Abgesehen von gelegentlichen Fällen von „greenwashing“, für Ihren Vermögensaufbau ist „nachhaltiges Investieren“ keine gute Idee. Dann das Geld lieber gleich einer Weltrettungsorganisation überantworten.
Es ist kein neuer Trend mehr, aber im Marketing wird noch immer so getan, als sei es etwas ganz Revolutionäres: Sein Investment für gute, "nachhaltige" Dinge wie Klima und Umweltschutz, globalen Frieden und soziale Gerechtigkeit zu nutzen und damit trotzdem Geld zu verdienen.
Da international viel mehr Geld investiert als gespendet wird, musste auch die Öko-Lobby, um Einfluss zu bekommen, die Kapitalisten nicht mehr bekämpfen, sondern selbst welche werden, aber eben ein neuer Typus mit dem Ziel einer besseren Welt. Das ist durchaus gelungen, wenn man sieht, wie viele Firmenchefs heute reden und aussehen wie früher die Umweltaktivisten, mit Jeans, T-Shirt, Dreitagebart und verwuschelten Haaren.
Angefangen hat die Verbindung von Umwelt und Investment in Deutschland Mitte der 1980er Jahre, als die Umweltbewegung von der Straße in die Parlamente zog. In der Bankenmetropole und Grünen-Hochburg Frankfurt am Main wurde 1984 die Ökobank gegründet, vier Jahre später (deutsche Bürokratie war schon damals gründlich und langsam) konnte sie ihre Geschäftsstelle eröffnen. Zwar musste sie wegen Managemantfehlern und einer finanziellen Schieflage um die Jahrtausendwende den Betrieb wieder einstellen, aber ein Anfang war gemacht und mittlerweile sind umweltfreundliche oder sozial gerechte, sprich nachhaltige Investitionen längst im Mainstream angekommen.
Da Börsenmakler und Investmentberater keine Greenpeace-Aktivisten sind, die Spenden sammeln, darf neben den blumigen Worten von Nachhaltigkeit, Klima, Zukunft, Menschenrechten und dergleichen aber die „Performance“ nicht außen vor bleiben. Gutes tun (oder zumindest nichts Schlechtes tun) und damit reich werden, das wäre doch hier die "Win-Win Situation" gemäß Marketingdeutsch.
Jede gute Sache bringt bekanntlich auch immer Opportunisten hervor, die nur ihre eigenen Interessen im Auge haben. Im Falle des vermeintlichen oder tatsächlichen Nutzen für Klima, Umwelt, benachteiligte Gruppen und Völker, steht die Frage im Raum, ob das nur Marketingsprech ist, um einen medienwirksamen Verkaufsvorteil zu haben. Bei Firmen, die sich durch vorgetäuschtes Umweltengagement eine gute Presse und einen Vorteil besorgen wollen, spricht man von „greenwashing“. Die Deutsche Bank-Tochter DWS wurde genau deswegen sowohl in den USA als auch in Deutschland zu einer Millionenstrafe verurteilt (Achgut hatte berichtet). DWS ist nur einer der bekannteren Fälle.
Gutes Gewissen und wachsendes Portfolio?
Aber wie sieht die Praxis aus? Können sich gutes Gewissen und gute Rendite ergänzen? Schauen wir uns doch mal ein paar Weltrettungsaktien und -fonds an:
Biontech galt in Corona-Zeiten als die Gutmenschenaktie par excellence (auch Tesla gehörte mal in diese Kategorie), weil durch die sogenannte Impfung angeblich Millionen Menschenleben gerettet wurden. Lange ist's her. Wer die Aktie nicht vor dem Abklingen der Corona-Hysterie verkaufte, hat heute eine Altlast im Depot. Im August 2021 erreichte die Aktie einen Höhepunkt von 380 Euro, heute steht sie bei 84 Euro, Tendenz fallend.
Auch die Wind- und Sonnenenergie erwies sich als etwa so unvorhersehbar wie das Wetter. Vestas Wind, ein Hersteller von Windkraftanlagen, bekam kräftig Rückenwind von der Regierung Merkel und stand im Januar 2021 bei 42 Euro, mittlerweile ist Dauerflaute, der letzte Stand ist 13 Euro. Noch düsterer sieht es für SMA Solar (Produktion von Wechselrichtern für die Solarindustrie) aus: Vom Höchststand bei 111 Euro im Juni 2023 ging es fast ungebremst runter auf zuletzt 14 Euro.
