Julian Reichelt, Gastautor / 10.10.2019 / 09:30 / Foto: Superbass / 166 / Seite ausdrucken

Nie wieder!

Von Julian Reichelt.

Es ist nicht schwer, sich zu merken, wozu unser Land aus unserer Geschichte heraus bedingungslos verpflichtet ist. Diese Verpflichtung, dieser Schwur an die Welt und vor allem an die Juden besteht aus nur zwei Worten:

NIE WIEDER!

Nie wieder Verfolgung von Juden in Deutschland, nie wieder Ausländerhass. Nie wieder Duldung von hasserfüllten Worten, die zu mörderischen Taten werden. Nie wieder Gleichgültigkeit und erst recht nie wieder Sympathisantentum für die tödliche Ideologie des rassistischen Antisemitismus.

NIE WIEDER – so klar, so einfach und doch versagen Politik, Gesellschaft, Medien in Deutschland so kolossal dabei, dieses Bekenntnis zu leben und zu verteidigen. Der Terror von Halle mag die Tat eines einzelnen Neonazis sein. Aber viel zu oft hat sich dieser Mörder bestätigt fühlen dürfen. Bestätigt in der Annahme, dass sich niemand ihm wehrhaft in den Weg stellen wird.

Vor wenigen Tagen noch ließen die Behörden in Berlin einen Attentäter laufen, der mit einem Messer eine Synagoge überfallen wollte – kein Haftgrund.

Wenn Juden in Deutschland angegriffen werden, fallen die Strafen meist lächerlich gering aus. Wenn Juden in Deutschland nicht an Bord einer arabischen Airline gehen dürfen, tut die Politik NICHTS.

Wenn Juden in deutschen Zeitungen mit antisemitischen Karikaturen und Verschwörungstheorien entmenschlicht werden, bleibt der Aufschrei meist aus.

Wenn eine antisemitische Terrororganisation (Hisbollah) offen in Deutschland operiert, traut unsere Bundesregierung sich nicht, sie zu verbieten.

Verantwortlich für die Tat ist nur der Täter. Aber ermutigt wurde er von einer Gesellschaft, die das NIE WIEDER nicht entschlossen verteidigt. Vor unserer Geschichte ist das eine niederschmetternde Botschaft. Dieser Tag ist eine Schande für unser Land.

 

Julian Reichelt ist Chefredakteur der Bild-Zeitung. Dort wurde dieser Kommentar zuerst publiziert. Wird danken dem Autor für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.

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J.G.R. Benthien / 10.10.2019

Zitat: »Der Terror von Halle mag die Tat eines einzelnen Neonazis sein.« Es hätte gereicht: »Der Terror mag die Tat eines Einzelnen sein.« Die Teutonen können offenbar nicht leben, ohne zu klassifizieren, diskriminieren, die Gesellschaft zu spalten. Es ist unwichtig, wer der Täter und wer die Opfer waren, die Tat per se ist verabscheuungswürdig. Mit Klassifizierungen kann und wird es nie ein friedliches Zusammenleben geben.

Walter Knoch / 10.10.2019

Zuerst und von Herzen meine Trauer um die Ermordeten und meine Anteilnahme für ihrer Verwandten und Freunde. Wobei diese Zeilen wohlfeil sind. Ich werde heute Abend schlafen gehen und nicht in der Nacht voller Schmerz und Verzweiflung aufwachen. - Nun aber zu diesem “nie wieder”: Man hat uns in der Gruppenstunde, in der Schule, auch - ich spreche für mich - im Elternhaus dieses “Nie wieder” gepredigt. Schaue ich allerdings auf die vergangenen Jahrzehnte, auf das mehr als halbe Jahrhundert meines politisch bewussten Lebens zurück, dann sehe ich, den Blick nicht auf Auschwitz verengt, kein “Nie wieder”, sondern ein oft und öfter. Ich will sie nicht aufzählen, die Untaten der 50er, der 60er, der 70er, in Kambodscha, in China, in Ruanda, im Kongo. - Mein Herz schlägt mit Israel, mit dem jüdischen Volk, dieser demokratischen Insel, von Feinden umringt. - Mir tut es in der Seele weh, wenn Berlin alljährlich den Al-Quds feiert, Anti-Semiten durch die Berliner Straßen ziehen. Mir brennt der heiße Zorn, wenn der Bundespräsident den Anti-Semiten in Teheran, den Urhebern des Al-Quds-Tages, zu ihrem “Revolutionsjubiläum gratuliert, der Staatssekretär im Außenministerium zum Festakt für diese “Revolution” als Gast erscheint. … wenn auf deutschen Straßen der Ruf “Juden ins Gas” erschallt, … wenn sich bei anti-israelischen UNO-Resolutionen die Bundesrepublik der Stimme enthält, usw. und so fort. - Was jetzt jedoch anhebt, ist eine schändliche Instrumentalisierung dieser Mordtat. Man zieht giftige Linien - in diversen Medien, bei diversen Politikern, bei diversen Kirchenleuten. Man insinuiert, man unterstellt, man verleumdet offen - aus allzu ersichtlichen Gründen. - Man setzt die Auseinandersetzung mit totalitären Ideologien der verbrecherischen Hetze der Nazis gleich. Man kreiert - mit klammheimlicher Freude - Kausalitäten. - Die das tun, sind dieselben, die sich blind zeigen gegenüber dem Antisemitismus von links, von islamischer Seite.

