Henryk M. Broder / 10.06.2007 / 02:42 / 0 / Seite ausdrucken

Next Stop: LA (2)

Afshin war noch nie in LA, also packen wir ihn in unseren kleinen Chevy-SUV und fahren erst einmal frühstücken zu Coogie’s Beach Cafe nach Malibu. Afshin bestellt Eggs Benedict mit Lachs, Leon und ich jeweils Two Eggs Sunny Side Up mit House Potatoes, danach eine große Portion Fruit Salad für alle. Gut gestärkt machen wir uns auf den Weg. Ein Stück den Pacific Coast Highway in den Norden, dann über den Malibu Canyon an Calabasas vorbei auf den Freeway 1o1, bis Franklin. Am Beachwood Drive biegen wir links ab und fahren direkt auf das HOLLYWOOD-Zeichen zu. Es ist vor ewigen Zeiten von einem Immobilienmakler in die Berge gestellt worden und sollte für Hollywood LANDS Werbung machen, Grundstücke in Hollywood. Irgendwann ist das LANDS weggebrochen und es blieb nur HOLLYWOOD übrig. Wir fotografieren uns gegenseitig vor dem bekanntesten Landmark der Stadt, fahren noch zwei Blocks bergauf und wenden vor dem Beachwoodmarket. Ein Mädchen, höchstens 1o Jahre alt, winkt uns zu und zeigt auf ein handgemaltes Plakat: “FREE Lemonade for Darfur”.  Ihre Mutter hat die Limonade zubereitet, sie steht hinter einem Klapptisch am Eingang des Supermarktes, vor sich mehrere Kannen mit Limonade. Mutter Penelope und Tochter Georgia sammeln Geld für die “Save Dafur Coalition”, jeden Samstag von 11 bis 16 Uhr an einem anderen Platz. “Als ich die Bilder von Darfur sah, mußte ich einfach etwas machen”, sagt Penelope. Wenn sie nicht gegen den Massenmord im Sudan demonstriert, arbeitet sie für eine Firma, die Radio-Stationen kauft und verkauft.
Wir fahren über Beachwood zurück zum Hollywood Boulevard, vorbei an Musso & Frank und Grauman’s Chinese Theater, über La Brea auf den Sunset bis Fairfax, biegen links ab und steuern Canter’s an, den größten Deli der Stadt. Allein schon das Wandbild, das den Parkplatz schmückt, ist eine lange Anreise wert. Ein “Murial” mit Szenen aus der Geschichte der Juden in LA, sozialistischer Realismus (“They must live in Freedom!”) aus der Zeit, als ein Pastrami-Sandwich einen Vierteldollar kostete. Heute sind es zehn. Wir bestellen eine Barley Bean Suppe, zwei Pastrami-Brote, einen halben Egg Salad, eine Portion Chopped Liver, dazu Humus, Pickels und Horseraddish. 
Hinterher beweisen wir eiserne Disziplin, indem wir an der Kuchentheke vorbeigehen, ohne stehen zu bleiben.
Aber das Beste haben wir noch vor uns. Als wir den Parkplatz verlassen, überholen wir einen Bus, der auf der Rückwand für “Islamophobia” wirbt. Erst bei zweiten Hinschauen sehen wir, dass es “Slamiphobia” heißt. Gemeint ist “Fear of car doors opening suddenly”, die Angst vor Autotüren, die plötzlich aufgemacht werden. Damit werden Autofahrer aufgefordert, auf Radfahrer Rücksicht zu nehmen. Ich schaffe es gerade noch, meine kleine Samsung zu zücken und ein Photo zu machen, damit keiner sagt, ich hätte mir den Witz ausgedacht. Denn im Gegensatz zur “Islamophobia” gibt es die “Slamiphobia” wirklich. Jeder Radfahrer kann es bestätigen.

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