Aktien sind natürlich immer volatiler als Fonds. Hier gibt es eine schwindelerregende Menge an verschiedenen Fonds für den bewussten Anleger, mit verschiedenen Variationen von etwas bis extra nachhaltig. Wer sich selbst einen idealen Fonds nach den eigenen Vorstellungen zusammensuchen will, ähnlich wie bei einer Datingseite, wird hier fündig. Wenn man sämtliche negativen Ausschlusskriterien aus Umwelt, Sozialem und guter Unternehmensführung ankreuzt, bekommt man immer noch 23 Fonds zur Auswahl, sozusagen die Tugendbolde. Hier nur ein paar exemplarische Beispiele, wie die so liefen (der kürzliche Kurssturz wegen der Trump-Zölle ist hier aussen vor gelassen):
Der Finreon SGKB Carbon Focus AC Fonds, dessen Fokus auf Klima und nachhaltiger Energie liegt, erbrachte seit seiner Ausgabe im April 2023, also in zwei Jahren, 7,5 Prozent Wertsteigerung, was unterdurchschnittlich ist, in den letzten 12 Monaten war es sogar ein Verlust von -1,6 Prozent.
Der Steyler Fair Invest – Equities Fonds, der sich für alles, was moralisch ist (Armutsbekämpfung, Geschlechtergleichheit, Klima, Frieden, Gerechtigkeit etc.) einsetzt, fuhr noch schlechter in der Wertentwicklung: Seit April 2022, also in drei Jahren, magere 0,4 Prozent, in den letzten 12 Monaten 1,7 Prozent, weniger als Tagesgeld bei der Bank.
Der Bantleon Global Challenges Index-Fonds fühlt sich auch 14 der insgesamt 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung verpflichtet. Für Investoren allerdings war er alles andere als nachhaltig: -12 Prozent in drei Jahren, -10 Prozent im 12-Monatsvergleich. Wenn man noch weiter zurückgeht, fällt auf, dass es nach der Ausgabe bis Ende 2021 steil nach oben ging, danach aber mit vielen Schwankungen wieder runter.
Der bekannte nachhaltige Fonds MSCI World SRI ETF, der von Black Rock ausgegeben wird, sieht es nicht ganz so eng mit den Ausschlusskriterien: Die üblichen Weltfirmen und BigTech, sogar ein paar Ölfirmen, sind dabei, ausgesprochene Sündenaktien wie Tabakfirmen und Waffenhersteller allerdings nicht. Als Investment war auch er nicht so wirklich eine Erfolgsgeschichte: In den letzten drei Jahren eine Wertsteigerung von 6,7 Prozent, in den letzten 12 Monaten sogar ein Verlust von -2,2 Prozent.
Aus Investorensicht hätte man sich das Geld also bei diesen Aktien und Fonds besser unter das Kopfkissen gelegt. Zum Vergleich: Der Dax 40 stieg in den letzten drei Jahren um 52 Prozent, der Nasdaq um 29 Prozent und der Dow Jones Index immer noch um 20 Prozent.
„Peak woke“ auch beim Investieren
Natürlich gibt es keine Bewegung ohne Gegenbewegung. Das nachhaltige Investieren der einen ist das „woke investing“ der anderen. Spätestens seit Trumps zweiter Präsidentschaft ist peak woke (Wolfgang Röhl) erreicht und geht es jetzt in die andere Richtung: Zahlreiche DIE-Maßnahmen (Diversity, Inclusion, Equality) wurden zurückgedreht, Firmen sogar speziell deswegen boykottiert, da dies als Diskriminierung gegen den Rest, also weiße Männer, gesehen wird. Viele Großunternehmen folgten bereits dem Trend und trennten sich von DIE-Vorgaben oder Net Zero-Versprechen, vor kurzem beispielsweise die Wells Fargo Bank. Deutsche Firmen, etwa Siemens und Bosch, haben dagegen angekündigt, auf dem Pfad der Tugend bleiben zu wollen. Vor die Wahl gestellt, von deutschen Medien und NGOSs vermöbelt zu werden oder vielleicht auf irgendeiner amerikanischen anti-Woke-Liste zu stehen, entschied man sich für Letzteres.
Auch bei den Investments springt nun manch eine (amerikanische) Firma auf den Gegentrend auf: Azoria Investments aus den USA legte, passend zum neuen Zeitgeist in den USA, Anfang 2025 den Azoria 500 Meritocracy ETF auf. Hier sollen bewusst Firmen, die sich vor dem DIE-Abgott verbeugen und mit Regenbogenflaggen viele Jahre auf der Zeitgeistwelle der Biden-Ära surften, ausgeschlossen werden, etwa die Kaffeekette Starbucks. Das Argument ist, dass wieder rein geschäftlich, also meritokratisch, gehandelt werden soll. Wer Leute in erster Linie wegen deren Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung anstellt, der benachteiligt damit nicht nur andere, die nicht über die entsprechenden Äußerlichkeiten verfügen, sondern potentiell auch die Gewinnaussichten der Firma, weil eben nicht immer die fähigsten Leute angestellt werden, wenn auch andere Kriterien eine Rolle spielen (und außerdem viel Zeit und Geld für politische Schulung statt Geschäftemachen draufgeht). Der Fonds ist noch zu neu, um seine Leistung beurteilen zu können.
