Thomas Rietzschel / 05.09.2019 / 12:00 / Foto: Pixabay / 18 / Seite ausdrucken

Neue Stiefel braucht das Land!

Niemand wünscht sich eine Regierung, die beratungsresistent wäre. Das gütige Schicksal bewahre die Demokratie vor Politikern, die glauben, alles besser zu wissen. Wo sie das Sagen haben, drohen diktatorische, wenigstens autokratische Verhältnisse: die ideologische Bevormundung der Bürger durch psychisch Gestörte. Souveränität beweist dagegen, wer sich beraten lässt, weil er weiß, niemand kann alles und jedes beherrschen. 

Eine Binse, ebenso wie die Tatsache, dass guter Rat teuer ist. Allerdings verlangt auch die Auswahl der Sachverständigen eine gewisse Kompetenz. Nur wenn ihre Verpflichtung zu einer effektiveren Organisation der Regierungsarbeit führt, ist sie sinnvoll. Wo diese Ergebnisse ausbleiben, drängt sich der Verdacht auf, dass die Politiker nicht einmal die Probleme erkannt haben, die es zu lösen gilt. 

Die 333 Millionen, die die Bundesregierung in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres an diverse Consulting-Unternehmen überwies, wären gut angelegtes Geld, hätten sie denn dazu geführt, die Abläufe in den Ministerien zu verbessern, zumal im Bereich der Verteidigung, wo allein 155 Millionen ausgegeben wurden. Davon kann bisher keine Rede sein. Vielmehr scheint es, dass immer mehr Köche verpflichtet werden, die den Brei verderben.

Wer hat die Bestellung verschlafen?

Zu beobachten ist ein Gewusel, in dem die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Erst vor wenigen Tagen haben wir erfahren, dass es der Bundeswehr nicht bloß an treffenden Flinten, fahrtüchtigen Panzern und flugfähigen Hubschraubern, sondern auch an Stiefeln für die Soldaten fehlt. Wer hat die Bestellung verschlafen? Braucht das Bundesministerium für Verteidigung einen Stiefel-Berater? An Unternehmen, die den Job für die eine oder andere Million übernehmen würden, fehlt es nicht.

Längst haben sie erkannt, wie leicht es fällt, im Geschäft mit den Dilettanten ihren Schnitt zu machen, ohne selbst Verantwortung für das Chaos zu übernehmen. Mit ihrer Hybris haben sich die Politiker den Beratern ausgeliefert. Zunehmend profitieren diese vom Notstand des Parteienstaates, indes die Politiker mit dem Rücken zur Wand stehen. Denn ohne ein Mindestmaß an Sachverstand lässt sich kein Ministerium führen. Wo aber soll diese fachliche Kompetenz herkommen, solange die Ämter als Sinekuren vergeben werden, der oder jene ein Ministerium bekommen, nur weil sie sich lange genug für ihre Partei krummgelegt haben? 

Dar Kasus knacksus ist weder die gelegentlich aufgedeckte Vetternwirtschaft der Regierenden mit Verwandten und Freunden, noch sind es die Kosten der eingekauften Beratung. Das mag von Fall zu Fall den berechtigten Zorn der Steuerzahler erregen. Doch würde es wenig bringen, allein diesen Sumpf trockenzulegen. Entscheidend ist das Versagen der staatlichen Strukturen: die fachliche Überforderung der politisch organisierten Fachministerien.

Der Sachverstand wird dazugekauft

Nichts beweist das deutlicher als deren wachsender Beratungsbedarf. Er entspricht einer schlichten Notwendigkeit. Und nichts wäre gegen den Ankauf des nötigen Sachverstandes einzuwenden, ginge er mit einem Rückbau des überholten Beamten-Apparats einher. Wozu beschäftigen die Ministerien mehr als 20.000 Mitarbeiter, wenn sie zur Bewältigung anstehender Aufgaben Externe anheuern, um ihren Rat nachher in den Wind zu schlagen? 

