Thomas Rietzschel / 17.02.2018 / 10:21 / Foto: Olaf_Kosinsky / 14 / Seite ausdrucken

Nachruf auf die SPD

Die SPD ist die älteste aller politisch aktiven Parteien Deutschlands. 1863 als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein, ADAV, in Leipzig gegründet, steht sie mittlerweile im 155. Jahr. Von daher mag es nicht verwundern, dass sie zusehends dem Delirium verfällt.

Schon seit Jahrzehnten versucht sie das Unmögliche: die Erneuerung aus sich selbst heraus. Den letzten Schritt in die Zukunft wagten die Genossen 1959 mit der Verabschiedung des Godesberger Programms, dem Bekenntnis der Sozialisten zur Marktwirtschaft. Danach trieben sie es nur noch untereinander. Eine parteipolitische Inzucht, bei der die Nachkommen den Verstand verloren, wie auch die Fähigkeit, wahrzunehmen, was in der Welt geschieht.  

Vor einem knappen Jahr, als die Umfragewerte der SPD bereits nahe der 20-Prozent-Marke lagen, donnerte Martin Schulz, eben erst mit 100 Prozent zum Parteichef gewählt, dass er die Bundestagswahl gewinnen und der neue Kanzler werden würde. Dafür hatte er seinen Vorgänger Gabriel über die Klinge springen lassen, so wie nun dieser wiederum Freund Schulz ein Bein stellte. Als lachende Dritte freut sich derweil Andrea Nahles.

Der Mann von einem anderen Stern

Um Stimmung für ihre Inthronisierung zu machen, hat sie schon einmal Olaf Scholz als „kommissarischen“ Parteivorsitzenden auf die Bühne geschubst. Gleich der „Vorgruppe“ bei einem Rockkonzert versuchte er bei Illner und andernorts, die Fans anzuheizen. Während die Agenturen meldeten, die SPD sei in den neuesten Umfragen auf 16 Prozent gefallen, sprach er, als käme er von einem anderen Stern: „Wir haben das ehrgeizige Ziel, bei der nächsten Bundestagswahl stärkste Partei zu werden und den Kanzler zu stellen.“ So redet, wer in der Gnade des Deliriums steht – das letzte Aufgebot der SPD. Mit ihrem Personal kann sie keinen „Staat“ mehr machen. Dazu langt es vorne und hinten nicht.

Zwar mangelt es den konkurrierenden Parteien nicht weniger an der nötigen Blutauffrischung. Auch bei der CDU macht ein Jens Spahn noch keinen Frühling. Die jungen Triebe des Christian Lindner sind über Nacht zurückgefroren. Nur endet mit der Auszehrung der Sozialdemokratie sehr viel mehr eine Phase bundesdeutscher Parteipolitik, nämlich eine Jahrhundertgeschichte des Ringens um die deutsche Demokratie.

Was immer man von dem Geschwätz eines Olaf Scholz, der einmal „die Lufthoheit über den Kinderbetten erobern“ wollte, von Andrea Nahles, die dem politischen  Gegner „in die Fresse“ zu hauen versprach, oder dem Spesenritter Martin Schulz halten mag, die Partei, die sie mit anderen zusammen auf dem Gewissen haben, hat dieses klägliche Ende nicht verdient. Unabwendbar ist es gleichwohl. 

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Leserpost

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Fellechner,Klaus / 17.02.2018

Ich kann diesem Freudengeschrei zum Untergang einer ehemals sozialen Partei nicht beipflichten.Was erwartet uns danach?Die AfD? Oder wird die LINKE stark? Gott behüte uns vor den GRÜNEN! Nein,dann lieber doch die SPD! Allerdings muss sie sich schleunigst auf ihre Aufgabe besinnen,POLITIK FÜR DEUTSCHLAND!

Frank Hilgers / 17.02.2018

SPD wie CDU haben die unkontrollierte Zuwanderung massiv unterschätzt. Nicht nur die Zuwanderung als solche sondern vor allem den Stellenwert den dieses Thema in der Bevölkerung hat. Und zwar quer durch alle Wählerschichten, von der SED und den Grünen mal abgesehen. Wer nun, wie die SPD, bei den Koalitionsverhandlungen wie ein Löwe für noch mehr Zuwanderung kämpft darf sich nicht wundern. Selbst die eigenen Parteimitglieder stehen nicht dahinter. Das Thema Zuwanderung wird auf absehbare Zeit bestimmend sein. Nicht nur emotional und ideologisch sondern vor allem durch die unabsehbaren Kosten von denen wir im Moment höchstens die Spitze des Eisbergs zahlen.

