Henryk M. Broder / 26.07.2020 / 14:00 / Foto: Kevin Liebig / 107 / Seite ausdrucken

Natalie Amiri wünscht sich was

Ein inzwischen 93 Jahre alter ehemaliger SS-Wachmann im KZ Stutthof bei Danzig wurde wegen Beihilfe zum Mord in 5.232 Fällen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung veurteilt, weil er "in den Jahren 1944 und 1945 mehrere Monate als Jugendlicher zur Wachmannschaft des Konzentrationslagers Stutthof gehört hatte", so fasste die Tagesschau einen Prozess zusammen, der an Absurdität nicht zu überbieten war. Es ist absurd, einen 93-Jährigen wegen Verbrechen anzuklagen, die er vor 75 Jahren begangen hat. Noch absurder ist es, ihn wegen Beihilfe zum Mord in 5.232 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen, als ob man ihm drohen wollte: "Du, du, mach so was nie wieder, sonst gibt es wirklich was auf die Löffel."

Scheintote anzuklagen und zu verurteilen, soll darüber hinwegtäuschen, dass man die deutsche Justiz wie einen kranken Hund zur Jagd tragen musste, solange noch Täter lebten, die man hätte anklagen und verurteilen können, wenn man es nur gewollt hätte. Hat man aber nicht. Der Mord am Bullenhuser Damm ist nur eines von vielen Beispielen vorsätzlicher Strafvereitelung im Dienste kollegialer Nächstenliebe.

Und jetzt, nachdem Bruno D. von einer Jugendkammer des Hamburger Landgerichts zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde, kommt Natalie Amiri vom BR daher und wünscht sich was: "Ich möchte, dass alle, die am Holocaust beteiligt waren, verurteilt werden." Sie könne es sich zwar vorstellen, "dass es schwer ist, sich als 17-Jähriger der brutalen SS-Maschinerie zu widersetzen, wenn sich keiner widersetzt". Dennoch, "Bruno D. stand auf dem Wachturm und sah und hörte die Verbrechen" und unternahm nichts dagegen. 

Heute hätten "wir Deutsche die Pflicht und die Verantwotung, dass so etwas nie wieder passieren darf", sagt Natalie Amiri, die nur Dank der Gnade der späten Geburt um die Pflicht und die Verantwortung gekommen ist, der brutalen SS-Maschinerie in den Arm zu fallen. Da hat das Mädel mit dem Welpenblick eine historische Chance verpasst.

Inzwischen berichtet sie für die ARD aus Teheran und trägt dabei "mutig und couragiert", wie Frau Merkel sagen würde, ein Tuch auf und um den Kopf, ganz so wie es "das Gesetz" im Iran verlangt. Als "ARD-Korrespondentin" müsse sie sich "an diese Schleierpflicht" halten.

So ähnlich hat sich auch Bruno D. vor Gericht verteidigt. Die Gesetze seien damals halt so gewesen und er habe sich nur an die Gesetze gehalten. Erst im Prozess sei ihm klar geworden, dass es falsch war, sich so zu verhalten.

Jetzt komme ich mit einem Wunsch. Ich wünsche mir, Frau Amiri möge, wenn sie wieder aus Teheran berichtet, das Kopftuch ablegen und in die Kamera sagen: "Ich möchte, dass alle, die den nächsten Holocaust vorbereiten und sich eine Welt ohne Israel wünschen, angeklagt und verurteilt werden, bevor sie zur Tat schreiten."

Ich fürchte, wir werden auf diesen Satz sehr lange warten müssen. Derweil Frau Amiri eine ernste Warnung an die deutschen Mitläufer ausspricht. "Unsere Schuld am Holocaust wird nie verjährt sein, auch wenn die Täter wegsterben. Jeder Einzelne kann auch heute wieder Mitläufer werden, nur kann er dann nicht mehr sagen, er wusste von nichts. Nicht heute."

Oh Natalie, mir graut vor dir.

Foto: Kevin Liebig CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Test 45: 61200

Jens Bremermann / 26.07.2020

Mich gruselt es auch vor solchen Scheinheiligen, die es entweder nicht mitbekommen, wie verdreht sie argumentieren, oder sie tun es bewußt. Ich weiß nicht was schlimmer ist. Ich weiß nur, die Welt ist voll davon. Und das macht mir Angst.

A.Engel / 26.07.2020

".......dass man die deutsche Justiz wie einen kranken Hund zur Jagd tragen musste......." Sehr gut formuliert!!Mag seinerzeit daran gelegen haben, dass man auch im "Hause Willi Geiger" nix mehr davon wissen wollte (Fritz Bauer war viel zu früh gestorben).Neulich las ich, als Dieter Kunzelmann nun zum zweriten Mal gestorben (sei), soll Jürgen Trittin getwittert haben: "Ein großer Sponti ist tot. R.I.P. Dieter Kunzelmann". So was sehe ich als Synonym für unser heutigen Gedenkens; die Denkweise der 30er ist nicht überwunden.