Ist Nicht-Nachhaltigkeit besser fürs Geschäft?
Ob man mit speziellen „Sündenaktien“ (dazu zählen Investitionen in Waffen, Tabak, Alkohol, Öl und Glücksspiel) unbedingt besser fährt, ist allerdings eine offene Frage. Einige, wie Öl- und Waffenaktien, die stark von politischen Ereignissen beeinflusst werden, sind sehr volatil, Aktien von Tabak- und Alkoholfirmen gelten als beständiger, da zu allen Zeiten geraucht und getrunken wird. Aber auch hier spielt die Politik eine Rolle, etwa Gesetze die gewisse Laster erschweren oder verteuern. Allerdings sind die Dividenden bei den "Sündenaktien" oft recht hoch.
Rüstungsaktien waren eindeutig ein Gewinner. Rheinmetall ist die deutsche Erfolgsgeschichte der letzten Jahre, sozusagen das, was Nvidia bis vor kurzem in den USA war. In den letzten drei Jahren stieg Rheinmetall um kolossale 550 Prozent, in den letzten 12 Monaten immer noch um 142 Prozent. Aber gehören die Rüstungsfirmen noch zu den Bösen? Wo Erfolg ist, findet oft eine Neubewertung statt: Seit dem Thema Ukrainekrieg und dem Tenor, Europa müsse sich gegen Russland bewaffnen und solle nicht auf Amerika hoffen, sind nicht nur Aktien von Firmen wie Rheinmetall, Hensoldt und Renk kräftig gestiegen, sondern gelten mittlerweile als nachhaltig. Die Begründung: Diese Firmen würden ja nicht Tod produzieren, sondern seien eine Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft und würden den Frieden in Europa sichern. Nichts anderes sagten übrigens die „Waffenlobbyisten“ während des Kalten Krieges, aber die waren damals noch nicht bei den Grünen. Sogar Geschäfte, die mit Atomwaffen zu tun haben, seien erlaubt, sofern sie zum Atomwaffensperrvertrag gehören, ist zu vernehmen. Böse Rüstungsunternehmen gibt es aber immer noch, etwa die Hersteller von Streubomben, Anti-Personenminen oder chemischen und biologischen Waffen, aber das ist in westlichen Ländern ohnehin untersagt und derartige Firmen müsste man lange an den Börsen suchen. Aber vielleicht gibt es im Darknet auch eine Börse der Finsternis.
Auch die eigentlich bösen Ölaktien sind nicht mehr so einfach zu verdammen, denn viele der großen Ölfirmen, die nicht mehr Öl, sondern Energie im Namen haben, sind längst auch in alternativer Energieerzeugung involviert. Aber auch hier hat sich der Wind gedreht und merkt man, dass greenwashing nicht gut fürs Geschäft ist und mittlerweile nicht mal mehr gut für das korporative Bild. Ein Beispiel ist BP:
BP wollte bei der Umwelt- und Nachhaltigkeitswelle ganz vorne dabei sein: Ein neuer Name (beyond petrol statt British Petroleum) und ein neues Firmenzeichen 2002, das Abschied vom bösen Öl und Hinwendung zu alternativen Energien symbolisieren sollte. Im Jahr 2020 setzte man sich das Ziel, die Förderung von Öl und Gas bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zurückzufahren und umfangreiche Investitionen in erneuerbare Energien zu tätigen. Aber das war gar nicht gut fürs Geschäft: BP erbrachte in drei Jahren enttäuschende 2,3 Prozent Wertsteigerung, auf Jahressicht sah es mit -23 Prozent richtig schlecht aus. Jetzt kehrt man lieber wieder zurück zu den alten Wegen der fossilen Brennstoffe: Ende Februar kündigte der CEO Murray Auchincloss an: „Wir reduzieren und verlagern unsere Investitionen in unsere ertragsstärksten Geschäftsbereiche, um das Wachstum voranzutreiben. Dies alles dient der nachhaltigen Steigerung von Cashflow und Rendite.“
Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten. Vor Kurzem erschien von ihm „Ein Volk sucht seinen Platz. Die Geschichte von Orania und dem Freiheitsstreben der Afrikaaner.“ Dieses kann hier oder hier bestellt werden.