Der dreiunddreißigjährige Zohran Mamdani (Foto oben), der Israel als jüdischen Staat abschaffen möchte, hat Chancen, zum nächsten Bürgermeister von New York zu werden.
Ausgerechnet in jener Stadt, in der so viele Juden leben wie nirgendwo sonst außerhalb Israels, möchte Zohran Mamdani als Bürgermeister vorstehen. Während einer Debatte des Fernsehsenders NBC 4 sagte der Politiker: „Ich glaube, Israel hat ein Existenzrecht.“ – „Als jüdischer Staat?“, hakte der Moderator nach. – „Als gleichberechtigter Staat.“ Als er vergangene Woche in der Fox-5-Sendung Good Day New York um eine Klarstellung gebeten wurde, erklärte er, gegen Israels Existenzrecht als jüdischer Staat zu sein, und zwar, „weil ich mich dabei nicht wohlfühle, einen Staat zu unterstützen, der eine Hierarchie der Staatsbürgerschaft aufgrund von Religion oder anderen Gründen hat“.
Am 24. Juni findet die Vorwahl der Demokraten statt. Da nicht damit zu rechnen ist, dass New York einen Republikaner zum Bürgermeister wählen wird, ist diese parteiinterne Ausscheidung de facto eine Vorentscheidung darüber, wer Eric Adams als Bürgermeister der Metropole nachfolgt. Laut Demoskopen haben nur der in Umfragen führende ehemalige New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo und eben Zohran Mamdani Chancen.
Cuomo ist der bekanntere von beiden, doch sein Image ist beschädigt durch Anschuldigungen sexueller Belästigung sowie sein umstrittenes Handeln während der Corona-Pandemie, als er einerseits hart gegen öffentliche Versammlungen vorging, andererseits aber im März 2020 Altenheime anwies, COVID-Positive aus Krankenhäusern wieder aufzunehmen. Dies ist auch Gegenstand im jetzigen Wahlkampf: „Gegner von Cuomo behaupten, dass diese Richtlinie zum unnötigen Tod Tausender älterer New Yorker in Pflegeheimen geführt habe“, so die New York Times. Zudem wird Cuomo vorgeworfen, anschließend versucht zu haben, die Verantwortung für seine Entscheidung auf andere abzuwälzen. Er geht also angeschlagen ins Rennen.
Zohran Mamdani ist Mitglied in der Partei der Demokratischen Sozialisten, der auch Bernie Sanders, Ilhan Omar und Alexandria Ocasio-Cortez angehören. Die Partei und die in New York einflussreiche Ocasio-Cortez haben Wahlempfehlungen für Mamdani ausgesprochen. Ocasio-Cortez, die als mögliche künftige Senatorin oder sogar als potenzielle Präsidentschaftskandidatin der Demokraten im Jahr 2028 gehandelt wird, bezeichnete Cuomo als Kandidaten „der Reichen“ und „der Hedgefonds“ und fordert eine „Koalition der Arbeiterklasse“ zugunsten Mamdanis. Während einige Umfragen einen deutlichen Sieg Cuomos voraussagen, sehen andere ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Mamdani, Sohn der indisch-amerikanischen Filmemacherin Mira Nair und des indisch-ugandischen Bürgerrechtlers und Postkolonialisten Mahmood Mamdani, ist Abgeordneter im Parlament des Bundesstaats New York und thematisiert im Wahlkampf unter dem Stichwort „Affordability“ vor allem das Problem der hohen Lebenshaltungskosten, weshalb er kostenlosen Busverkehr und von der Stadt betriebene Supermärkte fordert.
Im Fall seiner Wahl zum Bürgermeister verspricht er zudem, die Mieten für die rund eine Million mietpreisgebundenen Wohnungen der Stadt durch den Rent Guidelines Board einzufrieren. Obwohl der Ausschuss, der jährlich über Mieterhöhungen abstimmt, ein unabhängiges Gremium ist, werden seine Mitglieder vom Bürgermeister ernannt, was diesem erheblichen Einfluss auf seine Entscheidungen gibt. Der ehemalige Bürgermeister Bill de Blasio habe dies „tatsächlich dreimal getan“, bemerkte Mamdani und verwies auf Mietstopps während dessen Amtszeit in den Jahren 2015, 2016 und 2020.
Erklärter Antizionist
Daneben pflegt er Verbindungen mit radikalen Gruppen. Während einer Kundgebung in Brooklyn 2021, die von der antizionistischen Organisation Jewish Voice for Peace angeführt wurde, bestätigte Mamdani in einer Rede pro-palästinensischen Aktivismus als einen zentralen Bestandteil seiner Politik: „Palästina hat mich dazu gebracht, mich zu organisieren, und für Palästina werde ich mich immer einsetzen.“ Er betonte, dass er Mitbegründer der Studentengruppe Students for Justice in Palestine sei, die mit der Muslimbruderschaft verbunden ist. Mamdani hat das Bowdoin College in Maine besucht. „Antizionismus ist nicht Antisemitismus, und in der antizionistischen Bewegung, an die ich glaube und der ich angehöre, ist kein Platz für Antisemitismus“, behauptete er.
