb um die Nobelpreise ist allemal ein offener. Frauen wie Männer können das Rennen machen, heute mehr denn je. 

Sicher gibt es einen aus der Geschichte herrührenden Überhang des männlichen Parts. Wer aber glaubt, er ließ sich abbauen, indem die Nobelpreise fifty-fifty verteilt werden, müsste sich erstens vorwerfen lassen, den Frauen weniger als den Männern zuzutrauen. Sie hätten Grund, sich politisch missbraucht zu fühlen, aufgeboten wegen ihres Geschlechtes, nicht wegen einer einmaligen Leistung. Und zweitens schließlich würde die Auszeichnungen selbst ad absurdum geführt. Wir könnten nicht länger davon ausgehen, dass die Nobelpreise, wie es ihr Stifter wünschte, an die „Würdigsten ihres Faches“ gehen, an geniale Forscherinnen und Forscher. Davor bewahre uns die gütige Vorsehung der alten weißen Männer. 

Foto: Gösta Florman/The Royal Library Sweden.se via Wikimedia Commons

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Thomas Klingelhöfer / 15.10.2019

Unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Intelligenz-Forschung gibt es eine durchaus rationale Erklärung für die Mehrzahl männlicher Preisträger. Es ist bekannt, daß der mittlere IQ bei Frauen und Männern gleich ist, aber die Streuung ist bei Männern größer, d.h. es gibt mehr intellektuell sehr herausgeforderte männliche Exemplare, aber auch mehr hochbegabte als unter den Damen. Mit dem Nobelpreis wird eher der rechte Teil der Gauss’schen Glockenkurve ausgezeichnet…

Wolfgang Richter / 15.10.2019

@ Claudia Maak—Dreisatz ist ja schon mal preiswürdig, zumindest zu nominieren. Eine Reihe von Millenials, die ich im Laufe meines Berufslebens kennenlernen durfte, irgend was studiert mit Bachelor, hatten kein Problem damit, ein zu lösendes Problem, verbunden mit einer simplen Dreisatzrechnung damit weg zu schieben, daß sie Dreisatz nicht können. Das ist die Zukunft Schlands. Und ich glaube nicht, daß die Generation der Freitagshüpfer diesen Leistungsstand übertrifft.

Margit Broetz / 15.10.2019

Geschlechtergerechtigkeit? Das ist doch haram. * Weshalb nicht eine Muslim-Quote? * Läßt man die Literatur- und Friedensnobelpreise weg (letztere ein ganz eigenes Thema, da er recht treffsicher die größten Schurken und Menschenschinder ehrt), gibt es gerade drei Nobelpreise im Bereich Naturwissenschaften, die an Moslems gingen. Hmmm, woran das wohl liegen mag? Das ist doch ungerecht! * Es gehört nämlich fast ein Viertel der Weltbevölkerung dem Islam an! Und noch zu Lebzeiten einiger heute Lebenden wird es die Hälfte sein! Und auch jüdische Wissenschaftler sind überrepräsentiert, obwohl sie nur 0,2 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Doch eine heimliche jüdische Weltverschwörung? Wer nix weiß muß alles glauben, wohl auch sowas. P.S. Daß die Deutschen leer ausgehen, wundert nicht. Vor 2000 war der Durchschnitts-IQ der Deutschen wie der der Holländer - einigen Webseiten zufolge - bei 107, seither befindet er sich im freien Fall, z.Z. bei 100.

Wolfgang Richter / 15.10.2019

Wenn bei den Klimareligiösen Fakten keine Bedeutung haben, kann man doch erwarten, daß Preise, vor allem wenn sie mit der Übergabe von ca. 800 000 Euronen verbunden sind, nach Quote und nicht nach Leistung vergeben werden. Ich würde auch vorschlagen, die Anzahl der zu vergebenden Preise um ein Vielfaches zu erhöhen, damit jede nur mögliche Quote auf Gender-, Ethnien- und Religionsbasis ausreichend berücksichtigt wird. Alle andere wäre diskriminierend. Immerhin hat man dieses Jahr im Namen des Herrn Nobel auf die Altersdiskriminierung verzichtet.

Michael Hoffmann / 15.10.2019

Bei den Wirtschaftswissenschaften war diesmal eine Frau dabei. Verliehen für “Armutsforschung”. Wenn man die Meldungen dazu liest, kommt man nicht umhin, anzunehmen, daß sich mit der Erforschung der Armut heute eine ganze Menge Geld verdienen läßt. Nobel hatte recht, daß er von Wirtschaftswissenschaften nicht viel hielt. Der Preis wurde ja auch nicht von ihm gestiftet, sondern später ins Leben gerufen.

Viola Heyer / 15.10.2019

Ich plädiere dafür, dass alle, die eine Frauequote fordern von Chirurginnen operiert werden, die ihren Job der Quote verdanken. Alle anderen sollen dann von Ärzten operiert werden, die ihren Job durch Kompetenz, Talent und Fleiß erworben haben.

Gabriele Klein / 15.10.2019

Leider kann ich Ihnen da nicht recht geben. Meine Kritik des Nobelpreises fällt sogar noch härter aus als die von SPON. Finde, wir bräuchten sehr viel strengere Regeln für Stiftungen und Spenden weltweit, damit hier nicht diskriminiert wird. Grundsätzlich sollte man nur an den deutschen Staat spenden oder stiften dürfen, der das Ganze dann normen gerecht global verteilt.  Wie wäre es mit den ÖR als Empfänger? Denn, jeder hat die “Möglichkeit” diese weltweit zu empfangen, sei es auf Hawaii oder dem Zuckerhut (Den amerikanischen Satelliten sei Dank!) .  Ein deutsches Normen Team könnte sodann die gerechte Verteilung regeln . .  Die Frauenquote die kritischem deutschen Geist auf den 1. Blick kommt scheidet allerdings auf den 60sten Blick aus.  Denn auf WikiMANNia las ich folgendes: “Bei der Erstellung eines Profils im sozialen Netzwerk[wp] Facebook muss bei den persönlichen Daten auch das Geschlecht angegeben werden. Bisher gab es hier konsequenterweise die Möglichkeit, “männlich” oder “weiblich” anzugeben. Nun geht Facebook einen Schritt weiter und bietet gleich 60 verschiedene Geschlechts­optionen an.[22] Die Liste von 60 Optionen hat Facebook in Zusammenarbeit mit dem Lesben- und Schwulen­verband (LSVD) erarbeitet.” Also ehe sich die Frage der Quote stellt stellt, sollte sich die des geschlechtlichen “Profils” stellen, ganz egal ob man sich nun um die Aufnahme bei Facebook bewirbt oder den Erhalt des Friedensnobelpreises.

Rolf Lindner / 15.10.2019

Ich kenne Frauen, denen geht das Gelaber um die Quoten maximal auf den Wecker. Die wollen mit oder ohne Quoten einfach nicht IT-Spezialist oder Maschinenbauingenieur werden. Die wollen ihre Leistung eher auf einer Krankenstation oder als Tierärztin einbringen. Frauen Quoten in Männerdomänen aufzuoktroyieren, ist, die Abwertung der Leistungen, die in frauentypischen Berufen erbracht werden. Wo bleiben die Männerquoten für Pflege- und Heilberufe?

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