Ich habe eine gut dotierte Lehrstelle sausen lassen, weil eben dieses schwachsinnige “Feilen” auf der Liste stand, dass eine Maschine deutlich genauer und schneller erledigen kann. Warum also die Lehrlinge nicht an dieser Maschine einweisen? Es ist eben einfach nur Schikane im Sinne von “Ich Chef, Du nix!”. Nicht anderes. Ich habe fertig!
Ich kann die hier teilweise anzutreffende Euphorie über manche Härten des Lehrlingsdaseins ebenfalls nicht nachvollziehen. Für Gesellen einzukaufen steht in keinem Ausbildungsrahmenplan, dient vielleicht dem Gruppenzusammenhalt, sollte in meinen Augen aber von ALLEN Teammitgliedern gemacht werden. Ich habe auf verschiedenen Arbeitsstätten und aus dem Erzählen von Bekannten/Freunden sowohl über Studium als auch Ausbildung mitbekommen, wie schädlich es für junge Menschen sein kann, zumindest temporär, wenn sie “gebrochen” werden. Insbesondere eine frühere Freundin, die Schauspiel studierte, hatte hier ziemlich was zu ertragen - jemanden “zu brechen”, war nämlich das erklärte, explizit vorgetragene Ziel einer Dozentin, und auch die anderen Dozenten waren nicht zimperlich. Ansonsten: Eine Bekannte, die in der Tischlerausbildung Zeugin war, wie der Ausbilder Zangen hinter den Auszubildenden herwarf; Kochlehrlinge, die vor aller Augen und Ohren in der Küche beschimpft wurden; eine Schulkameradin, die in der Verwaltungsausbildung fast jeden Tag zu Hause heulte, weil sie auf Arbeit wie Scheiße behandelt wurde. Ja, alles keine Herrenjahre, ist klar, aber muss man deshalb gleich ein Sklave sein…? Nee danke, man kann auch mit Auszubildenden ordentlich umgehen, und ein Auszubildender, der geohrfeigt wird, sollte wohl erstens Strafanzeige stellen und zweitens den Laden wechseln. Ach übrigens: Auch im Studium muss man sich durch Sachen durchfressen, die man nicht mag, sogar in den Geistes-/Sozialwissenschaften. Und auch hier gibt es miese Arschlöcher unter den Professoren, die einem das Leben verleiden möchten. Alles selbst erlebt.
Endlich mal wieder ein toller Beitrag von Ihnen, sehr geehrter Herr Geißler. Da habe auch ich mich sofort an diverse “Lehr- und Studienjahre” zurück erinnert. Während meiner früheren Schuljahre gab es ja noch Ohrfeigen, daß man aus der Bank fiel. Tja, und die Sprüche von den Lehrjahren, die keine Herrenjahre sind, kenne auch ich aus dem Dresdener “Vorzeigebetrieb der sozialistischen Produktion”, dem VEB Pentacon. Dorthin, in die riesige Werkhalle der damals hochmodernen, schwedischen Halbautomaten (für die weltberühmten Reflex-Kameras), wurde ich eine zeitlang “strafversetzt” und hatte das Bohren, Senken, Fräsen, Schrauben und Drehen zu lernen - unter sagenhaftem Gelächter der gut ausgebildeten, halbstarken Kerle! Einer von ihnen schenkte mir damals, ob aus Mitleid oder Anerkennung, ich habe es leider nie herausgefunden, eine wunderschöne, hand- geschmiedete Rose. Die schmückt noch heute eines meiner Bücherregale - Seufz.
Meine Ausbildung( Augenoptik ) war Anfang der 70ziger, Boomtown in Germany, nach der Berufsschule noch in die Firma, Chefken war sehr grosszügig und so habe ich mir meinen Führerschein zusammen gespart, als Lehrling gab es ja damals nicht viel… Ansonsten galt : Lehrjahre sind keine Herrenjahre , da mussten schon mal die Mülltonnen auf dem Hof gereinigt werden, die Werkstatt Tische wurden noch gewachst etc, den halben Tag Einkäufe für die Gesellen tätigen….geschadet hat es mir im späteren Berufsleben wahrlich nicht. Dafür öfter mal Bierchen nach Feierabend mit den Kollegen, war irgendwie eine tolle Zeit. Ich denke gerne daran zurück.
Vielen Dank für diesen Artikel, er hat ein paar Erinnerungen an mein Maschinenbaupraktikum geweckt. Das lief an der RWTH Aachen über 26 Wochen und ich hatte das Glück, in der Lehrwerkstatt von Rheinbraun zu praktikummieren. Wir durchliefen eine komprimierte Ausbildung mit allen Bearbeitungsstationen und der Ton der Meister war durchgängig freundlich, aber in der Sache deutlich bis vernichtend. Später ging es an die großen Maschinen und wir assistierten den Facharbeitern. Und weswegen ich das hier schreibe, ist der Spruch, den mir ein Bohrwerksfräser (ich hoffe, die Bezeichnung ist korrekt, das Ding konnte so ziemlich alles außer Schweißen) mitgab: “Wenn hier einer von den Chefs runterkommt und blöd quatscht, stell ich mir den einfach nackt vor” Ich gestehe, ich habe dieses in den folgenden Jahren mit guten Resultaten sehr oft beherzigt. Bei unseren Regierenden fällt es mir allerdings nicht leicht..
Zur Zeit der Maulschellen war Deutschland eine Hochburg der Ingenieurtechnik, Handwerkskunst Und Made in Germany war kein Produkt von Genderei oder Plapper Studiengängen.
Bootcamp. Initiationsriten. Hallo! Kehren wir doch am besten zur guten alten Maulschelle zurück. Man kann’s auch übertreiben mit dem “Früher war alles besser!”. Wäre mir ohnehin neu, dass das Prinzip Holzhammer besser funktioniert als die didaktisch begabte Methode eines verständnisvollen Chefs mit natürlicher Autorität. Oder gilt hier das sozialistische Prinzip, wir scheren alle Auszubildenden über denselben Kamm?
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