Georg Etscheit / 15.08.2021 / 06:15 / Foto: Pixabay / 67 / Seite ausdrucken

Nicht ohne dein Armband!

Bei Veranstaltungen in Pandemiezeiten sind Kontrollbänder ein angesagtes Accessoire, ob es nun zur Garderobe passt oder nicht. Und sie zeigen so einiges an.

Ich mag es nicht, wenn ich markiert werde. Schon als Kind bei den Pfadfindern fand ich es dämlich, wenn man uns aufforderte, mit den bei Sozialpädagogen so beliebten bunten Edding-Markern mit dem eigenen Namen beschriftete Kreppbänder auf die Brust zu kleben. Auch heute nervt es mich, wenn man mich bei einer Pressekonferenz oder Tagung nötigt, mir ein hässliches Plastik-Namensschild umzuhängen, und ich bedaure die meist männlichen Messebesucher, die sich – zumindest vor Corona – in der Münchner U-Bahn drängen, wenn sie sich mit solchen Anhängern zur Herde stempeln lassen.

Jugendliche dagegen lieben im Allgemeinen das Herdendasein und präsentieren stolz ihre mit zahlreichen bunten Freundschafts- und Kontrollbändern umschlungenen Handgelenke, die davon zeugen, dass sie fleißig alle möglichen angesagten Pop- und Rockmusikfestivals besucht haben. Wer jung ist oder jugendlich erscheinen möchte, kommt nicht ohne diesen Schmuck ums Handgelenk aus. Auch CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer gibt sich als Berufsjugendlicher zu erkennen, denn ums rechte Handgelenk trägt er, gut sichtbar, ein offenbar mit Glasperlen besetztes Leder- oder Stoffbändchen.

Solche Freundschaftsbänder – Anleitungen zum Selbstknüpfen gibt es im Internet zuhauf – kamen in den 1980er Jahren in Mode. Jugendliche Menschenrechtsaktivisten, die für die Rechte indigener Kulturen vor allem in Mittel- und Südamerika auf die Straße gingen, trugen sie als politisches Statement. Wenn man sie sich umknüpft oder sich von einem Freund oder einer Freundin umbinden lässt, darf man sich etwas wünschen. In der Zeit, bis sie idealerweise von selbst abfallen, soll dieser Wunsch in Erfüllung gehen.

Ein Bändchen zum Smoking

Das soll man von Kontrollbändern, einer modernen Variante der Freundschaftsbänder, nicht erwarten, im Gegenteil, wird doch als deren wichtigste Eigenschaft ihre Beständigkeit angepriesen. „Das Eintrittsband aus TYVEK wird mit einem Klebeverschluss an das Handgelenk beliebigen Umfangs angebracht und lässt sich nicht wieder öffnen, ohne deutlich sichtbare Spuren zu hinterlassen. Zudem ist jedes Einlassband mit einer Seriennummer versehen, eine unrechtmäßige Weitergabe unserer Kontrollbänder an andere Personen oder anderweitige Manipulationen sind somit ausgeschlossen“, heißt es auf einer einschlägigen Internetseite. Bei TYVEK handelt es sich um einen Kunststoff der US-Firma DuPont, der sich wie Papier anfühlt, jedoch extrem zäh ist. Noch unkaputtbarer sind nur die als Handschellen verwendeten Kabelbinder, mit denen die Berliner Polizei Coronaleugner fesselt, bevor sie ihnen den Knüppel über die Birne zieht.

Angenehmerweise lassen sich Kontrollbänder auch als Werbemittel verwenden. „Ein Einlassband dient zwar in erster Linie der Kontrolle bzw. der Verhinderung von blinden Passagieren, sie eignen sich aber auch hervorragend zum Werbung machen“, heißt es flockig auf der bereits erwähnten Internetseite. „Diese Möglichkeit soll Ihnen nicht verwehrt bleiben, wählen Sie daher die bedruckte Variante unserer Einlassbänder und Sie bekommen eine ideale Werbefläche, die individuell gestaltet direkt am Kunden angebracht werden kann. So erhalten Sie ein Kontrollarmband mit doppeltem Nutzen.“

Den vielfältigen Nutzen von Kontrollbändern haben im Corona-Zeitalter auch die Organisatoren von Klassikfestivals entdeckt. Bei den Salzburger Festspielen beispielsweise muss sich jeder Besucher einer Spielstätte, der in der Pause im Freien maskenfreie Frischluft schöpfen möchte, für den Wiedereinlass ein Bändchen umlegen lassen, wobei auf modische Bedenken keine Rücksicht genommen wird. Denn zusammen mit einem eleganten Abendkleid oder Smoking machen sich die Industrie-Accessoires eher störend aus.

