Susanne Baumstark / 22.09.2017 / 12:15 / Foto: toyism / 7 / Seite ausdrucken

Staatsumbau ohne Bürger

Von Susanne Baumstark.

Die Medien vermitteln der Bevölkerung schon mal den Eindruck, Politiker hätten ein kritisch-distanziertes Verhältnis insbesondere zu in Flüchtlingssachen agierenden NGOs (Non Governmental Organisations, zu deutsch: Nicht-Regierungsorganisationen). Man erinnere sich etwa an die Ente vom NGO-Verhaltenskodex.  Aktuell gab es ein von der italienischen Regierung organisiertes Treffen mit rund 20 NGOs, die sich dafür interessieren, die Aufsicht über Flüchtlingslager in Libyen zu übernehmen. Sechs Millionen Euro sollen sie bekommen, um dort humanitäre Standards zu garantieren.

Die Lebensbedingungen zu verbessern ist natürlich richtig. Angesichts der Entwicklungen und fließenden Gelder ist aber das mit NGOs verbundene Image des Ehrenamts fragwürdig geworden. Das wird auch deutlich mit der Einrichtung des Studiengangs zum Manager in Nonprofit-Organisationen (NPOs), den die Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin erstmals im Wintersemester 2017/2018 anbietet. „Unser Studiengang ist eine Antwort auf die wachsende Bedeutung der Dritte-Sektor-Organisationen als effizienter und effektiver Dienstleister im Rahmen des Umbaus und der Modernisierung des Wohlfahrtsstaates. Manager in den NPOs sind die verantwortlichen Gestalter dieses gesellschaftlichen Wandels“, heißt es auf der Website. „Zwischen Wirtschaft und Staat“ werde sich die spätere Arbeit bewegen.

Den Masterstudiengang NGO-Management an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg, bis dato der einzige bundesweit, gibt es schon länger. Man müsste nicht überrascht sein, wenn künftig ähnliche Studiengänge wie Pilze aus dem Boden schießen. Jedenfalls verfestigt sich der Eindruck, dass NGOs zunehmend zu politischen Drahtziehern avancieren – ohne jemals nach dem Bedürfnis der Bürger nach einem „Umbau des Wohlfahrtsstaates“ zu fragen: womit auch der stets hoch gehaltene gemeinnützige Charakter in Frage steht.     

Susanne Baumstark ist freie Redakteurin und Diplom-Sozialpädagogin. Ihren Blog finden Sie hier.

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Leserpost

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Winfried Sautter / 22.09.2017

Dem Beitrag von Herrn Dechant kann ich nur zustimmen. Ich war von 1992 bis 1995 in der internationalen Not- und Katastrophenhilfe einer deutschen Hilfsorganisation tätig, habe den Einsatz in Kurdistan im Gefolge des ersten Golfkrieges abgewickelt, danach Einsätze in Somalia, Ruanda und ehemals Jugoslawien geplant und organisiert. In Kroatien und Bosnien-Herzegowina bin ich in der Zeit regelmässig gewesen. Immer etablierte sich sehr schnell eine Parallelgesellschaft der NGO´s und der einheimischen Kriegs- und Krisengewinnler. Eine besonders unrühmliche Rolle kommt in diesen Gebieten offensichtlich stets den diversen Agenturen der UN zu.

Sepp Kneip / 22.09.2017

NGO ist gleich Ansammlung von Gutmenschen, die es am liebsten gut mit sich selbst meinen. Die Organisationen sind nur Zweck zum Einsammeln von Spenden und Staatszuschüssen, deren Verbleib kaum jemand nachprüft. Hier hat sich ein Parasitentum aufgetan, das mit Steuer- und Spendengeldern nur so um sich schmeißt, aber am liebsten sich selbst versorgt. Gutmenschen halt.

Andreas Rochow / 22.09.2017

An den Parteien und den Ebenen des Parlaments vorbei entwickeln sich die NGOs zu telweise mächtigen internatinalen Akteuren der Weltpolitik. ohne einen Auftrag dazu zu besitzen. Sie nutzen die Gesetzeslücken, die die Politik für sie offengehalten hat, lassen sich durchaus dubios finanzieren und tummeln sich auf wenig angreifbaren Themengebieten wie Transparency, Human Rights, Refugees usw. Sie konkurrieren gegen das Ehrenamt, das weniger lukrativ und abenteuerlich wirkt.  NGOs machen nur Sinn, wenn es darum geht, zu entstaatlichen, um die “One World” anzustreben. Angesichts ihrer Agenden und Finanzausstattung ist es schwer zu vermitteln, dass der Steuerzahler die eilig erfundenen Uni- Studiengänge für NGOs nun auch noch finanzieren muss.

