Ramin Peymani, Gastautor / 21.11.2017 / 07:46 / 26 / Seite ausdrucken

Niemand leidet so sehr wie Deutschlands Journalisten

Von Ramin Peymani.

Als am späten Sonntagabend kurz vor Mitternacht die versammelte FDP-Führung vor die Kameras trat, erlebte Deutschland eine historische Stunde: Der 19. November 2017 wird als Tag der Befreiung in die Geschichtsbücher eingehen. Mit einer von vielen nicht für möglich gehaltenen Standhaftigkeit haben die Liberalen sich selbst und das Land gerettet. Trotz des ehrlichen Bemühens um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mussten Christian Lindner & Co. am Ende feststellen, dass ihnen offenbar als einziger Sondierungspartei die Zukunft Deutschlands wichtiger war als die Sicherung der Wiederwahl Angela Merkels.

Geschäftsführend darf die Kanzlerin nun noch bis zu ihrer Ablösung weitermachen – lange dürfte dies nicht sein. Hatte irgendjemand Zweifel, warum es die FDP im Bundestag braucht, dann war dies der perfekte Moment, um all diese Zweifel zu zerstreuen. Keine andere Partei hätte die Möglichkeit bekommen und zugleich die Kraft gehabt, das „System Merkel“ zu beenden und für eine wirkliche politische Wende zu sorgen.

Die nächsten Wochen müssen nun zeigen, ob es zu Neuwahlen kommt, oder sich – vielleicht auch mit anderem CDU-Personal – neue Konstellationen für eine Bundesregierung ergeben. In jedem Fall steht Deutschland vor der aufregendsten politischen Zeit seit dem Mauerfall. Dabei hinterlässt die Kanzlerin ein Land, dem es vordergründig gut geht, das aber tief gespalten und jeder Identität beraubt ist. So groß ist der von Angela Merkel angerichtete gesellschaftliche Schaden, dass der Wiederaufbau Deutschlands viele Jahre in Anspruch nehmen wird.

Das Land entdeckt die Lust an der Debatte wieder

Paradoxerweise muss man Merkel fast dankbar sein für die haarsträubenden Fehler ihrer Amtszeit: Die konzeptlose Zuwanderungspolitik, der naive Umgang mit dem Islam und die verkorkste Energiewende haben erst dafür gesorgt, dass eine in weiten Teilen von ihr selbst entpolitisierte Gesellschaft plötzlich die Lust an der politischen Debatte wiederentdeckt hat. Deutlich gestiegene Wahlbeteiligungen und ein leidenschaftlicher öffentlicher Diskurs zeugen von der neuen Lebendigkeit unserer Demokratie. Merkel war dies unheimlich.

Die von ihr geführte „Große Koalition“ hatte daher zum Ende ihrer Regierungszeit noch rasch ein Gesetz auf den Weg gebracht, bei dem die Stasi Pate gestanden haben könnte. Doch mit der unerbittlichen Verfolgung unerwünschter Meinungsäußerungen wurde nur erreicht, dass erstmals seit langer Zeit alle gesellschaftlichen und politischen Strömungen im höchsten deutschen Parlament abgebildet sind.

So geht Merkels zwölfjährige Kanzlerschaft, die ganz unter dem Motto des „Nudging“ und der Entdemokratisierung stand, ironischerweise mit einer gestärkten Demokratie zu Ende, in der die politischen Partner ihre Rolle selbstbewusst wahrnehmen. Im Bundestag wird es künftig eine echte Oppositionsarbeit geben, und die Bundesregierung wird – wie immer sie zusammengesetzt sein mag – nicht länger am Parlament vorbeiregieren können, wie dies unter Merkel üblich war. Statt Machtpolitik in Hinterzimmern wird es künftig wieder einen wirklichen parlamentarischen Diskurs geben können.

Den Grünen droht die harte Oppositionsbank

Doch nicht nur der Geist Angela Merkels, auch das Jamaika-Gespenst ist vertrieben. Und niemand leidet so sehr darunter wie Deutschlands Journalisten. Mit versteinerter Miene werden uns nun die Slomkas, Miosgas und Klebers darauf vorbereiten, dass das Ende der Welt gekommen ist, weil ihre links-grünen Träume geplatzt sind. Sie werden Gift und Galle spucken, weil eine Partei Rückgrat gezeigt hat, obwohl die Journaille geglaubt hatte, dies uns allen längst abtrainiert zu haben.

Und auch die Grünen selbst sind außer sich vor Wut, wissen sie doch, dass Merkel der letzte Strohhalm war, an den sie sich hätten klammern können. Ohne seinen Wirt ist auch der grüne Virus nicht überlebensfähig. Es droht die harte Oppositionsbank, die den Grünen wenig Profilierungspotential bieten wird. Der vermeintlich gestoppte Niedergang der Politsekte dürfte neue Fahrt aufnehmen, so sehr sie sich als Opfer darstellt.

