Neue Normalität? Alles hat sich längst angekündigt!

Die „neue Normalität“ beziehungsweise das „new normal“ wurde schon in der Frühphase der Corona-Verordnungen propagiert. Bereits damals war klar, dass man keinen kurzen Ausnahmezustand, sondern dauerhafte Veränderungen implementieren wollte.

Die Kritiker dieser neuen Zeit seien, so ARD-Mann Rainald Becker bereits vor einem halben Jahr, allesamt „Wirrköpfe“ und „Spinner“ (hier kommentiert von Gunnar Kaiser). „Es wird keine Normalität mehr geben wie vorher“, wies er die Dissidenten streng zurecht. Das mag die Anhänger der Freiheit und des gesunden Menschenverstands erzürnen, die noch an gestrigen Ritualen wie dem Händeschütteln, dem Umarmen oder dem Feiern hängen. Doch es stellt sich die Frage: Welche Normalität hatten wir im Februar dieses Jahres oder im November 2019 eigentlich?

Es war zwar noch nicht normal, Masken in der Schule zu tragen, aber es hatte sich seit den 2000er Jahren eingebürgert, dass viele Schulen und Kindergärten mitgebrachtes Essen regulieren und angeblich „ungesundes“ verbannen. Teils werden die Brotdosen der Kinder durchsucht. Wäre vor Jahrzehnten noch undenkbar gewesen, gehört aber inzwischen zum Repertoire der Ernährungsgängelung und Genussbeschränkung, die sich zum Beispiel in staatlich forcierter „Reformulierung“ von Lebensmitteln oder dem Verbot knuspriger Pommes niederschlägt.

Es war noch nicht normal, dass der Passagierluftverkehr stark unter viralen Reisebeschränkungen leidet, aber die „Flugscham“ hatte sich in bestimmten Kreisen schon ausgeprägt. Die abwertende Moralisierung von Massenmobilität und Tourismus gehört dort zum guten Ton. Verkehrspolitik wird zunehmend von einem Zurück zum Fahrrad statt zu einem Voran ins Flugtaxi charakterisiert.

Raucher sind „Entnormalisierung“ schon lange gewöhnt

Es war noch nicht normal, dass Gaststätten durch einen Lockdown ganz schließen mussten. Die gesetzlichen Rauchverbote jedoch hatten unter anderem schon vielen Kneipen in Bundesländern mit Totalbann den Garaus gemacht oder das Wirtschaften erschwert. Es war in diesem Zusammenhang ebenso wenig normal, dass man in Fußgängerzonen faktische Rauchverbote verhängt (wegen der Maskenpflicht), die Bekämpfung des Tabakkonsums hatte aber schon Jahrzehnte lang diverse gesetzliche Normen geschaffen und gesellschaftliche Normen geprägt.

Hier spricht man schon ewig von einer „Entnormalisierung“ des Rauchens beziehungsweise des Tabakgenusses, auch offiziell von Seiten der WHO oder der EU. Aus Sicht der WHO besteht übrigens seit Jahrzehnten eine „Pandemie des Rauchens und anderer Formen des Tabakgebrauchs“ beziehungsweise eine „globale Tabakepidemie“. Derart durch die Seuche ihres eigenen Verhalts abgehärtet, sind Raucher vom jetzigen Coronavirus viel weniger betroffen.

Apropos WHO: Es war noch nicht normal, dass jeder, der auf den großen Einfluss verwies, den Pharmakonzerne und Bill „Weltimpfwart“ Gates auf die Weltgesundheitsorganisation ausüben, als „Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkt wurde. Diesen Einfluss haben sie aber nicht erst seit gestern, und die WHO ist nicht erst durch ihren umstrittenen Umgang mit Corona eingangs des Jahres ins Gerede gekommen.

Die Spielräume werden kleiner und vieles geht verloren

Dass man Youtube-Videos mit dem Argument löscht, sie widersprächen bei Covid der offiziellen WHO-Linie, war ebenso wenig normal. Automatische Disclaimer unter kritischen Videos zur Klimapolitik, man fände stattdessen bei Wikipedia die Wahrheit, hatten sich zuletzt aber bereits breitgemacht.

Es gäbe zahlreiche weitere Beispiele. Eines sei aus naheliegendem begrifflichen Grund noch genannt: Normalbenzin gibt es seit zehn Jahren auch nicht mehr. Norm ist E10, mit Bioethanol-Anteil, sprich: Beim Fahren muss man Nahrungsmittel verbrennen. Normal war früher anders.

