Stefan Klinkigt / 19.03.2023 / 10:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 27 / Seite ausdrucken

Neues vom Streit um den Nationalpark Sächsische Schweiz

Was ist ein Nationalpark, und wie geht man mit menschlichen Eingriffen um, die im Grunde vollkommen unvermeidlich sind. Selbst wenn der Mensch nichts tut, hat er einen Einfluss auf den Nationalpark. Ein alter Streit setzt sich jetzt in der Sächsischen Schweiz fort, jetzt hat sich eine Bürgerinitiative gegründet und ergreift das Wort.

In meinem letzten Artikel „Sächsische Schweiz: Der Nationalpark-Frevel“ vom 11.2.2023 hatte ich über das Gutachten der TU Dresden zu den Waldbränden des letzten Sommers (veröffentlicht auf der Website des mdr Sachsen) und die derzeitige Waldsituation in der Sächsischen Schweiz berichtet. 

Hingewiesen hatte ich auch auf die Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz, deren Anliegen es ist, die jahrhundertelang gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten – im Gegensatz zum derzeitigen Konzept des Nationalparks „Natur Natur sein lassen“, was nichts anderes als eine gigantische Verwilderung und Verwahrlosung der Wälder in dieser großartigen Landschaft bedeutet und jegliche gestalterischen Leistungen der Menschen komplett ablehnt. 

Über 30 Jahre wurden hier – dem Konzept „Nichtstun“ folgend – Forstschädlinge wie der Borkenkäfer geradezu „gezüchtet“, mit der grotesken Begründung „Der Borkenkäfer ist der Freund und Helfer des Waldes“, was schließlich zum Absterben ganzer Waldregionen geführt hat und in den verheerenden Bränden des letzten Sommers seinen vorläufigen traurigen Höhepunkt fand. Das Konzept „Nationalpark“ darf wohl deshalb mit Fug und Recht in der Sächsischen Schweiz als gescheitert angesehen werden. Allein die Bezeichnung National„park“ ist ja bereits irreführend, da man den Begriff „Park“ üblicherweise mit einer außerordentlich „gepflegten“ Landschaft verbindet.

Im Folgenden dokumentieren wir hier eine aktuelle Pressemitteilung der BI Naturpark vom 16.3.2023:

Mitteilung der Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz zum Bericht der Expertenkommission Waldbrände 2022 in Sachsen 

Am 15. März wurde der Bürgerinitiative der Bericht der Expertenkommission Waldbrände des Sommers 2022 in Sachsen vorgestellt. Im Auftrag der Sächsischen Staatskanzlei setzte sich die Kommission zum Ziel, unter der Maßgabe Naturschutz und Brandschutz miteinander zu denken, den Schutz der Menschen in den Brandgebieten zu gewährleisten. Für die Bürgerinitiative verband sich mit der Aufarbeitung des Waldbrandes insbesondere die Frage, wie zukünftig mit den Herausforderungen der Brandvorsorge und -bekämpfung in der Sächsischen Schweiz umgegangen werden soll. 

Einzelne Anregungen, welche die Bürgerinitiative bei ihrer Anhörung am 23.01.2023 der Expertenkommission mitgeteilt hatte, wurden in den Bericht aufgenommen. Grundlegend bleiben einige Punkte offen, bei denen sich die Bürgerinitiative spezifischere Aussagen für die Sächsische Schweiz erhofft hatte. 

Der Bericht der Expertenkommission schlägt die Umsetzung wichtiger Elemente der Brandvorsorge – wie waldbauliche Maßnahmen zur Etablierung standortheimischer Laubmischwälder, die Minimierung von Nadelholzbeständen oder die Reduzierung des Totholzanteils – lediglich in Pflegezonen vor. Damit bleibt eine entscheidende Frage unbeantwortet: Wie soll zukünftig ein wirksames Waldbrandschutzkonzept für die Sächsische Schweiz kompatibel zur Nationalparkverordnung gestaltet werden?

Die Bürgerinitiative begrüßt die Empfehlung der Kommission, eine Anpassung der Zonierung vorzunehmen. Prozessschutzzonen unmittelbar an Wohnbebauungen sollen in Pflegezonen umgewandelt werden, wobei übermäßige Totholzanreicherungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren sind. Warum gibt der Bericht an dieser Stelle keine Mindestausdehnung dieser Schutzzonen vor, beispielsweise von 300 oder 500 Metern wie im Bayerischen Wald?