Burkhard Mundt / 26.07.2020

Aussehen und Intelligenz sind oft sehr gegenläufig.

Martin Müller / 26.07.2020

Es geht Frau Amiri vielleicht gar nicht um die lebenden Juden, sondern darum, die von den Nazis ermordeten Juden politisch zu instrumentalisieren, um politischen Vorteil daraus zu schlagen, um die Deutschen (eigentlich alle Weißen) moralisch erpressen zu können. Darum wird auch der "Kampf gegen Rechts" immer mehr forciert: Man will überall neue Rassisten und Antisemiten sehen, wenn sie denn weiße Hautfarbe haben sollten. Und zu den neuen Nazis wird vielleicht schon der Staat der Juden beim deutschen ÖRR geführt. Da könnte einem schon klar werden, warum Frau Amri ein Kopftuch in Teheran trägt. Vielleicht nicht weil sie muss, weil sie es möchte. Schließlich wissen deutschen Journalisten heute, wie man Haltung zeigt für die selbst definierte gute Sache - als Mitläuferin heute und wahrscheinlich auch als Mitläuferin 1933. Courage hätte sie in Teheran zeigen können, aber dafür ist ja in Deutschland voll im Widerstand. Heuchler sterben eben nicht aus...

Judith Bechtloff / 26.07.2020

Frau Amiri hat ihren Kopf also eindeutig nur, damit es ihr nicht in den Hals regnet! Ich schäme mich als Frau, das eine Geschlechtsgenossin so einen Mist von sich gibt! Frau Amiri, Sie sind eine Schande für Ihren Berufsstand, befinden sich aber leider in bester Gesellschaft!

Karla Kuhn / 26.07.2020

"Scheintote anzuklagen und zu verurteilen, soll darüber hinwegtäuschen, dass man die deutsche Justiz wie einen kranken Hund zur Jagd tragen musste, solange noch Täter lebten, die man hätte anklagen und verurteilen können, wenn man es nur gewollt hätte. Hat man aber nicht. Der Mord am Bullenhuser Damm ist nur eines von vielen Beispielen vorsätzlicher Strafvereitelung im Dienste kollegialer Nächstenliebe." "...Beihilfe zum Mord in 5.232 Fällen ....." WAS erwarten Sie denn Herr Broder ? Wäre der "BEIHELFER" ZUM MORD, der Hitler Scherge, der ja unter dem Wahnsinnigen ADOLF, also einem LINKEN sein BEIHILFE MÖRDERISCHES Handwerk voll bracht hat, eingeknastet worden, wenn er ein RÄÄCHTER wäre ?? Hitlers Mördergesindel und der irre Hitler selber waren ja ausgekochte LINKE ! Sie wurden zwar als braun betitelt aber in Wirklichkeit waren es damals SOZIALISTEN, ergo LINKE, NSDAP !! Das "RÜCKGRAT der NAZIS" !! (Deutschlandfunk, 22. 02. 2020) Als 1949 der UNRECHTSSTAAT DDR gegründet wurde, sagte meine kluge Mutter einige Zeit danach, es hat sich NICHTS geändert, erst BRAUN, jetzt ROT !! Die eigentliche Schande ist, daß überhaupt solange gewartet wurde, bis dieses üble Verbrechergesindel verurteilt wurde. Viele von denen konnten doch ganz easy in der ADENAUERREGIERUNG unterschlüpfen.. WO WAREN DENN DA DIE KIRCHEN ?? "So ähnlich hat sich auch Bruno D. vor Gericht verteidigt. Die Gesetze seien damals halt so gewesen und er habe sich nur an die Gesetze gehalten." FILBINGER, RICHTER UNTER DEN NAZIS, hatte sich so geäußert, "WAS damals RECHT war, kann heute nicht UNRECHT sein." WAS für eine dreckige MORAL !! WAS ich mich ERNSTHAFT frage ?? WARUM haben die ALLIIERTEN im NÜRNBERGER PROZEß das ganze Gesindel nicht einfach HINGERICHTET ?? UND ZWAR ALLE, die an den Morden irgendwie beteiligt waren ?? Für mich war der Prozeß eine Farce. Ich freue mich heute noch, daß mit den Ceausescus KURZER PROZEß gemacht wurde. Der Staatsanwalt war einfach Klasse !!

Helmut Scheid / 26.07.2020

Ich könnte im Iran nicht anpassungsgesteuert mich sofort dem Kopftuchzwang ergeben. Sie Frau Amiri "passte sich den Gepflogenheiten des Landes sofort an".Vielleicht hat sie diesen "Lappen aus dem Mittelalter" (Zitat: Oriana Fallaci) aber eben mal so in einer deutschen Superboutique für modische Muslimas kennengelernt und toll gefunden und wollte ihn nur präsentieren........wer weiß, wer weiß

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