Wann war früher? Was etwa im Jahr 1968 Ansehen genoss – Massenwohlstand, technisch-wissenschaftlicher Fortschritt, autogerechte Stadtplanung, sichere Energieversorgung, Nationalstaaten, Zukunftsoptimismus und so weiter – hat nicht zuletzt durch die damals entsprungene Neue Linke nach und nach eine massive und gezielte Abwertung erfahren. Insbesondere seit der Jahrtausendwende beschleunigen sich entsprechende Prozesse zunehmend. Bei der EU-Machterweiterung, der Energiepolitik, der Regulierungsdichte, den Umerziehungsagenden, der verengten Debattenkultur und, und, und – die Spielräume werden kleiner und vieles geht verloren, ohne durch etwas besseres Neues ersetzt zu werden. Auch deshalb, weil sich die Menschen zum großen Teil an immer mehr Bevormundung gewöhnen und manches kampflos aufgeben. Was wiederum nur zu mehr Bevormundung führt.

Das Irrenhaus der Postmoderne

So betrachtet, hat diese Entwicklung in Form der Coronapolitik keine ganz neue Qualität erreicht, sondern nur erheblich an Tempo zugelegt. Ich habe schon kurz „vor Corona“ die These in den Raum gestellt, „dass wir in die Postmoderne abgleiten, so wie früher die Antike im Mittelalter versunken ist. Vielleicht markiert das Jahr 2000 ebenso wie das Jahr 500 oder das Jahr 1500 als grober Zeitpunkt eine epochale Wende.“ Je deutlicher sich dies abzeichnet, umso weniger darf man sich wundern, wenn ein Erkältungsvirus keine hochmodern-rationalen Reaktionen hervorruft, sondern eher mittelalterliches Flagellantentum.

1998, in modernen Zeiten, sprach Joschka Fischer anlässlich der rot-grünen Koalitionsverhandlungen davon, dass die „die Abschaffung von Weihnachten, das Verbot von Silvester und die Ausbürgerung des Osterhasen“ noch strittig seien. Jetzt, in postmodernen Zeiten, stehen die ersten beiden Punkte kurz vor der Umsetzung. Und Fischer träumt heute von der „‚Großen Transformation‘ […] hin zu einer Gesellschaft der Nachhaltigkeit“. Auch nicht neu, den „Great Reset“, mit dem uns das Weltwirtschaftsforum aktuell zwangsbeglücken möchte, hat dessen Gründer schon früher im diesem Jahrtausend formuliert.

Es hilft also nichts, nun ein „normales“ Weihnachten wie im vergangenen Jahr herbeizusehen oder dem letzten Neujahrsurlaub nachzutrauern. Selbst wenn früher alles besser gewesen sein sollte, war früher damals schon lange vorbei. 2020 gibt sich bisher höchst grotesk, ist aber keineswegs vom Himmel gefallen. Es wäre schon vorher angebracht gewesen, dem Irrenhaus der Postmoderne den Rücken zu kehren. Alternativlos ist nichts, eine weniger düstere Zukunft liegt immer noch in unseren Händen.

Dieser Beitrag erscheint auch bei Novo-Argumente.


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RMPetersen / 28.11.2020

Vorwärts ins Nichts? Oder zurück in die Zukunft? Immerhin hat “unser grosser Bruder” (= USA in Form des fast electeten Neuen Präsidenten) versprochen: “‘America is back’ at the head of the table”. Es soll also wieder so werden wie früher, vor dem Trumpschen Sündenfall, der in einem Rückzug aus der Weltpolizei-Rolle bestand. Und da Biden im Herzen ein Konservativer ist, was man an seiner Beteiligung an früheren machtpolitischen und wirtschaftlichen Entscheidungen sieht, wird er in seinem Alter keine “neue Normalität” unter “America is back at the head on the table” verstehen. Die bald-electeted Vize-Chefin ist übrigens sicherheitspolitisch auch konservativ, was von Deutschland aus wegen ihrer europäisch-indischen Erscheinung wohl nicht verstanden wird. “Widdewiddewit-BumBum -ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt” heisst das Prinzip der deutschen Regierend*Innen. Sie können sich wohl nicht vorstellen, dass jemand “zurück zur Normalität” möchte, nämlich zu dem bekannten Zustand, der garnicht schlecht war. Hofen wir, dass es gelingt, die irrlichternden “Mit-Corona-zu-Re:Set und Transformation”-Illusionisten einzufangen. (Bei Schäuble sollte das gelingen, der ist ja von ähnlichem Geiste wie Biden.)