Michael Anton / 10.10.2019

Nie wieder Jom Kippur ignorieren! Gleichwie die Antisemiten aller Himmelsrichtungen dumm und feige sind, mit dem Kalender können sie umgehen. “Judenaktionen” der Nazis fallen fast immer auf jüdische Feiertage, und hoffentlich lernt man daraus. Nach Allem was bekannt ist, hat sich unser Innenhorst darüber wenig bis keine Gedanken gemacht. Er ließ auch Blutwurst letztes Jahr zur Islamkonferenz servieren. Daß macht ihm sobald kein Hauptschüler nach, aber das Desinteresse an Jom Kippur teilt jeder Gymnasiast mit ihm. Wir wissen meistens nicht, was jüdisches Leben ist. Die Appelle, es zu schützen, sind ähnlich wie Gebetsmühlen für den religiösen Analphabeten.

P. F. Hilker / 10.10.2019

ARD und ZDF sprechen gern immer von einer Mitschuld einer bestimmten politischen Gruppierung. Aber von ihrer eigenen Mitschuld durch ständige Krimi-Berieselung und mögliche Anleitung zu einer Straftat, wird nicht gesprochen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Täter sich die Anleitung zur Straftat aus dem Fernsehen geholt haben. Schamlos zeigen ARD und ZDF ihrem Publikum jeden Tag Mord und Todschlag und reissen dann noch das Maul auf und faseln von Mitschuld. Nur die eigene Mitschuld wird nicht ansatzweise in Betracht gezogen. Pervers. -Der Täter ist schuldig.

Horst Jungsbluth / 10.10.2019

Man sollte endlich gegen Verbrechen -und Terror ist nun einmal Verbrechen-  mit aller Härte vorgehen und nicht gewichten, ob sie auch von der “richtigen” Seite verübt wurden.  Wer mordet, um es anderen in die Schuhe zu schieben, begeht zwei Verbrechen, was in diesem Land weder Politik, noch Justiz und leider auch die Medien nicht begreifen wollen. Die NSDAP mordete Millionen Juden und sie konnte es auch deshalb tun, weil die Weltöffentlichkeit weg sah und   weil die Juden selbst in den Ländern, die Krieg mit Hitler-Deutschland führten, drangsaliert wurden. Mit “rechts und links” hatte und hat das gar nichts zu tun, wenn man sich an die vielen in Deutschland verübten Attentate auf jüdische sowie israelische Einrichtungen und Flugzeugen mit vielen Toten erinnert, die von Arabern sowie sogenannten “Linken ” ausgeführt wurden, die mit diesen einträchtig in Hass verbunden waren. 1969 in Berlin, 1970 in München, 1972 in München uswwsf. Laut Spiegel 18/91 wird der Grünen Politiker Ströbele (ein Kumpan des Judenhassers Kunzelmann) anlässlich des 1. Golfkrieges mit dem Israel nichts zu tun hatte, mit den Worten zitiert: “Wenn ich den Krieg damit verhindern könnte, dass 1 Million Juden sterben müssten, würde ich das in Kauf nehmen”.

Eugen Richter / 10.10.2019

Ach ja, die Gesellschaft. Seit 50 Jahren taucht sie immer wieder als Sünder, schwarzer Peter und Schuldiger auf. Bis heute wurde kein Haftbefehl erlassen, kein Prozess etc. Vermutlich, weil es dahinter sich zu verstecken hilfreich ist. Und wenn jemand versagt o. ä., dann liegt das an jeden Einzelnen und die Summe aller dieser Einzelentscheidungen. In der Wirtschaft spricht man einem Markt bzw. Verbraucher, egal wie frei oder unfrei er ist.  Und je freier der Markt ist desto besser sind die Summen aller Entscheidung und in Folge dessen, die denkbare beste Verteilung knapper Güter.

Nico Schmidt / 10.10.2019

Sehr geehrter Herr Reichelt, hoffentlich bleibt es nicht wieder bei Sprechblasen und Kloppe für die AFD. Der Attentäter kommt hoffentlich nie wieder frei. MFG Nico Schmidt

J. Werner / 10.10.2019

Es wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um islamistische Täter geht oder um stiernackige Neonazis biodeutscher Herkunft. Die ersteren haben bekanntlich psychiatrische Gründe - wenn man sie nicht gleich, wie den Messermann an der Berliner Synagoge, wieder laufen läßt - wegen Erfolglosigkeit ihres Anschlags? Oder man läßt sie wie Amri entkommen, obwohl der sogar noch einmal zum Tatort kam und sich dann in aller Ruhe absetzen konnte. Die zweiten, biodeutschen Täter, sind besser zu verwenden, bestimmt kann man es innenpolitisch hervorragend nutzen. Das kommt wie gerufen vor einer Wahl, man kann einen Gegner mit angeblicher geistiger Urheberschaft leicht irreparabel beschädigen. Jetzt vergießt man Krokodilstränen. Nachdem man einen unkontrollierten Zustrom von judenhassenden Menschen ins Land ließ, die zu nahezu 100 % Israel in seiner Existenz bereits ablehnen, ein kippatragender Nichtjude in Berlin zusammengeschlagen wurde und der Täter dafür freigesprochen wurde ( warum? - weil er sich getäuscht hatte, weil das Opfer kein Jude war?!), nachdem man Hitlers unsägliches Machwerk als editierten Prachtband meinte, noch herausbringen zu müssen, nachdem Repräsentanten dieses Landes Hisbollah, Iran und Hamas hofieren und in UN - Organisationen meist gegen Israel stimmen oder sich enthalten…, kann man sich nur die Haare raufen vor einer solchen doppelzüngigen, verlogenen Politik, Israel und den jüdischen Bürgern im Land gegenüber. Nur wenn es mal ausnahmsweise in den Kram paßt, macht diese Staatsführung etwas, obwohl sie permanent ihre historische Schuld betont. Steckt dahinter ein armseliger verheuchelter Kryptoantisemitismus, obwohl jedes zweite Wort ” Antifaschismus” lautet?!

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