Ob das bestehende Rettungswegenetz von 140 Kilometern in der Sächsischen Schweiz als ausreichend angesehen wird, geht nicht aus dem Bericht der Kommission hervor. Ist eine gewährleistete Begehbarkeit gerade kleinerer Wanderwege für eine adäquate Brandbekämpfung unnötig?  

Weiterhin bleibt die grenzüberschreitende Betrachtung des Brandereignisses im Bericht unterrepräsentiert. Eine fundiertere inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des tschechischen Expertengremiums wäre wünschenswert gewesen. 

Ungeklärt ist die Bewertung der Kommission hinsichtlich des Einsatzes der Methode des kontrollierten Abbrennens in der Sächsischen Schweiz ebenso wie die genaue Zweckbestimmung der Maßnahme einer Umhausung von Totholzarealen.

Die Aussage, dass Totholz die Rettungskräfte behinderte, erscheint für die Bürgerinitiative mehr als nachvollziehbar. Widersprüchlich ist jedoch die Bewertung der toten Fichtenbestände in seinen Auswirkungen für das Brandgeschehen sowie bei der Brandvorsorge. Trotz unzureichender Definition des Begriffes Totholz für die Sächsische Schweiz werden (bezugnehmend auf die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Müller) entscheidende Aussagen getroffen. Die Bedeutung des stehenden Totholzes wird dabei im Zusammenhang mit der Intensität des Brandes gesehen, nicht aber mit dessen Ausbreitung. Die Auswirkungen des kreuzweise liegenden oder teilweise abgebrochenen Totholzes bleiben ungeklärt, obwohl dieses einen erheblichen Anteil der abgestorbenen Fichtenbestände in der Sächsischen Schweiz ausmacht. 

Der Bericht der Expertenkommission bestätigt, dass Reisig und Borkensegmente Formen des Totholzes darstellen und diese zur Ausbreitung des Feuers führten. Dürfen wir somit schlussfolgern, dass Teile der abgestorbenen Fichtenbestände zur Brandausbreitung beigetragen haben? 

Die Kommission berichtet auch von der Ausbreitung des Brandes durch sogenannte Flugfeuer. Es wäre wünschenswert gewesen, Näheres über deren Entstehungsbedingungen zu erfahren. Stehen Flugfeuer im Zusammenhang mit einer erhöhten Brandintensität, verursacht durch abgestorbene Fichtenbestände? 

Aussagen zum Einfluss der Löscharbeiten auf das Brandgeschehen, also über den Zusammenhang zwischen Brandverlauf/-intensität und Brandbekämpfung in der Sächsischen Schweiz, werden nicht getroffen. Wie hätte sich der Brand bei weniger Bekämpfungskapazitäten entwickelt?

Nicht zuletzt ist es erstaunlich, dass als spezielle Maßnahme der Waldbrandprävention im Nationalpark Sächsische Schweiz der Vorschlag eines Themenweges „Natürliche Wiederbewaldung nach Brandereignissen“ vorgeschlagen wird, welcher die Nationalparkphilosophie Natur Natur sein lassen sowie die Rolle von Waldbränden hinsichtlich der natürlichen Waldentwicklung erklären und vermitteln soll. Wären hier nicht Maßnahmen für eine Sensibilisierung hinsichtlich der Brandverhütung angemessener? Wir möchten an die Aussagen von Prof. Goldammer im Interview mit der Sächsischen Zeitung (Online-Ausgabe vom 12.3.2023) erinnern, wonach alle Wälder in Deutschland als Kulturwälder anzusehen sind und welcher vor unrealistischen Naturschutzprinzipien warnt.  

Bürgerinitiative
Naturpark Sächsische Schweiz

Hier kann man die Petition der BI Naturpark mitzeichnen.

 

Artikel, die wir zu dieser Thematik bereits veröffentlicht haben:

Sächsische Schweiz: Der Nationalpark-Frevel

Brände in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz

Bei mir stirbt der Wald anders

„Bei mir stirbt der Wald anders“ – Nachlese

 

Foto: Stefan Klinkigt

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Wolfgang Richter / 19.03.2023

“„Der Borkenkäfer ist der Freund und Helfer des Waldes“, ” Deshalb macht es auch sicher nichts, daß der mindestens “halbe” Harz mit nur noch kahlen Stämmen zugestellt ist. Auch ein Weg, seine “Werte” abzuschaffen und sich zu ruinieren, sinnbildlich ökologisch gewollt und nach der Meinung der Macher so was von sinnvoll. Ach ich vergaß, ist ja das pöhse C02 schuld, das das “Klima” erwärmt. Und “wer keine Ausrede hat (für das eigene Versagen, alt. eine bescheuerte Ideologie), der wird erschossen.”