Michael Murmurachi / 17.02.2018

Als ich jung war – und das ist schon eine Weile her – da stand die SPD noch für Dinge, die den Menschen echte Verbesserungen brachten. Gesellschaftliche Durchlässigkeit mit Möglichkeiten zum selbsterarbeiteten Aufstieg war ein Ziel der SPD. Das ermöglichte den Menschen „selbstbestimmt“ zu leben, gut zu leben, ohne vom Staat abhängig zu sein. Heute steht die SPD für… für was, eigentlich? Ist es „Bätschi, Bätschi? Und was ist Bätschi, Bätschi? Ist es das Seehofersche „Quatschi, Quatschi“? Was auch immer, für mich steht die SPD auf keinen Fall mehr. Wenn sie absäuft, dann hat sie es auch verdient. Es ist nur schade, dass die bestens alimentierten SPD Funktionäre weiter auf Kosten der Steuerzahler bestens leben werden. Aber das wird dann auch sein Ende finden…

Jochen Lindt / 17.02.2018

Ich erlaube mir anzumerken, daß die höchsten Verluste bei der BTW nicht die SPD hatte, sondern die CDU. (26,8= -7.4%).  Die SPD hatte dagegen 20,5 also -5,1%.  Mag sein, das die SPD auf dem absteigenden Ast ist, aber die CDU steht eigentlich nur deshalb gut (besser: kritiklos) da, weil die Presse sich auf die Sozis eingeschossen hat.  Abgesehen davon ist das CDU-Personal natürlich stiller und Merkel gehorsamer als das der SPD.  Dem Trauerfall SPD wird also die Beerdigung der CDU folgen.  Und ich finds prima.

Fritz Kolb / 17.02.2018

Alles hat seine Zeit, und die der Sozen ist vorbei. Sie wollen es nicht wahrhaben, weil das zum einen schmerzt und zum anderen reiche Alimentierung versiegen lässt, aber es ist unumkehrbar. Der Auftritt von einem Herrn Scholz bei der Frau Illner war symtomatisch dafür und mehr als peinlich. Die ehemals Schwarzen, mittlerweile eher Olivfarbenen werden zeitversetzt folgen, eben deshalb. Die links/rechts-Palarisierung wird immer weiter zunehmen. Wir haben bereits ein neues Zeitfenster betreten, ohne den Grenzübertritt zu bemerken. Ich denke, dass wir bald eine neue, eher rechtskonservative politische Kraft aus der Mitte unserer Gesellschaft erleben werden.

Frank Stricker / 17.02.2018

Der größte Skandal ist und bleibt aber, dass diese Partei , die bereits ihre eigenen Nachrufe formuliert, die Politik der nächsten 4 Jahre bestimmen wird, personell wie auch themenspezifisch, da Angela Merkel außer “Kanzler bleiben” keine Visionen hat.

Bernd Ackermann / 17.02.2018

Als ehemaliger SPD-Wähler muss ich sagen: ich weine der Partei keine Träne nach. Einen Verein der Ideologen, Funktionäre und Traumtänzer braucht niemand. Mit Leuten wie Scholz oder Nahles an der Spitze wird man Schulz’ “Projekt 16” erfolgreich fortsetzen und ein “Projekt 10” daraus machen. Soll die SPD den Weg der französischen Parti Socialiste nehmen, die bei der letzten Parlamentswahl auf etwas mehr als 7% eingedampft wurde. Die gleichen Wünsche gehen an die Union, deren Mitglieder Angela Merkel auf Parteitagen immer noch wie die Duracell-Hasen mit Dauerklatschen feiern, auch da ist keine Hoffnung in Sicht.

Heiko Stadler / 17.02.2018

SPD-Stammwähler sollten nicht in Panik geraten. Auch wenn der Name “SPD” untergehen wird, lebt das Parteiprogramm der früheren SPD, die so große Politiker wie Helmut Schmidt hervorgebracht hat, weiter - und zwar in der AfD mit Politikern wie Guido Reil und Kai Gottschalk.

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