Armband mit Ablaufdatum für Getestete

Noch rigider geht es bei den Bayreuther Festspielen zu, die dieses Jahr einem Hochsicherheitslabor gleichen, wohl deutlich sicherer als das in Wuhan in China, aus dem möglicherweise das Coronavirus entwichen ist. Auszug aus den Hygieneregelungen: „Jeder Besucher muss persönlich erscheinen, da der Akkreditierungsprozess mit dem Anlegen eines Einlassbändchens abgeschlossen wird. Ohne Registrierung bis eine Stunde vor Vorstellungsbeginn mit allen erforderlichen Unterlagen ist es nicht möglich, eine Aufführung der Bayreuther Festspiele zu besuchen.“ Ungeimpfte müssen sogar stets einen tagesaktuellen Test vorweisen können. „Ein Nacheinlass nach Vorstellungsbeginn ist ausgeschlossen. Wir empfehlen allen Festspielbesucherinnen und Festspielbesuchern dringend, entsprechend mehr Zeit für den Registrierungsprozess einzuplanen und den Registrierungsprozess bis eine Stunde vor Vorstellungsbeginn abzuschließen.“

Selbst bei der Schubertiade Schwarzenberg, einem insbesondere von älteren Semestern besuchten, traditionsreichen Kammermusikfestival im Bregenzer Wald, werden die Besucher in diesem Jahr dazu verdonnert, den Scheuer zu machen. O-Ton Schubertiade: „Um einen sicheren Ablauf der Veranstaltungen zu gewährleisten, sind alle Konzertbesucher zum Tragen eines Armbandes verpflichtet, das den jeweiligen Gesundheitsnachweis (3-G-Regel) in Bezug auf Covid-19 anzeigt und Voraussetzung für jedes Betreten des Angelika-Kauffmann-Saales – auch des Foyers oder des Kartenbüros – ist. Geimpfte und Genesene erhalten ein Armband, das für die gesamte Dauer ihres Aufenthaltes gültig ist. Getestete erhalten ein Armband mit Ablaufdatum und -uhrzeit. Die Armbänder verlieren ihre Gültigkeit, sobald sie abgenommen werden.“

Jetzt dürfen sich endlich auch Klassikliebhaber als willige Herde fühlen, mit ein paar schwarzen Schafen, die am Ablaufdatum auf ihrem Armband leicht erkennbar sind. Erinnert an den Science-Fiction-Klassiker „Logan‘s Run“ von Michael Anderson aus dem Jahre 1976. Dort leben die Menschen einer fernen Zukunft unterirdisch in riesigen Kuppeln, weil die Oberfläche, vermutlich infolge Klimawandels oder Atomkriegs, unbewohnbar geworden ist. Die individuelle Lebenszeit ist auf 30 Jahre begrenzt; allen Menschen wird bei ihrer Geburt eine Lebensuhr implantiert, die die Restlebensspanne angibt. Wenn es so weit ist, werden die Todgeweihten in einer futuristischen Zeremonie, euphemistisch „Erneuerung“ genannt, getötet.

Foto: Pixabay

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J.G.R. Benthien / 15.08.2021

Stasi Zwei Punkt Null: Blockwarte mit digitalen Endgeräten. Mitten im Konzert: »Wir unterbrechen kurz das Programm. Herr Etscheidt möchte bitte SOFORT ins Foyer kommen, sein Negativ-Test ist eben abgelaufen.« Sie sehen auf Ihr Armband und machen dann was genau? Wenn sie jetzt nicht aufstehen und der Aufforderung Folge leisten, kommen Sie nie wieder raus, weil die Merkel-Schergen am Ausgang auf Sie warten.

Johannes Schuster / 15.08.2021

Das entspricht jetzt tatsächlich Jane Elliotts “blue - eyed - brown eyed” - Experiment. Und was ist die Essenz ?!: Konservative Konzertbesucher betreiben willig ein Rassismusschema, - und: Wo der Geist hoher Kultur lauscht herrscht weit aus höher die Banalität des Bösen als in der Werkshalle. Was könnte man schlußfolgern: Der böse Deutsche ist kultiviert und er hat einen kulturellen Dünkel, der ihm höher hängt als jede Menschlichkeit. Segregation und Kultur: Hoppla, das kam jetzt sehr schnell auf Hilter und Wagner und “Das Judentum in der Musik”. Das ist zur Zeit ein einziges sozialpsychologisches Horrorkabinett. Was soll das eigentlich hier mit diesen Aufführungen ? Ist das ein verstecktes Winseln nach der Abschaffung der deutschen Reste, weil man sich in seinem segregativen Grauen selbst nicht mehr aushält ? Es gibt ja forensisch den Effekt, daß der Täter Spuren legt um endlich von seinem Treiben von außen erlöst zu werden. Warum stellen sich die Deutschen nicht gleich international mit Blaulicht auf dem Kopf hin und schreien “Helft uns wir haben wieder mal unser kleines Apartheidsproblem”.