Ulla Schneider / 19.03.2023

Ludwig Luhmann, guten Abend. Tristade City war mir nicht bekannt. Ich bin auf dem “das gelbe Forum” gewesen und habe mir den dazugehörigen Text durchgelesen. Das ist ja entsetzlich! Mehr Zerstörung geht nicht. MfG.

Wilfried Grün / 19.03.2023

Fichtenwälder des Harzes, Herr Johann Joachim Lindner, da kommen einige Dinge zusammen. Das Todholz als Brandbeschleuniger und Brutplatz, dazu das Borverbot (wirkt gegen Pilze und Ungeziefer nicht nur direkt sondern auch wenn die Pflanzen das Element über die Nährstoffe einbauen können) zuzüglich des Elektrosmog im Mikrowellen Bereich. Wer sich an Yagi-Antennen erinnert könnte die Struktur in den Blättern & Nadeln der Bäume wiedererkennen und die Verkleinerung passt zur Erhöhung der Frequenz. Aber alles Verschwörungstheorie denn die Wirkung des Elektrosmog eines Handys auf das Gehirn misst man bewusst nicht mit dem MRT sondern mit einer Elektroenzephalografie (EEG). Das wäre so als würde man Fehler im Layout von Integrierten Schaltkreise mit dem Zollstock finden wollen.

Sabine Heinrich / 19.03.2023

@Rollo Tomasi: Volle Zustimmung, Herr Tomasi! Diese aufgeräumten, totenstillen dunklen Monokulturfichtenwälder - ein Graus für jeden Naturliebhaber! Schlimm, wenn es dann noch Förster gibt, denen die Natur völlig am Allerwertesten vobeizugehen scheint, die nur den Profit sehen, den das Holz bringt. Fast vor meiner Haustür - in einem überschaubaren Wald in der Nähe von Hamburg - wütete - ja, wütete tagelang ein schwerer Harvester; entsprechend sieht er nun aus! Flächenweise Zerstörung dieses bei Spaziergängern sehr beliebten Waldes. Natürlich müssen Bäume hin und wieder in “normalen” Wäldern geerntet werden - aber nicht mittels brachialer Gewalt ohne Rücksicht auf Verluste! Es ist nur noch mit Sarkasmus zu ertragen, dass zwar vor ca. 2 Jahren den Mountainbikern, welche dieses schöne, hügelige Gebiet für sich entdeckt und auch einigen Schaden angerichtet hatten, zu Recht die Nutzung verboten wurde - aber nun im gleichen Gebiet schwerste Maschinen eingesetzt werden, die Wege zerstören, den Waldboden verdichten und Teile des Waldes bis zur Unkenntlichkeit zerstören.

Margit Broetz / 19.03.2023

Wer braucht schon Heimat. Deutschland wird abgewickelt, auf allen Ebenen.

Gus Schiller / 19.03.2023

Wer braucht schon einen Nationalpark!? Das Wattenmeer wird jetzt exzessiv durch LNG-Tanker mit Chlor u.a. Substanzen verseucht und die Habitate damit zerstört. Aber NULL PROBLEMO, haben ja die Grünen angeordnet, weil LNG gutt, Russengass schlächt.

Johann Joachim Lindner / 19.03.2023

Nicht nur die Sächsische Schweiz verwildert, man schaue sich die abgestorbenen Fichtenwälder des Harzes an. Riesige Waldflächen sind nicht mehr vorhanden. Der Borkenkäfer hat gewütet.

Wilfried Grün / 19.03.2023

“Die Kategorie Naturschutzgebiet wurde erstmals 1920 im Preußischen Feld- und Forstpolizeigesetz verankert. Andere deutsche Teilstaaten folgten. Mit dem Reichsnaturschutzgesetz von 1935 gab es in Deutschland eine gesamtstaatliche Verordnung. 1936 waren 98 Gebiete als Naturschutzgebiete eingetragen.” ... (Wikipedia) .... damit ist klar warum alle Parteien automatisch Schaum vorm Wahrheitsmund haben müssen.  Allein das Wortbestandteil National… es gibt ja auch kein International mehr sondern per Sprachpolizei fast nur noch Global.  .... So nun hüpft bestimmt irgendwo wer und schreit Antisemitismus. Dem Distanzeritis.

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