Winfried Sautter / 22.09.2017

Die NGO´s sind nichts anderes als die Geldwäscher der offiziellen / offiziösen Politik. Die Selbstzuschreibung der NGO´s als Vertreter der “Zivilgesellschaft” ist nur perfides Mimikry: In einer Demokratie kann es keine von der Politik unterschiedene “Zivilgesellschaft” geben, Demokratie ist “Zivilgesellschaft”. Nur wird sie heute von der Poltik organisiert und finanziert.

Marcel Seiler / 22.09.2017

Aus der ökonomischen Analyse politischer Prozesse ist bekannt, dass Regierungsorganisationen, die bestimmte Branchen kontrollieren sollen, von den Interessenvertretern genau dieser Branchen “gekapert” werden können: die Versicherungsaufsicht von den Versicherungen, die Emissionsüberwachungsbehörden von der Autoindustrie… Und jetzt das Umgekehrte: die Regierungen kaufen sich Organisationen, die sich als Bürgerbewegungen ausgeben. Das gibt es wohl schon länger, aber mir ist das erst seit Kurzem bewusst. Es stellt eine Gefahr für die Demokratie dar.

Karla Kuhn / 22.09.2017

” Angesichts der Entwicklungen und fließenden Gelder ist aber das mit NGOs verbundene Image des Ehrenamts fragwürdig geworden. Das wird auch deutlich mit der Einrichtung des Studiengangs zum Manager in Nonprofit-Organisationen (NPOs), den die Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin erstmals im Wintersemester 2017/2018 anbietet.”  Was kann eigentlich ein Student nach diesem Studium damit anfangen ?  Philosophen, Soziologen sind ja auch Berufe, die man nicht gerade braucht wie Sand am Meer. Kommt da noch so einer dazu ?  Wer soll denn mal die ganzen Häuser bauen, die Rohre verlegen, die Elekto-Gasinstallationen, die großes Wissen voraussetzen vornehmen?  Sollen das die ganzen “Facharbeiter” die uns Frau Nahles 2015 angekündigt hat, aber inzwischen wieder berichtigt hat, erledigen ? Die “Facharbeiter”, die ihren Hauptschulabschluß nach 7 Wochen erhalten haben ?  Was sagte Shakespeare über den Wahnsinn ?? ........

Detlef Dechant / 22.09.2017

Ich spende schon seit längerem nicht mehr an NGOs. Mein Schwiegersohn, mehrere Jahre für das Rote Kreuz in Krisenregionen (u.a. Sudan, Tschad, Indonesien nach dem Tsunami) hat dafür Verständnis. Hat er doch vor Ort erlebt, wie es sich Repräsentanten verschiedenster NGOs dort haben gut gehen lassen, um zu eruieren, wie und wo man vielleicht mit Spendengeldern helfen könnte! Ein ganz eklatantes Beispiel für ihn war ein “NGO-Scout”, der sich in einem 5-Sterne-Hotel einistete, sich ein tolles Motorrad lieh und im Katastrophengebiet des Tsunamis nun nach Projekten suchte, die man unterstützen könnte. Nach ca. 4 Wochen Herumfahrens war er nicht fündig geworden und reiste unverrichteter Dinge ab. Eine weitere Bestätigung waren für mich die Fernsehberichte aus Japan nach der “Fukushima-Katastrophe”. Dort strandeten THW und andere deutsche Hilsorganisationen in Tokio und suchten Wege, in die Katastrophengebiete zu kommen. Nach einiger Zeit kehrten sie unverrichteter Ding “so jedenfalls die Berichterstattung” nach Deutschland zurück, weil ein Einsatz “durch die nukleare Strahlenverseuchung” zu gefährlich sei. Wenn man dann gleichzeitig Berichte aus diesen Regionen sieht, wo sich englische, australische und andere asiatische Rettungsteams durch die Trümmer wühlen, reibt man sich erstaunt die Augen.

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