Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / Foto: Bernd Schwabe / 80 / Seite ausdrucken

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen.

Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende von Menschen bundesweit „gegen Rechtsextremismus und für ein demokratisches Miteinander“ demonstriert. Zu einer Kundgebung im niedersächsischen Wolfsburg seien nach Angaben der Polizei etwa siebentausend Menschen gekommen. „Der in Wolfsburg ansässige VW-Konzern schloss sich der Protestaktion an“, sagt Susanne Daubner in der Anmoderation des Berichts.

„Sie stehen gemeinsam ein für Demokratie und Zusammenhalt, das ist ihr Motto heute Mittag in Wolfsburg“, übernimmt eine Stimme aus dem Off zu Bildern demonstrierender Menschen. „Gewerkschaften, Kirchen, Sportvereine und Firmen haben zu der Demo aufgerufen, sie wollen ein Zeichen setzen, auch der Volkswagenkonzern hat sich angeschlossen.“ (Hier ab 6:48)

Es ist erst ein paar Wochen her, da hat Volkswagen „seine Belegschaft auf Einschnitte beim Personal vorbereitet“. Konzernchef Blume erklärte, „an dem Stellenabbau“ führe „kein Weg vorbei“.

Jetzt, in Wolfsburg, stellt sich der Chef des Dax-Unternehmens auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. „Wir schauen nicht weg und beziehen eine klare Haltung, den Wohlstand und die Freiheit miteinander zu leben, den haben wir uns über viele Jahrzehnte erarbeitet, und dafür spielen Werte eine ganz besondere Rolle, für die wir bei Volkswagen stehen.“ Sagt der Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns, Oliver Blume, dessen „Gesamtvergütung“ im Jahre 2022 satte 7,4 Millionen Euro betrug.

Die Demoteilnehmenden und die Mitarbeitenden

Nach ihm spricht die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo, wie Blume betont auch sie die „ganz besondere Rolle, für die wir bei Volkswagen stehen“. Allein im VW-Stammwerk Wolfsburg würden „Menschen aus rund 100 verschiedenen Nationen arbeiten“, sagt die Betriebsratsvorsitzende und geht die AfD frontal an. „Wenn wir uns abschotten würden, was die AfD ja zunehmend auch möchte, dann hat das am Ende ja auch Auswirkungen auf unsere Arbeitsplätze, und das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.“

Die Stimme aus dem Off gibt die Botschaft weiter: „Dass VW hier dabei ist, kommt bei den Demoteilnehmenden und Mitarbeitenden gut an.“ Eine Frau aus der Abteilung der Demoteilnehmenden und Mitarbeitenden bestätigt: „Wir sind auch in der ganzen Welt vertreten, und deswegen müssen wir ja auch als Volkswagen Gesicht zeigen.“

Die Stimme aus dem Off hat das letzte Wort: „Für Vielfalt und Toleranz, das ist die Botschaft heute in Wolfsburg.“

Echt jetzt? Der Informationswert der Geschichte liegt im Nano-Bereich, die Demoteilnehmenden und Mitarbeitenden demonstrieren für Vielfalt und Toleranz, das ist alles. And where is the beef? 

VW, ohne das in Wolfsburg kein Abfalleimer geleert wird, setzt Zeichen und zeigt Gesicht. Derweil andernorts „Einschnitte beim Personal vorbereitet“ werden. Natürlich sozialverträglich und unter Berücksichtigung aller Regeln von Vielfalt und Toleranz.

Foto: Bernd Schwabe CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Jörg Themlitz / 22.02.2024

@Andreas Berlin: Ich schließe an: “Das ist schön bei uns Deutschen. Keiner ist so verrückt, daß er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht.” Heinrich Heine; Wohlgemerkt “versteht” !

Heiko Engel / 22.02.2024

VW ist seit Jahrzehnten ein Unternehmen, dass sich jeder Orientierung am freien Markt verweigert. Niedersachsen - Gesetz, Gehaltsstruktur, Vergangenheit, Schlafmützentum, Designdesaster, Skandale, Arroganz, Inhaltslosigkeit, Dummheit, Qualität der Produkte etc. pp.. VW muss vom Markt verschwinden. Planwirtschaft ist keine Option. Abwicklung wäre der korrekte Terminus. Wehret den Anfängen. Wer hat den Laden gegründet ? Nach über vierzig Jahren VW bin ich nun final auch mit diesem Unternehmen fertig. Alleine davon zehn Jahre qualitative Dauerenttäuschung. Ich gehörte noch zu den letzten Volltrotteln, die ihre Fahrzeuge bezahlt haben; per Überweisung. Und Enttäuschung wirkt. Es liegt an uns. P. S. Es sollen bereits hoch dotierte Wetten darauf laufen, dass VW in zehn Jahren nicht mehr existieren wird. Schönen Tag !