Im Oktober 2023 wurde er verhaftet, als er vor der New Yorker Wohnung des demokratischen Senators Chuck Schumer gegen Israel demonstrierte. Er unterstützt auch die antiisraelische Boykottbewegung BDS. „Ich habe gesehen, wie wirksam gewaltfreie Bewegungen zur Einhaltung des Völkerrechts beitragen, insbesondere in Bezug auf Südafrika. Deshalb unterstütze ich BDS. Ich habe gesagt, dass man nicht nach Israel reisen muss, um sich für jüdische New Yorker einzusetzen“, sagte er letzten Sonntag während einer Veranstaltung in der B’nai-Jeshurun-Synagoge in Manhattan. Dort sprach er auch davon, als Bürgermeister den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verhaften zu lassen, sollte dieser nach New York kommen:
„Meine Antwort ist dieselbe, egal, ob wir über Wladimir Putin oder Benjamin Netanjahu sprechen. Ich denke, diese Stadt sollte das Völkerrecht einhalten. Und wir haben gesehen, dass andere Länder weltweit, die den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) unterzeichnet haben, dieser Bitte nachkommen, darunter Kanada und europäische Staaten. Ihre Anerkennung bedeutete, dass Netanjahu nicht dorthin reiste.“
Er räumte ein, dass die Vereinigten Staaten keine Vertragspartei des Römischen Statuts seien, das den IStGH ins Leben rief, argumentierte aber, dass „es Zeiten gibt, in denen Mut erforderlich ist“ und verglich seinen Wunsch, Netanjahu zu verhaften, mit der Entscheidung des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom, sich 2004 als damaliger Bürgermeister von San Francisco über Bundesrecht hinwegzusetzen und gleichgeschlechtlichen Paaren Heiratsurkunden auszustellen. „Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass wir davon überzeugt sind, dass das Völkerrecht geachtet und respektiert werden und wir unsere Stadt tatsächlich in Einklang damit bringen sollten.“
Solche Worte sollen den Eindruck erwecken, dass Mamdani in der politischen Mitte zu verorten sei und sich nur für das vermeintliche „Völkerrecht“ einsetze, besser gesagt: für das, was er dazu erklärt. Denn die Parteinahme für die von Terrororganisationen wie der PFLP und der Hamas gesteuerte BDS-Bewegung, deren Ziel die Ausgrenzung von Juden ist, zeigt, wes Geistes Kind er ist.
Noch deutlicher wird dies, wenn Mamdani nicht in einer Synagoge vor einem liberalen jüdischen Publikum spricht, sondern in seinen eigenen radikalen Zirkeln. „Es gibt Möglichkeiten, einen scheinbar internationalen Kampf zu einem lokalen zu machen“, sagte er kurz nach seiner Wahl in die New Yorker Staatsversammlung 2020 im Podcast Talking Palestine der New Yorker BDS-Aktivistin Sumaya Awad. Ins Visier nahm er das Cornell-Technion, eine technische Hochschule auf Roosevelt Island, das mit der Technion-Universität in Israel kooperiert und auch als Jacobs Technion-Cornell Institute bekannt ist. „Wenn man BDS und seine Anwendung hier in New York City betrachtet, könnte man sagen, dass Cornell-Technion ein Thema ist.“
Erinnerung an Ken Livingstone
Die Mischung, sich als Kämpfer gegen hohe Preise im Alltag zu gerieren und gleichzeitig gegen Israel Partei zu ergreifen, erinnert an Ken Livingstone, der von 2000 bis 2008 Bürgermeister von London war. Livingstone ist heute vor allem für seinen Antisemitismus in Erinnerung, der im April 2016 zu seinem Parteiausschluss führte. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, war seine Behauptung, Adolf Hitler habe, als er „die Wahlen 1932 gewann“, die Juden „nach Israel“ transferieren wollen. „Er unterstützte den Zionismus, bevor er verrückt wurde und schließlich sechs Millionen Juden tötete“, so Livingstone weiter.
Was Livingstone populär gemacht und zu seinem Wahlsieg geführt hatte, waren aber nicht solche Ausfälle, sondern die Thematisierung der hohen Lebenshaltungskosten. 1981 war er der Kopf der Kampagne Fare’s Fair, die zur Senkung der Preise für die Londoner U-Bahn um ein Drittel führte.
Jüdische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben Zohran Mamdani für seine wiederholte Weigerung, Israels Existenzrecht als jüdischer Staat anzuerkennen, verurteilt und bezeichneten dies als disqualifizierende und gefährliche Haltung. „Das ist mehr als problematisch“, so Joseph Potasnik, stellvertretender Vorsitzender des New Yorker Rabbinerrats: „Juden sehen darin eine Trennlinie. … Es gibt zweiundzwanzig arabisch-muslimische Staaten; in Mamdanis Welt ist aber kein Platz für einen jüdischen Staat. Er will keinen jüdischen Staat.“
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.
Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise (2009); Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos (2012).