Sie ist zu den Deutschen gekommen , wie die Jungfrau zum Kinde, als „einer der unmenschlichen Höhepunkte des Kalten Krieges“, wie uns der Regierende Bürgermeister und Möchtegern Kanzlerkandidat Wowereit heute wissen ließ. Wenn das so ist, sind die damals so genannten „Bonner Ultras“ mindestens ebenso schuld am Mauerbau wie das SED-Regime unter Walter Ulbricht, dessen Partei sich heute anschickt, die Mitregierung im vereinten Deutschland zu übernehmen. Wie schwer es den Deutschen fällt, historischen Tatsachen in die Augen zu sehen, zeigt die unwürdige Debatte um die so genannten Mauertoten, also Menschen, die den Versuch ,sich dem realen Sozialismus durch schnöde Flucht zu entziehen, mit dem Leben bezahlt haben. Es fehle an „Erfassungs-, und Bewertungskriterien“. So kommt es, dass nur die gezählt werden, die unmittelbar an der Mauer gestorben sind und deren Tot durch Zeugen bestätigt werden kann. Wer an der Grenze angeschossen wurde und im Krankenhaus an den Folgen seiner Schussverletzung gestorben ist, gehört schon nicht mehr dazu. Ebenso wenig Menschen, die gefangen genommen wurden und kurz darauf beim Verhör an „Herzversagen“ oder „Kreislaufschwäche“ gestorben sind. Das staatlich subventionierte „Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam“ und die ebenso geförderte „Gedenkstätte Berliner Mauer“ rechnen so die Zahl der Toten auf 136 herunter, während das unabhängige Museum am Checkpoint Charly bei seinen Recherchen auf mindestens 1303 Opfer des Grenzregimes der DDR kommt.
Einer davon war Horst Frank, der am 29. April 1962 in unmittelbarer Nähe der Kleingartenkolonie „Schönholz“ in Berlin Pankow erschossen wurde. Der neunzehnjährige Gärtnerlehrling hatte sich vier Stunden lang mit lediglich einer Drahtschere bewaffnet, Zentimeter für Zentimeter durch den Mauerstreifen gerobbt, bevor er entdeckt wurde. Die Soldaten eröffneten sofort das Feuer auf den am Boden liegenden Jugendlichen. Franks Freund, der sich in der Nähe befand, konnte unentdeckt in den Westen gelangen.
Zwanzig Jahre lang stand an der Bezirksgrenze zwischen Reinickendorf und Pankow neben der S-Bahnbrücke in der Klempkestraße ein Holzkreuz, das an die Ermordung von Frank erinnerte. Im Frühjahr dieses Jahres wurde das Kreuz zerstört. Von wem und aus welchen Motiven, ist bis heute unbekannt. Von Seiten der Bezirksverwaltungen wurde keinerlei Versuch unternommen, es zu ersetzen. Aber glücklicherweise wollten Pankower Bürger diese Geschichtsvergessenheit nicht hinnehmen. Heute wird um 18 Uhr an der gleichen Stelle ein neues Kreuz geweiht.
Diese Weihe wird vorgenommen von Superintendent a.D. Werner Krätschell , der zu DDR-Zeiten seine schützende Hand über den Friedenskreis Pankow gehalten hat, der in den Räumen seiner Gemeinde aktiv war. Dieser Kreis, den ich mitbegründet habe, war zeitweilig der größte legal wirkende DDR-Oppositionskreis der achtziger Jahre.
Ihm gehörte unter anderem auch der spätere Grünen-Politiker Werner Schulz an.
Wenn Werner Krätschell heute das Gedenkkreuz segnet, unterstützt er damit die Initiative einer CDU-Politikerin, Claudia Skrobek, die mit großem persönlichen Einsatz dafür sorgte, dass ein wichtiges Kapitel Berlins nicht in Vergessenheit gerät.