T. Weidner / 15.08.2021

Leider fehlt die Erwähnung der elektronischen Fußfessel. (Gut - ist eine hässliche Bezeichnung). Ist wahrscheinlich nur deshalb aktuell (noch?) nicht als Armbandausführung verfügbar, weil zu klobig. Erscheint mir wichtig zu erwähnen, weil unsere wenig kreativen Politiker die Möglichkeiten dieses Instrumentes in Zusammenwirken mit GPS und GSM (4G, 5G) noch nicht erkannt haben… Aber die Entwicklung dürfte von den angebissenen Äpfeln & Co. innerhalb deren Handgelenksproduktsortimenten (z.B. “ApfelUhr”) vorangetrieben werden.

Wolf von Fichtenberg / 15.08.2021

UND… >>> Böse waren sie. Sagte man. Und laut. Ja, das waren sie. Die Konzerte waren eher Veranstaltungen organisierten Radaus. Sagte man. Und das waren sie anfänglich auch. Sie waren die Rebellen. Sagte man und so gaben sie sich. „Satisfaction“ klingt noch heute in manch altem Ohr. Eine Hymne und zugleich eine Parole. Sie nannten sich Rolling Stones und waren doch nur die Gegenausgabe einer Schlagerkapelle aus Liverpool, die sich Beatles nannten.  Eine brave Jugend die bei diesen mitklatschten und die etwas Unbraveren die den Stones-Takt mitstampften. – Unter sie mischte sich auch schon mal jemand der aus den Stadtgebieten stammte, in denen es am Sonntag nicht nach Braten duftete. Dort roch es nach aufgewärmten Irgendwas, gemischt mit abgestandenem Bier. Und man machte sich kenntlich. Nicht mit Armbändern, man zeigte es durch die Kleidung. Durch sich selbst. Man zeigte dass man anders war. Markierte sich durch die Kleidung wie ein Rüde sein Revier kennzeichnete. Anders wollte man sein und es musste ein Parka sein. Und wer es ganz wild treiben wollte bemalte dieses Kleidungsstück. Und da sind wir schon wieder bei den Rolling Stones, denn auf der Rückseite meines Parkas prangte Mick Jagger, darüber der Name der Band in einer Schrift die man selbst Pop-Art nannte, die jedoch durch das ungelenke Gekritzel die Pubertät aus sich schrie. Das Idol, die Idole… Nein, wir trugen keine Bänder, wir waren die ersten die wohl kommerzialisiert an einem solchen gezogen wurden. Man war links, was immer das auch war, man fand Studentenrevolten toll, ohne zu wissen was die wollten. Und Profitgeier war eine Floh-Oper die uns lenkte, lenken sollte. Ja, wir markierten uns. Weil wir anders waren, anders sein wollte. Ohne Bänder. Frei. Ungebunden. Wir selbst… - Und heute markiert man uns… Ohne Pieks bist DU draußen, auch mit Armbändchen. <>

Arthur Sonnenschein / 15.08.2021

Tja, die Leute glauben, der Staat müsse alles Mögliche für sie regeln und im Ergebnis können Bürokraten und Verwalter sich in jede Situation reindrängeln um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. So gibt‘s dann eine Jury beim ESC,  die Einführung des Video-Schiedsrichters und am Ende eine big Gouvernante, die einen in jeder Lebenssituation gängelt, Fleissbienchen verteilt und notfalls das ganze Land in die stille Ecke schickt, weil das Betragen nicht stimmt. Selbst schuld.

Hjalmar Kreutzer / 15.08.2021

Ganz offensichtlich geht es um Gehorsamsabrichtung, vordergründig Erzwingen des Impfens gegen Covid. Wenn die Schafherde sich das bieten lässt, gar diese Praktiken nach den vorangegangenen Freiheitsberaubungen als Lockerung oder Befreiung sieht, kann ich kein Mitleid empfinden. Es wird niemand mit Polizeigewalt gezwungen, solche Veranstaltungen, m.M.n. eher Verunstaltungen, zu besuchen. Interessant wäre, ob zumindest ein Rückgang der Besucherzahlen zu verzeichnen ist. Brauchen die Leute das wirklich für ihr Selbstwertgefühl, bei diesen oder jenen Festivals dabei gewesen sein zu müssen, häufig unabhängig von den dargebotenen Inhalten?

Dr. Joachim Lucas / 15.08.2021

Huxleys “Brave New World”, Orwell “1984” oder “Animal farm” waren mal Zukunftsszenarien. Jetzt sind sie Realität.

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