Solange sich der Staat beides leistet, personell aufgeblähte Ministerien und hoch bezahlte Berater, kann dabei bloß das blanke Chaos herauskommen. Die alten Zöpfe müssen endlich abgeschnitten werden. Auf der Agenda steht der Aufbau einer Expertenregierung, deren Angestellte so unabhängig sind, dass sie zuerst fachlich entscheiden können. Dann erst wären sie auch politisch zur Verantwortung zu ziehen.

Mit dem verschwiemelten Verfahren, sich den Sachverstand durch die Hintertür ins Haus zu holen, wird nur die Agonie fortgesetzt. Es entstehen Kosten, die sich nicht länger rechtfertigen lassen. Die Arbeit wird doppelt erledigt, scheinbar von dem Ministerium und tatsächlich, wenn schon nicht durchweg zufriedenstellend, von den Beratern. Diesen gordischen Knoten zu durchschlagen, wäre die Aufgabe von Politikern, denen das Ganze mehr gilt als der politische Einfluss ihrer jeweiligen Partei: die ideologische Lenkung der bürgerlichen Gesellschaft. 

Dass die politische Kaste davor die Augen verschließt, koste es, was es wolle, wird das Schicksal, das ihr droht, nicht abwenden. Den Dilettanten entgleitet die Herrschaft zusehends. Schon heute gehen sie am Gängelband ihrer Berater. Die Rechnung begleicht der Steuerzahler. Am Ende des Jahres könnte sich der Saldo locker auf eine Milliarde belaufen.

Foto: Arnold Vaatz CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Rudolf George / 05.09.2019

Ich bin ja für Metaberater: Berater, die beraten, welche Berater man sich hole.

Michael Hoffmann / 05.09.2019

Ihr Optimismus in Ehren, Herr Rietzschel, aber Sachverstand einzukaufen wird auch nicht mehr funktionieren. Denn mittlerweile ist Kompetenz eine Nadel, die man im Heu- bzw. Sauhaufen Deutschland mit der Lupe bzw. dem Magneten suchen muß. Wenn das anders wäre, müßte Deutschland ja technologisch und infrastrukturell führend sein. Kurz: Wir können es nicht mehr. Eine Folge des verheerenden Bildungsverfalls (Geistes- wie Herzensbildung) der letzten Jahrzehnte. So etwas macht sich, wenn überhaupt, schleichend bemerkbar. Der Mensch, der es nicht anders kennt, gewöhnt sich halt auch an verspätete Eisenbahnen und baufällige Schulen. Wie eben auch an eine Kanzlerin, die gefühlt schon das komplette eigene bewußte Leben lang regiert.

Ilona G. Grimm / 05.09.2019

Alte Weisheit: Wie der Herr, so’s Gescherr, wie der Kaiser, so der Schmarrn. Wenn die Damen und Herren Minister ihren Job nicht verstehen wollen/können/dürfen, haben die Subalternen auch keine Lust, ihren Job ordentlich zu erledigen. Und da die Kaiserin sowieso alles besser weiß als jeder andere, kann man die Kohle gleich für Schlepperorganisationen ausgeben. Wer doch gelacht, wenn wir die von der UNO gewünschten 240 Mio. Einwohner für Deutschland nicht zustande bekämen.

Peter Volgnandt / 05.09.2019

Ich frag mich echt, was die den ganzen Tag im Verteidigungsministerium treiben. Sesselfurzen, Nasebohren und sich zum Mittagessen verabreden? Ich frag ja nur! Wenn ich mir Wanderschuhe kaufe, dann geh ich in das Schuhgeschäft und kauf mir welche. Einen externen Berater, die Schuhverkäuferin brauch ich dazu nicht. Hat bis jetzt immer geklappt. Stiefel sind für Infanteristen extrem wichtig. Er soll damit blasenfrei lange Märsche absolvieren können. Kann man sich denn nicht von den Herstellern bemustern lassen und ein paar Soldaten mit denen vier Wochen durchs Gelände laufen lassen? Danach schaut man, welcher Stiefel ist der beste, Abnützung Komfort, Wasserfestigkeit usw. Was ist da so schwierig dran?

