Martina Binnig, Gastautorin / 09.08.2021 / 16:00 / 19 / Seite ausdrucken

Neue Orchester-Sitzordnung nach Impfstatus?

Bislang saßen die Mitglieder eines Orchesters nach Stimmgruppen verteilt. Damit könnte jetzt Schluss sein, denn demnächst dürfte für die Sitzordnung ein ganz anderes Kriterium ausschlaggebend sein: der Impfstatus.

Von Martina Binnig.

Bislang saßen die Mitglieder eines Orchesters nach Stimmgruppen verteilt: hier die Geigen, dort die Bässe, hinten das Blech und so weiter. Damit könnte jetzt Schluss sein, denn demnächst dürfte für die Sitzordnung ein ganz anderes Kriterium ausschlaggebend sein: der Impfstatus. Das sei übertrieben, denken Sie? Nicht unbedingt, wenn man sich den Schlagabtausch unter Musikern anschaut, wie er derzeit etwa auf Facebook tobt. Vor Corona waren gerade die freien Orchester, die sich selbst organisieren und finanzieren, geprägt von einem besonderen Teamgeist. Schließlich gibt es dort keine Festanstellungen, sondern gebucht wird, wer durch seine Leistung überzeugt und sich kollegial verhält. Dazu muss man wissen, dass freie Orchester keineswegs mit Amateurensembles gleich zu setzen sind, sondern dass sie beispielsweise im Bereich der Neuen oder der Alten Musik den Normalfall darstellen. Genau diese professionellen Freiberufler waren und sind von den Corona-Maßnahmen am stärksten betroffen, während etwa Orchester in kommunaler Trägerschaft grundsätzlich auch im Lockdown finanziert werden. 

Jetzt droht zusätzliches Ungemach für die freien Professionellen, denn wer im Kollegium erwünscht ist oder nicht, wird zunehmend an die Impfbereitschaft gekoppelt: Wer sich nicht impfen lasse, sei ein „a-hole“, schreibt etwa ein Musiker in einem Facebook-Chat und erhält Zustimmung. Anlass des Chats war der von ZEIT ONLINE am 23. Juli veröffentlichte Artikel „Corona-Impfung: Eine Diskriminierung von Ungeimpften ist ethisch gerechtfertigt“. Ein weiterer Chat-Teilnehmer fügt hinzu, dass Impfgegner „alle einen an der Waffel“ hätten und dagegen leider „kein Pieks der Welt“ helfe. Dabei zieht er offenbar keine Sekunde lang in Betracht, dass Skepsis gegenüber den neuen Technologien, die buchstäblich nicht mit herkömmlichen Impfungen vergleichbar sind und bisher nur eine Notzulassung erhalten haben, nicht unbedingt mit genereller Ablehnung von Impfungen korreliert. Ein anderer fordert, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen, im Falle einer Covid-19-Erkrankung die Kosten auf der Intensivstation selbst bezahlen sollten, und wieder pflichten ihm einige bei. Und dann wird es konkret. Bei einem anstehenden Projekt seien zwei „Impfunwillige“ dabei, berichtet einer, und plötzlich steht die Frage im Raum: „Warum werden die nicht ausgeladen?“ 

Wieder vertrauensvoll miteinander musizieren?

Wohlgemerkt: Diese Diskussion entspann sich nicht im anonymen virtuellen Raum, sondern unter Musikern, die sich persönlich kennen, und sogar unter der Annahme, dass sie selbst, da geimpft, geschützt seien. Dennoch wollen sie mit Ungeimpften nichts zu tun haben. Es ist daher tatsächlich keineswegs ausgeschlossen, dass künftig ungeimpfte Orchestermitglieder von geimpften räumlich separiert werden und sich ein ungeimpfter Bratscher plötzlich neben einer ebenfalls ungeimpften Tubistin wieder findet. Sofern sie überhaupt noch mitspielen dürfen. Denn schließlich seien die Ungeimpften ja auch Schuld, wenn im Herbst die Beschränkungen wieder verschärft werden müssten und es deswegen zu Konzertausfällen komme. 

Doch was ist, wenn sich der auf einer Studie beruhende Hinweis der US-Gesundheitsbehörde C.D.C, Geimpfte seien in Hinblick auf die Deltavariante ebenso ansteckend wie Ungeimpfte, weiterhin bewahrheiten sollte? Was ist, wenn immer mehr Menschen bewusst wird, dass die propagierte Massenimpfung eben kein Allheilmittel ist und sich Coronaviren nicht ausrotten lassen wie etwa die Pocken? Können die Fronten dann noch aufrecht erhalten werden? Vielleicht erübrigen sich derlei Überlegungen bald auch schlichtweg dadurch, dass kaum noch Konzerte in größerer Besetzung stattfinden werden. Nämlich aus ökonomischen Gründen. Falls irgendwann doch alles wie auch immer durchgestanden sein sollte: Wie werden sich die von ihrer moralischen Überlegenheit überzeugten Geimpften und die diffamierten Ungeimpften begegnen? Werden sie wieder vertrauensvoll miteinander musizieren, als wäre nie etwas gewesen?

Dieser Beitrag erschien zuerst bei 1bis19.

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet als Musikerin, Musikpädagogin und Musikwissenschaftlerin. Außerdem war sie als freie Journalistin tätig, darunter fünfzehn Jahre lang für die Neue Osnabrücker Zeitung.

