Der Tatverdächtige der gestrigen Schusswaffen-Attacke in der New Yorker U-Bahn soll kein Terrorist gewesen sein, stand aber offenbar noch bis 2019 beim FBI unter Terrorverdacht.
Das lateinische Wort „Terror“ ist ein ungenauer Begriff, auf Deutsch bedeutet es einfach „Schrecken“. Der Duden definiert ihn als „Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen (besonders zur Erreichung politischer Ziele)“.
Mindestens die ursprünglich lateinische Definition jedoch ist bei den Schüssen auf mindestens zehn Menschen in der New Yorker U-Bahn erfüllt. 13 weitere Menschen wurden bei der Flucht vor dem Schützen (die Menschen sind in ihrer Angst offenbar übereinander hinweg getrampelt) oder durch eine Rauchvergiftung (der Täter zündete Rauchbomben in der Bahn) verletzt.
Während „Focus“ um 6.15 Uhr immerhin Foto und Namen des gesuchten Tatverdächtigen (den die New Yorker Polizei bereits heute um 1.55 Uhr unserer Zeit meldete) zeigte, enthielt uns die „Tagesschau“ um 6.38 Uhr sowohl das eine als auch das andere vor. Stattdessen meldet Deutschlands bekannteste Nachrichtensendung „New Yorker Polizei geht nicht von Terrorakt aus“, und ihr New Yorker Korrespondent Peter Mücke „beruhigt“, das Ganze sei „nur“ eine Schießerei. Ist eine „Schießerei“ nicht eigentlich ein Schusswechsel zwischen mehreren Bewaffneten? Offenbar kamen aber alle 33 abgegebenen Schüsse allein von dem 62 Jahre alten Afroamerikaner Frank James.
Peter Mückes ARD-Kollegin Antje Passenheim (ebenfalls in New York) beschrieb gestern ausführlich die Tat mit Schüssen und Verletzten, nur um dann das hanebüchene Fazit „Aber im Moment deutet zunächst nichts auf einen terroristischen Hintergrund“ zu ziehen und sich kurz darauf selbst zu widersprechen: „Noch sind alle vorsichtig, und erstmal muss gecheckt werden, was da wirklich der Hintergrund war.“ Die Tagesschau gehört nicht zu diesen „allen“, denn ihre Berichterstattung hat ja bereits eine klare Tendenz.
Die britische „Daily Mail“ hingegen meldet: „Der Verdächtige der Schießerei in der Brooklyner U-Bahn stand einem Bericht zufolge bis 2019 auf dem Terroristenradar des FBI in New Mexico.“ Wenn „Achgut.com“ das leicht entdeckt, dann kann das auch die Redaktion der Tagesschau.
Immer wieder werden Täter dieser Art als „Verrückte“ (manchmal zu recht) gestempelt, um den politischen oder religiösen Hintergrund ihrer Tat beiseite zu schieben – dennoch ist es keineswegs ausgemacht, dass sich psychische Probleme und politischer Terrorismus gegenseitig ausschließen.
„Prophet oftruth88“
Die New Yorker Webseite heavy.com, die sich darauf spezialisiert hat, Täter-Profile im Internet zu sichern, bevor diese gelöscht werden (etwa nach Anschlägen wie diesem), hat ein 26 Minuten langes Video von Frank James gesichert, in dem dieser sich sehr wohl politisch äußert.
Der amerikanische Journalist Andy Ngo teilte auf Twitter mit seinen knapp einer Million Followern einen Hinweis auf Frank James‘ (politische) Aktivitäten im Netz, von denen man sich auch noch Stunden nach der Tat selbst ein Bild machen konnte, denn sie waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelöscht.
Auf Facebook ist Frank James als Frank Whitaker, auf YouTube als „prophet oftruth88“ aktiv. Obwohl unter verschiedenen Pseudonymen unterwegs, fällt auf, dass er auf dem einen Profil sogar dieselbe Jacke trägt, die er auch bei seinen Ansprachen vor der markanten gelöcherten Wand in der Fahrerkabine seines Autos an hat. Er teilte Bilder von „Elijah Muhammad – The Messenger of Allah“, von Fidel Castro mit der Bemerkung „Kapitalismus ist abstoßend“, wetterte gegen Juden und Donald Trump.
Die Ermittlungen laufen noch. Auch für Frank James gilt die Unschuldsvermutung. Nichts ist sicher. Lediglich, dass der im Zusammenhang mit der Bluttat von New York Gesuchte sich sehr wohl ausgiebig politisch geäußert hat, und dass es unseriös ist, Terror zum jetzigen Zeitpunkt bereits auszuschließen.
Simon Akstinat arbeitet als Autor und Fotograf. Sein neues Buch „Pantheismus für Anfänger – Der kaum bekannte Gottesglaube von Goethe, Einstein und Avatar“ ist hier und hier bestellbar.