Von Ívar Már Arthúrsson.
Völlig zu recht gilt Island als eine Art politisch-soziales Versuchslabor. Was Diversität angeht, war das Land schon lange ein Vorbild für fortschrittliche Bewegungen. Jetzt aber bewegt sich das Pendel in die andere Richtung. Ein wenig.
Am vergangenen Samstag fand auf Island die Parlamentswahl statt. Rund 250.000 Menschen waren aufgefordert, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 80 Prozent. Insgesamt traten 11 Parteien an. Acht haben den Einzug ins Parlament geschafft. Die neue linke Partei der Sozialisten hat die Fünf-Prozent-Hürde knapp verfehlt, während der populistischen Zentrumspartei der Einzug noch knapp gelang.
Stärkste Partei wurde, wie in fast allen Wahlen in der Geschichte der Isländischen Republik, die konservative Unabhängigkeitspartei. Die Regierung aus Konservativen, Linksgrünen und der alten Bauernpartei, der Fortschrittspartei, konnte nicht nur ihre Mehrheit im Parlament, dem Allthing, halten, sondern auch ausbauen.
Das lag vor allem daran, dass die Fortschrittspartei ihr Ergebnis, im Vergleich zur letzten Wahl, fast verdoppeln konnte und auf rund 17 Prozent kam. Sie wurde somit zweitstärkste Kraft. Zwei weitere Parteien konnten leicht zulegen, die wirtschaftsliberale Reformpartei und die Bürgerpartei.
Die aktuelle Regierung wird also wahrscheinlich weiterregieren. Möglich ist aber auch, dass die Linksgrünen aus der Regierung austreten und dass die Reformpartei mit der Unabhängigkeitspartei und der Fortschrittspartei eine neue Koalition bildet.
Immerhin haben die Linksgrünen, die Partei der amtierenden Premierministerin, Katrín Jakobsdóttir, fast fünf Prozent im Vergleich zur letzten Wahl verloren. Da die Fortschrittspartei aber so viele Stimmen dazugewonnen hat, könnte sie demnächst auch den Anspruch erheben, mit ihrem Vorsitzenden, Sigurður Ingi Jóhannson, künftig den Premierminister zu stellen.
Als fast ausgeschlossen gilt, dass der Chef der Konservativen, Bjarni Benediktsson, dieses Amt für sich beanspruchen wird. Die Sozialdemokratische Allianz bekam etwas weniger Stimmen als bei der letzten Wahl und wird wohl nicht an der nächsten Regierung beteiligt sein. Dasselbe gilt für die Piratenpartei.
Es ist also nicht damit zu rechnen, dass sich die Machtverhältnisse auf Island in der kommenden Legislaturperiode wesentlich ändern werden.