PALLA, Manfred / 28.11.2020

“ANTI-Autoritäre”  ER-ZIEHUNG (sic!) haben die 68er doch im Nachgang an ihrem Nachwuchs praktiziert ?!? - und überhaupt: - WARUM zum TEUFEL heissen die KINDER-Gärtner-innen und -aussen heute ERZIEHER ?!? - wie “irre” ist das denn ???  ;-)

Gerd Heinzelmann / 28.11.2020

Frau Merkel behandelt uns herabsehend wurschtig. Aus meiner Sicht gibt es nicht einen Grund, sie nicht genauso zu behandeln. Im Gegenteil, wir sind der Souverän und die Zeit wird knapp. In einem Land, in dem die RAF oder ihre Sympathisanten das Parlament per Mandat besetzen, stimmt etwas ganz und gar nicht. Links- und Rechtsextremisten haben sich längst verbündet.

Gert Köppe / 28.11.2020

@Frances Johnson: Ich schrieb “z.B.”, also zum Beispiel das Rauchverbot. Es ist NUR EIN Beispiel und es geht nur um Kneipen und nicht Restaurants, wo man zum Essen hingeht. An Alternativen mangelt es nun wirklich nicht, wenn man nur will. Offensichtlich haben Einige verlernt mal ein gemütliches Treffen selbst zu organisieren. Ich brauche dafür jedenfalls keine Kneipe. Es geht auch nicht unbedingt um das Rauchverbot, sondern sämtliche sinnlosen Verbote. Wenn dem Deutschen noch der aufrechte Gang verboten würde, dann krabbelt das halbe Land wahrscheinlich wieder auf allen Vieren. Hauptsache Gehorsam.

Dr. Stefan Lehnhoff / 28.11.2020

Ja, ich will wieder vor 1968 - aber auch Sie verraten leider nicht, wie wir das erreichen. Weder beim Thema Kampf, noch beim Thema Flucht. Zur Zeit kümmere ich mich um beides, aber wirklich durchschlagender Erfolg ist nicht in Sicht. Also her mit den Tipps: In welches Land fliehen? Wasuist heute noch eien Fluchtwährung? Welche Offshore-Banken sind wirklich empfehlenswert? Wie stellt man heute eine Untergrundarmee auf? Wie bringt man Bill Gates dazu, die Leute, die sich freiwillig impfen, wirklich durch dieses von der Erde zu entfernen? Was machen wir eigentlich, wenn das tolle passiert, und die jetzigen Machthaber wirklich davongefegt würden - sind wir da gerüstet? Fragen über Fragen. Bleibt die Hoffnung, dass die Postmoderne mit Corona soweit überzogen hat, dass die Leute allmählich aufwachen und die neue Aufklörung sich durchsetzt. Hoffnung stirbt ja zuletzt.

dr. michael kubina / 28.11.2020

Das wird, wie alle eschatlogischen Bewegungen, in einer großen Katatsrophe enden, je nach “Erfolg” der neuen “reset”-Bewegung für die Anhänger derselben, für Deutschland, für den Westen oder fast die ganze Welt. Wir stehen ja erst am Anfang. Die derzeitigen Akteure, sind viel zu alt, um das noch groß vorantreiben zukönnen. Was wird die junge Generation machen? Ganz bestimmt nicht uns fragen. Die Analogie zum Ende der römischen Welt und dem Abtauchen ins Mittelalter, mit dem Verlust eines großen Teils des einstigen Wissens, kommt mir auch oft. Aber wir sollten nicht vergessen: Die gothischen Kathedralen, die wir jetzt so bewundern und als acchtenswerten Teil unserer Geschichte sehen, waren Ausdruck eines gigantischen Wahns, wahrscheinlich dem heutigen nicht unähnlich.

Sigrid Leonhard / 28.11.2020

@Rolf Menzen, “gigantische Überproduktion von Absolventen geisteswissenschaftlicher Studiengänge, die völlig unproduktiv sind und von niemandem gebraucht werden.” Die werden schon gebraucht und zwar von denen, die den Systemwechsel wollen - auch das wurde schon lange gezielt so eingefädelt und genau so gewollt.

Frances Johnson / 28.11.2020

Forts.: “When Briand looked at the 2020 data during that seasonal period, COVID-19-related deaths exceeded deaths from heart diseases. This was highly unusual since heart disease has always prevailed as the leading cause of deaths. However, when taking a closer look at the death numbers, she noted something strange. As Briand compared the number of deaths per cause during that period in 2020 to 2018, she noticed that instead of the expected drastic increase across all causes, there was a significant decrease in deaths due to heart disease. Even more surprising, as seen in the graph below, this sudden decline in deaths is observed for all other causes. This trend is completely contrary to the pattern observed in all previous years. Interestingly, as depicted in the table below, the total decrease in deaths by other causes almost exactly equals the increase in deaths by COVID-19. This suggests, according to Briand, that the COVID-19 death toll is misleading. Briand believes that deaths due to heart diseases, respiratory diseases, influenza and pneumonia may instead be recategorized as being due to COVID-19.” Bitte weiterleiten an die darauf spezialisierten Autoren, wenn möglich, und dann Danke.

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