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Leserpost

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Sabine Heinrich / 09.08.2021

Och - also ich freue mich schon auf das nächste Konzert - falls ich zu dem überhaupt Zutritt habe - wenn z.B. die Trompeten neben den Geigen sanft blasen und sich die Pauke mit der Harfe duelliert. Und der Trompeter in die Geige bläst und und - nun ja…Den Flötistinnen wünsche ich ein maskulines Durchsetzungsvermögen gegen die in jeder Hinsicht raumgreifenden Posaunisten und Tubisten. Wann werden diese Männer eigentlich endlich ausgetauscht durch lesbische, möglichst behinderte Frauen mit Migrationshintergrund und eingeschränkter Bildung? Oder sogenannte Männer mit ähnlicher Qualifikation? Ich musste sofort an Loriot denken - ich glaube, der unglaubliche Dialog mit Evelyn Hamann hieß “Geigen und Trompeten” - hat zwar mit der derzeitigen Rundumverblödung nichts zu tun - aber irgendwie doch…! Die derzeitige Situation kann ich nur noch mit schwarzem Humor ertragen.

RMPetersen / 09.08.2021

Es ist sinnlos, mit Argumenten gegen Massenhysterie und Propaganda bestehen zu wollen. Wahrscheinlich muss sich dieser Wahn erst totgelaufen haben; das zustimmende Geschrei des Publikums zu “Wollt Ihr den totalen Impfkrieg ...” wird erst dann aufhören, wenn das ganze - geistig-soziale - Umfeld in Schutt und Asche gelegt worden ist. Ich hoffe darauf, dass dann Werte wie Familie. Solidarität, Vernunft, Respekt und Rechtsstaatlichkeit wieder eine Chance haben. Vielleicht dauert es bis dahin einige Jahrzehnte, aber kein Unrecht ist von Dauer.

Reinhold Schmidt / 09.08.2021

Aus dem Deutschen Ärzteblatt. Bezieht sich auf neueste Zahlen von Public Health England (PHE). “...Irritierend ist allerdings, dass die Ct-Werte, die ein Marker für die Viruslast im Abstrich und damit für die Infektiosität sind, bei einer Durchbruchinfektion mit der Delta-Variante ebenso niedrig sind wie bei einer Infektion einer ungeimpften Person. Der Ct-Wert gibt an, wie viele Zyklen bei der Polymeraseketten­reak­tion (PCR) bis zum Nachweis des gesuchten Virusgens notwendig sind. Bei einer hohen Viruslast ist dies früher, also bei einem niedrigen Ct-Wert der Fall. Bei der Alpha-Variante war dies anders gewesen. Doppelt Geimpfte hatten bei einer Durchbruchinfektion einen hohen Ct-Wert und waren damit nicht so ansteckend. Bei der Delta-Variante sind Menschen bei einer Durchbruchinfektion zumindest in den ersten Tagen hoch ansteckend…” Da sollte man sich zukünftig wohl besser von vollständig “Verimpften” fernhalten. Und ganz prima ist es ja dann auch, dass Geimpfte nicht mehr getestet werden müssen. Macht Sinn.

Wilfried Cremer / 09.08.2021

Sehr geehrte Frau Binnig, man muss die Spaltung nehmen, wie sie ist. Sie sollten Fraus genug sein, ein Orchester der Normalgebliebenen zu gründen; die Musik wird himmlisch sein.

Mike Höpp / 09.08.2021

Liebe Frau Binnig, Musik ist für mich nur Hobby, höre gerade die LP mit Bruckners 3 mit Karl Böhm. Aber von ganzem Herzen stimme ich Ihnen zu! Nicht, dass Orchesteraufstellungen nicht im Wandel begriffen gewesen wären….Ursache aber waren stets klangliche Überlegungen. Mögen Sie Stoki?Außer Frage dennoch stets: in einem Verbund, das ein Orchester auch ist, ist Kommunikation überaus wichtig. Ja, die komplette! Via verbaler und nonverbaler Äußerung. Nur eine blöde Überlegung: Casals das Grunzen verbieten bei Bachs Cellosuiten? Gould das Mitsingen….wegen einer Infektionsgefahr? Gould war ja paranoider als Lauterbach, gestorben aber ist er anders und viel zu früh, der andere lebt noch noch und orakelt, weas dsas Zeug hält. Mehr schreibe ich jetzt lieber nicht…..Ihnen aber alles Gute!

Petra Wilhelmi / 09.08.2021

Ich habe vorhin gerade etwas Amüsantes gelesen. In Italien in einem Restaurant wurde getestet. 11 von 12 Mitarbeitern wurden positiv getestet. Alle waren ein oder auch 2 x geimpft. Der 12. wurde negativ getestet und war ungeimpft. Sehen wir mal von der Qualität des Testes ab, so ist das doch der Lacher an sich.

Harald Unger / 09.08.2021

Dieses feindselige und irrationale Verhalten der ‘Geimpften’, ist ein Hinweis auf die hochgradige Wirksamkeit der unaufhörlichen Gehirnwäsche, die sich aus den Regime Medien ergießt. Mittels dieser Agitprop, lässt sich das Maskenvieh jederzeit und zu jedem Thema, punktgenau feinjustieren. Mental ist das in seinen letzten Zügen liegende, ehemals freie Bürgertum, nicht im Jahr 2021 sondern im Jahr 921.

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