Volkmar du Puits / 05.09.2019

Es braucht schon extreme Weltfremdheit, zu glauben, der Zustand der Bundeswehr entspränge Unfähigkeit. Und auch die bei jeder Gelegeheit benutzte Phrase: “So kann es nicht weitergehen, wir müssen…”, nach der es regelmäßig genau SO weitergeht, höchstens verschärft, entspringt weder Naivität noch Ratlosigkeit sondern ist Teil eines offenbar funktionierenden Planes. Immerhin sind die Urheber der Misere weiter am Wirken. Oder hat die neue inzwischen Stiefel und Ersatzteile bestellt?

Karla Kuhn / 05.09.2019

“Dass die politische Kaste davor die Augen verschließt, koste es, was es wolle, wird das Schicksal, das ihr droht, nicht abwenden. Den Dilettanten entgleitet die Herrschaft zusehends. Schon heute gehen sie am Gängelband ihrer Berater. Die Rechnung begleicht der Steuerzahler. Am Ende des Jahres könnte sich der Saldo locker auf eine Milliarde belaufen.”  Die Soldaten können sich doch im Drogeriemarkt jeder Paar Badelatschen kaufen, die sind billig und dann blieben die MILLIONEN für die BERATER übrig ??  Über diese ehemalige AGIT PROP aus dem Sozialismus, heute-KANZLERIN- (die größte natürlich des des ganzen Universums) kann ich nur sagen VON MERKEL LERNEN- heißt NICHT SIEGEN LERNEN ” Wer will noch mal, wer hat noch nicht ? Es gibt wahrscheinlich noch jede Menge Jobs in der Politik zu vergeben mit hervorragendem GEHALT (der Steuerzahler zahlt von “Herzen gerne”), offensichtlich auch an unqualifizierte Kräfte. Die Bewerbungszeit läuft solange, solange Merkel im Amt ist. KEINE Angst, auch bei einer “Berateraffaire” passiert nichts, Leyen ist das beste Beispiel dafür ! ODER wird etwa ERMITTELT gegen diese Frau ?  Jetzt hat ja die “Expertin” AKK das Ruder übernommen, vieleicht strickt sie den Soldaten jedem Paar warme Socken als Entschädigung ? Reinhard Mey kann es mit seinem Narrenschiff (auch wenn er es nicht für diese Regierung geschrieben hat)  NICHT BESSER ausdrücken !!

beat schaller / 05.09.2019

Danke Herr Rietzschel, das ist wirklich klar und deutlich ausgedrückt. Eigentlich ist auch dieses Zerwürfnis schon lange sichtbar, aber, dieses Beamtentum hat sich eben auch, gerade wie die Presse und die öffentlich rechtlichen TV Anstalten als gigantische Kraft zum Machterhalt der nicht fähigen Politik fest installiert. Es ist vermessen, zu meinen dass sich das so einfach auflöst. Ein Blick in die Amtsstuben, vor allem wenn man etwas haben sollte, zeigt doch jedem Bürger sofort die “Schranke der Macht” auf. Sei es im Arbeitsamt, im Steueramt, im Sozialamt, im Gemeindebüro. Überall sitzen kleine “Könige” die je nach Laune und Tagesform , ihre Macht auf unzählige Art und Weise demonstrieren. Meistens muss man dafür noch bezahlen. Man kann sich selbst, bei solch einem gang zum Amt , genau beobachten, wie man versucht, möglichst “glatt”  und unterwürfig zu wirken. Ja keine Konfrontation.  da merkt man selber, wie weit man bereits Gehirn-gewaschen ist. b.schaller

Marcel Seiler / 05.09.2019

Es braucht ein Minimum an Kenntnissen und Fähigkeiten, ein Ministerium zu führen. Das gilt auch, wenn man sich beraten lässt, denn man muss Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, die richtigen Berater zu wählen sowie den erhaltenen Rat zu verarbeiten. Bei den Politikern, die das jetzige System nach oben spült, sind diese Fähigkeiten nicht mehr vorhanden. Das jetzige System verhindert, dass Menschen mit Qualität in die vorderen Reihen kommen. Ich mache dafür das deutsche System aus Listenwahl, Parteienrecht, Parteienfinanzierung und inzwischen erfolgter Verfilzung von Parteien, Regierungsapparat, der oberen Ministeriumsebenen sowie Presse und öffentlichem (d.h. Staats-) Rundfunk verantwortlich.

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