Jörg Themlitz / 22.02.2024

Die SPD bestimmten VW Bosse haben es nötig, mit correctiv Lügen Stimmungen zu evozieren. Deren Bundespräsident sprach eigentlich von Haltung zeigen. Nachdem im sächsisch-anhaltinischen Landtag die Einheitsfrontparteien der AfD Opposition die correctiv Lügen um die Ohren gehauen hatten, stellte ein AfD Redner die Kampagne vom Kopf auf die Füße. Insbesondere die Lüge, die AfD wolle deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund ausweisen. Und zählte alle AfD Landtagsabgeordneten auf, die mit jemandem mit Migrationshintergrund zusammenleben. “Wer von der Lüge lebt, muss die Wahrheit fürchten.”

Klara Altmann / 22.02.2024

Die VW-Aktie ist seit Mitte 2021 im kontinuierlichen Sinkflug, der Wert der Aktie hat sich seitdem halbiert. Wenn der Trend so weitergeht, hat das Unternehmen ein ernsthaftes Problem, zumal es im woken Wahn sinnlos primär auf Elektroautos gesetzt hat. Eine Unternehmensführung, die in einer solchen Situation die Zeichen der Zeit nicht erkennt und nicht merkt, dass mit blindem Gehorsam gegenüber der Regierungsideologie nichts als Verluste eingefahren werden und man damit das gesamte Unternehmen riskiert, sie gehört ausgewechselt. Und das lieber heute als morgen. “Wir können alles außer Hochdeutsch”? Das war vorgestern, heute kann man nur noch “gegen rechts” demonstrieren, nur noch vergleichsweise wenige Autos verkaufen und Familienväter vor die Tür setzen. Warum lösen sie den Konzern nicht gleich auf, Konzerne sind per se böse nach Regierungsideologie und Autos auch? Sie könnten einfach in die Eselszucht investieren und Karren bauen.

Rolf Wächter / 22.02.2024

“Menschen aus rund 100 verschiedenen Nationen arbeiten bei VW”. Sind denn die VW-Chefs und Offs wirklich so dumm (=unwissend). Es geht allen normal denkenden Menschen und somit auch der AfD nicht um in Deutschland arbeitende Ausländer. Weg müssen schnellstens alle krimminellen “Migranten”. Ebenso alle faulen und/oder alle ohne Schulbildung oder sonstiger Bildung nach unseren Maßstäben. Also allgemein: alle die nicht arbeiten und nur als Schmarotzer gut von unserem Sozialsystem leben - Raus!

Peter Robinson / 22.02.2024

Ich fahre derzeit VW. Mein nächstes Auto kommt aus ausländischer Produktion. Ich will allen damit meine Weltoffenheit zeigen insbesondere, der VW-Händler, die VW-Werkstatt, die VW-Leasing und die VW-Versicherung.

Andreas Berlin / 22.02.2024

Bosse und Gewerkschaft brüderlich vereint als Haltungszeigende… wenn der eigene Laden abschmiert, ist das natürlich ein ertragreicheres Betätigungsfeld. Eine Alternative für Konzerne sozusagen.  Man kommt damit sogar in die Gute-Nachrichten-Sendung. Nach dem Lesen, was wegen des Verfassers ja stets Amüsement garantiert, kam, wie sollte es anders sein, auch die Nachdenklichkeit. Da stehen sie also in Wolfsburg, die Menschen, deren Entlassungspapiere gerade vorbereitet werden, jubeln dem 7-Mio-Euro-Vorstand und ihrer Gewerkschaftschefin zu, weil sie gemeinsam die Faschisten bekämpfen und vor allem eine Partei kicken (oder was da auf den T-Shirts steht). Und mir gehen die Worte durch den Sinn, die ich hier oft lese: es muss erst noch viel schlimmer kommen, damit es endlich besser werden kann…. Und es wächst meine Überzeugung: es wird nie mehr besser werden, denn wir Deutschen sind einfach zu dumm. Und vielleicht sollten wir die Worte unserer Regierung, dass der Russe bald in Berlin steht, nicht unbedingt als Drohung verstehen. Da haben wir dann mal etwas Neues zum Zujubeln….

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