Und noch eine Oppositionspartei wird die nächsten Wochen gespannt verfolgen: Für die Zustimmungswerte der AfD wird nun entscheidend sein, wie schnell sich die Union erneuert. Gelingt es der CDU, umgehend eine gestandene Persönlichkeit als Merkel-Nachfolger zu präsentieren, während die CSU sich schnell von Seehofer trennt, könnten viele Hunderttausend Wähler zu ihr zurückkehren, die aus Protest gegen Merkel zur AfD abgewandert waren. Falls nicht, dürfte neben der beherzten FDP vor allem die AfD zulegen. Eine Neuwahl könnte die Kräfteverhältnisse im Bundestag also ganz schön verschieben. Nach der Ära Merkel scheint alles möglich. Haben wir keine Angst vor der Zukunft!

Ramin Peymani ist freier Autor und Publizist. Er betreibt unter http://www.liberale-warte.de einen Politik-Blog, auf dem dieser Beitrag zuerst erschienen ist.

Foto: pixabay

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Leserpost

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Michael Schneider / 21.11.2017

Die Deutschen lieben das Kalkulierbare. Besser es geht geordnet in den Abgrund als nicht zu wissen wohin es geht. Merkel hingegen kann keine Minderheitsregierung. Aussitzen ist dort keine gute Idee. Also Neuwahlen, falls es sich die SPD oder die FDP nicht anders überlegt. Im Fall einer Neuwahl werden die Deutschen verstärkt ihr Kreuzchen bei Schwarz, Rot und Grün machen, sich zufrieden vor ihrem Fernsehsessel setzen und sich auf eine große “Groko” freuen. Geschafft, und weiter so!

Reiner Gerlach / 21.11.2017

Einhundert Prozent Zustimmung. Slomka im ZDF und Zamperoni in der ARD haben gestern Abend schon ein paar schöne Kostproben geliefert, wie unser Propagandafernsehen auf die geplatzte Sondierung reagiert. Es wird spannend in der nächsten Zeit.

Nadine Palieh-Vash / 21.11.2017

So wie der FDP ein herzliches Danke gebührt, ist dem Autor für seine deutlichen Worte zu Politik und Journaille zu danken. Ab und an braucht ein Land den klaren Blick eines Immigranten, der gewisse landestypische Eigenarten und Befindlichkeiten eher erkennt als viele Einheimische. Deutsche Autoren haben wohl kaum den Mut die Grünen -ganz treffend- als Sekte und Virus zu erkennen. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass der grüne Apfel immer mehr braun wird. Um das Land und seine Bürger ging es diesen selbstgerechten, heuchlerischen, niederträchtigen Ideologen nie. Auf ihrer Agenda steht nichts anderes als die Abschaffung unserer Werte, was die Zerstörung der Gesellschaft zur Folge hätte. Die Grünen regieren zu lassen, wäre so als wenn man den Brandstifter zur Feuerwehr holt.

Stephan Müller / 21.11.2017

Um sich dazu klar zu werden, wie es um die ÖR-Medien in Deutschland steht, sollte man sich das „Interview“ der Frau Slomka mit Herrn Lindner gestern Abend ansehen. Es ist ein Dokument, was das Zeug hat, in die Geschichte einzugehen.

Karlheinz Weber / 21.11.2017

Schwer trifft die Strafe die Nation, die jeden Abend schaut das Zweite, wenn ihr dann blüht in Bild und Ton die Slomka, dass man sucht das Weite. Bei Kleber ist die Begrüßung schon eine Zumutung.

Richard Loewe / 21.11.2017

eine schöne Analyse, aber eine falsche Schlußfolgerung. Die FDP hat die Entdemokratisierung und Delegalisierung maßgeblich mitvorangetrieben. Ich erinnere and die “Energiewende”, die “Griechenlandrettung” und das “Aussetzen”/ Abschaffen der Wehrpflicht. Lindner ist lediglich etwas weitsichtiger als die anderen und geriert sich als standhafter Retter. Das wird seiner Partei ein paar Prozentpunkte mehr bringen. Die einzige Partei, die in all diesen Dingen auf der richtigen Seite stand und steht, ist die AfD und wenn die Neuwahl mit massiven Verlusten für die CDU ausgeht, müsste Lindner, wenn es ihm denn wirklich um die Sache ginge, sich um eine Koalition zwischen AfD, CDU und FDP bemühen. Drei gleichberechtigte Partner, die Politik für das deutsche Volk machen - das wäre eine echte Wende.

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