Ausgerechnet die Veröffentlichung der Todesursachen-Statistik für das erste Corona-Jahr kommt verspätet, erst nach der Wahl. Das hat Geschmäckle, weil die Regierenden auch andere Zahlen nie wissen wollten.
Sie haben dieses Fundstück vielleicht schon gelesen. Das Statistische Bundesamt teilte mit, dass die Daten für das Berichtsjahr 2020 nicht – wie üblich – jetzt, sondern erst Mitte Oktober veröffentlicht werden könnten.
„Bei der Aufbereitung der Ergebnisse der Todesursachenstatistik gibt es derzeit Verzögerungen, die eine Veröffentlichung der Jahresergebnisse zum geplanten Termin verhindern werden. Wir arbeiten intensiv daran, die Verzögerung so gering wie möglich zu halten. Wir planen, die Daten für das Berichtsjahr 2020 Mitte Oktober 2021 zu veröffentlichen.“
Schade, nicht wahr? Gerade irritierte den einen oder anderen Medienkonsumenten doch die Meldung: „Berechnungen von Mediziner Bertram Häussler besagen: Bei einem Großteil der vom RKI gemeldeten Corona-Toten sei offen, woran sie gestorben sind – die Sterbestatistik werde zunehmend verzerrt. Trotz steigender Infektionszahlen schließt er künftig eine ‚massive Sterblichkeit‘ aus.“
Da hätte man doch jetzt gern von Deutschlands höchsten offiziellen Statistikern gewusst, ob Herr Häussler das richtig nachgerechnet hat, und ausgerechnet in diesem Jahr verspäten sich die Zahlen. Die Begründung ist zudem einigermaßen verwunderlich, denn wohl in keinem Nachkriegsjahr vor 2020 hat man sich in der deutschen Öffentlichkeit ausgiebiger mit Todesursachen beschäftigt, vor allem mit der Frage, ob sie in einen Zusammenhang mit dem Corona-Virus zu bringen sind. Trotzdem heißt es vom Statistischen Bundesamt:
„Für die Verzögerungen gibt es zwei wesentliche Gründe: Zum einen stehen Datenlieferungen von Gesundheitsämtern an Statistische Ämter der Länder aus. Es fehlen damit Angaben zu den Todesursachen Verstorbener. Ohne diese Angaben kann die Todesursachenstatistik nicht abschließend bearbeitet werden.
Zum anderen können einzelne Statistische Landesämter aufgrund von Personalengpässen die Daten nur verzögert aufbereiten, was wiederum direkten Einfluss auf den Abschluss des Aufbereitungsprozesses hat. Ein Abschluss der Aufbereitungsarbeiten ist erst nach Vorlage der Ergebnisse aller Länder möglich.“
Also die Gesundheitsämter haben Daten noch nicht geliefert? Kommt Ihnen der Satz irgendwie bekannt vor? Wie oft haben wir den in den eineinhalb Jahren Corona-Ausnahmezustand eigentlich schon gehört? Soll wirklich 18 Monate lang keiner in der Lage gewesen sein, die Gesundheitsämter hinreichend zu ertüchtigen? Oder fehlt es einfach am Willen?
Es hat ja schon ein Geschmäckle, dass ausgerechnet die Zahlen, die entscheidend zur Legitimation oder zur Delegitimierung der von der Bundesregierung seit eineinhalb Jahren verhängten Grundrechtseinschränkungen beitragen, jetzt erst nach der Bundestagswahl vorliegen. Angesichts der – großteils noch kommenden – verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Politik, wäre das ja eine Information, die den einen oder anderen Wahlberechtigten vor der Stimmabgabe interessiert hätte. Natürlich will ich dem deutschen Statistikamt nicht unterstellen, hier zu tricksen. Aber wie kommt es, dass mir beim Lesen der obigen Verspätungsmeldung trotzdem sofort der Satz „Niemand hat die Absicht, Zahlen zurückzuhalten“ in den Sinn kam?
Vielleicht weil die Protagonisten des deutschen Corona-Regimes seit Langem den Eindruck erwecken, dass sie gar nicht so genau wissen wollen, wie es denn eigentlich außerhalb der wenig aussagekräftigen sogenannten Inzidenz um die Corona-Lage bestellt ist. Warum hat es seit der bekannten Heinsberg-Studie des Virologen Hendrik Streeck aus der Anfangszeit des Corona-Ausnahmezustands keine weiteren repräsentativen Untersuchungen gegeben, aus denen wir etwas über tatsächliche Verbreitung und den Grad der Durchseuchung erfahren hätten und vielleicht wüssten, wie weit wir eigentlich von der Herdenimmunität entfernt sind? Dass man anfangs nicht wissen konnte, wie viele unbemerkte Infektionen es eigentlich gibt und gegeben hat, ist verständlich. Dass man dazu aber nach anderthalb Jahren noch immer über keine Untersuchungsergebnisse verfügt, ist es nicht.
Das nährt den Verdacht, dass es Liebhaber des Ausnahmezustands gibt, die es gar nicht so genau wissen wollen. Denn mit dem Stochern im Nebel, mit dem auf Sicht fahren müssen, lässt sich ein Notstand auch dann noch begründen, wenn es gar keine Notlage gibt, man das aber nicht so genau weiß. Denn wenn es die Protagonisten der Corona-Politik sind, die es so genau nicht wissen wollten in den letzten anderthalb Jahren, nährt das nun einmal den Verdacht, dass sie fürchten, erhobene Daten und Zahlen könnten ihnen nicht recht geben und ihrer Politik die Legitimation entziehen. Und deshalb bietet es kein schönes Bild, wenn das Statistische Bundesamt nun die Todesursachen-Zahlen für das erste Corona-Jahr erst nach den ersten Corona-Wahlen liefert.