Ein knappes Jahr ist es her, dass die Linke wieder einmal die Talsohle ihrer Rhetorik erreicht hatte. Zu dem Medialdesaster trug damals wesentlich Gesine Lötzsch bei, eine der beiden aktuellen Vorsitzenden der Partei. Sie hatte in einem Artikel für das pro-kommunistische Blatt „Junge Welt“ über „Wege zum Kommunismus” nachgedacht.
Sie ist nicht die einzige in der Partei, die immer noch metaphorische Morgenröte zu sehen glaubt. Unter dem Diktat der auf gehenden Sonne stehen nicht wenige Genossen, zumindest aus der so genannten Kommunistischen Plattform, der politischen Heimat einer Sahra Wagenknecht. Sie ist inzwischen stellvertretende Parteivorsitzende und Mitglied der Programmkommission.
Der Kommunismus mag ein schöner Traum für ausgebüchste Bürgersöhne und Töchter des 20. Jahrhunderts gewesen sein, für den betroffenen Rest erweckt er vor allem Erinnerungen an die Unfreiheit. Wer sich nach ihm sehnt, wird Gründe haben, vielleicht auch nur die Privilegien der Nomenklatura vermissen oder mit der Dummheit ausgestattet sein, die es ihm erlaubt, den Paternalismus einer Diktatur nicht als Machtinstrument sondern als soziale Sicherungsmaßnahme zu betrachten. Es wird immer einen Grund geben, eine Kichererbse für eine Kaffeebohne zu halten. Der Kommunismus ist ein Meister dieser Art Täuschung und sein bester Exeget ist immer noch die berühmte Leserfragen-Betreuung von Radio Eriwan.
Alles halb so schlimm? Ja, könnte man beistimmen, gäbe es nicht, wie in den meisten Situationen dieser Art, einen kleinen Schönheitsfehler. Frau Lötzsch hat wohl übersehen, dass die Kleinigkeit, die sie selbst und die Kommunistische Plattform umtreibt, verfassungswidrig ist. Und dass dieses wiederum ein Fall für den Verfassungsschutz darstellt.
Heute, ein knappes Jahr später, empören sich die Genossen darüber, dass sie vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es ist vielleicht nicht ganz nutzlos an dieser Stelle daran zu erinnern, dass die Linke die Erbin der SED ist, die sogar die eigenen Parteimitglieder bespitzeln ließ. Das Verhältnis zum einschlägigen Organ, zur Stasi, ist innerhalb der Partei ambivalent. Es findet sich kaum ein Parteikommentar in der Sache, der nicht von der Öffentlichkeit gefordert worden wäre. Man stellt sich allen Fragen bloß taktisch. Das ist der ewige Gestus des Populismus. Ob links oder rechts.
Trotz allen Gezeters aber: Der Linken geht es gut. So gut, dass sie sich wieder einmal, gegen alles, was an eigener Parteigeschichte vorliegt, zur Vorkämpferin von Gerechtigkeit und Rechtsstaat stilisiert. Der Skandal besteht im Übrigen nicht darin, dass bekennende Kommunisten in der Linkspartei vom Verfassungsschutz beobachtet werden, obwohl ihnen auch mit den Mitteln der Agora beizukommen wäre, sondern dass dieser die Rechtsextremisten nicht unter Kontrolle hat, von den aus dem Ruder gelaufenen V-Leuten gar nicht erst zu reden.
Apropos: Hat der Verfassungsschutz auch in der Linken V-Leute? Und wenn ja, wer könnte es dort sein? Nur als Gedankenspiel, sozusagen für den kleinen Gerüchtehunger zwischendurch: Sahra Wagenknecht? Oskar Lafontaine? Warum ausgerechnet die Beiden? Veilleicht ist es ja auch nur Klaus Ernst, der andere Parteivorsitzende? Und warum der? Weil er ein dickes Auto fährt, das noch nie angezündet wurde?
Die Linke ist sicherlich nicht mit der NPD zu vergleichen, dafür aber mit der SED, der totalitären Staatspartei der DDR. Mir ihr hat sie wohl noch so manches gemeinsam, und dass sie sich wieder einmal in der Tradition der antifaschistischen Ideale zu platzieren versucht, ist dreist. Die Kommunisten haben in der Weimarer Zeit nicht die Nazis bekämpft, sondern die Republik und die Demokratie. Und nicht zu vergessen: Die Linke ist auch die Erbin des Hitler- Stalin-Pakts.
Dieser ist einfacher zu erklären, als den Sachwaltern der Utopie lieb sein kann: Stalin war genau sowenig ein Antifaschist, wie Hitler ein Antikommunist war. Und was ist mit dem neuesten Schlagwort der Linken, „nazifrei“? Erinnert uns das an gar nichts mehr?
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