Benny Peiser / 27.05.2007 / 11:48 / 0 / Seite ausdrucken

Nach verlorenem Klimapoker: The Blame Game

Nach jedem verlorenen Endspiel beginnt ein neuer Wettkampf: auf Englisch heißt diese Nachspielrunde “the blame game.”

Dass beim internationalen Klimapoker Deutschlands Taktik nach hinten los gegangen ist, daran dürfte kein Zweifel mehr bestehen. Merkels Vabanque-Strategie - mit unrealistischen Maximalforderungen ins Spiel zu gehen um damit die USA ins politische Abseits zu drängen - wird sich, aller Wahrscheinlichkeit nach, als ein Eigentor entpuppen.

Beim Pokern und in der Diplomatie gilt es als unratsam, alles auf eine Karte zu setzten. Warum sich die Bundesregierung aber auf genau diese Extremstrategie festgebissen hat, bleibt mir ein Rätsel. Aus dieser Klemme läßt sich jetzt nämlich kaum noch ein Ausweg finden. Die Vabanque-Strategie erweist sich mithin als ein politischer Bumerang, der jetzt den Erfolg des Heiligendammer G8 Gipfels insgesamt in Zweifel zu ziehen droht.

Jetzt also beginnt das große G8 blame game: Wer ist schuld an diesem Schlamassel? Den Vogel für die beste Schlagzeile hat sicherlich der Berliner Kurier abgeschossen: “Amis ist das Klima schnuppe: Bush lehnt deutschen Plan zur Rettung der Erde ab.” http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/print/politik/172796.html

Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, der Deutschlands miserable Verhandlungsstrategie maßgeblich mitzuverantworten hat, schiebt alle Schuld den Amis in die Schuhe:

“Gabriel bezweifelt die Erfolgschancen des G8-Gipfels in Heiligendamm, weil die US-Regierung eine Einigung auf gemeinsame Klimaschutzziele bisher nicht zulasse. „Die Verhandlungen werden mehr als schwierig“, sagte der SPD-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „In den zentralen Fragen des Klimaschutzes scheinen bisher vor allem die Amerikaner nicht bewegungsbereit zu sein.“ http://www.focus.de/politik/deutschland/g8-gipfel/g8_aid_57460.html

Dabei weiß jeder aufmerksame Achsen-Leser nur zu genau, daß die Kritik an den *numerischen* Klimazielen, wie sie im deutschen G8 Entwurf enthalten sind, ebenso von Japan und Kanada geteilt wird.

In Wahrheit steht es für Angela Merkel noch schlimmer als befürchtet: In der heutigen Ausgabe des Observer wird berichtet, daß Deutschland in dieser Frage offenbar völlig isoliert ist: “It also emerged that it was not only the United States that was posting strong objections to the wording of the communique, but Russia as well, while India and China had also expressed their own reservations.” http://observer.guardian.co.uk/world/story/0,,2089314,00.html

Deutschlands Klimadiplomatie steckt ganz offensichtlich in einer Sackgasse und scheint international isolierter als je zuvor. In dieser Not scheint sich Bundesumweltminister Gabriel, wie ein Ertrinkender, an den letzten Strohhalm zu klammern und hofft, die US Demokraten könnten Deutschland womöglich in letzter Minute zuhilfe kommen.

Aber selbst diese Hoffnung scheinen die Demokraten zunicht gemacht zu haben. In einem Interview gab Nancy Pelosi, die demokratische Präsidentin des US-Repräsentantenhaus, gestern zu verstehen, die Demokraten würden beim Thema internationale Klimapolitik eher mit Präsident Bush arbeiten anstatt gegen ihn: “I want to keep the door completely open to working with the president on the issue of energy independence and global warming. ... There are plenty of areas where we can find common ground.”

Die scheinbar überraschende Mäßigung der US Demokraten ist sowohl der Bundesregierung als auch den deutschen Medien offenbar völlig entgegangen. Freilich hätte die regelmäßige Lektüre dieser Internetseite Minister und Reporter vor eklatanten Trugschlüssen und falschen Hoffnungen bewahren können.

Hier also die Ausführungen von Nancy Pelosi: “Pelosi, D-Calif., and seven other House members left Saturday for meetings with scientists and politicians in Greenland, Germany and Belgium on ways to reduce emissions of carbon dioxide and other greenhouse gases.

The trip comes shortly before a climate change summit next month involving the leading industrialized nations and during a time of increased debate over what should succeed the Kyoto Protocol, a 1997 international treaty that caps the amount of carbon dioxide that can be emitted from power plants and factories in industrialized countries. It expires in 2012.

Bush rejected that accord, saying it would harm the U.S. economy and unfair excludes developing countries like China and India from its obligations. Pelosi, who strongly disagrees with that decision and many other of Bush’s environmental policies, told The Associated Press on Friday that she said she wants to work with the administration rather than provoke it.

But Pelosi stopped short of condemning the president’s call for slowing the nation’s growth rate in carbon emissions, an approach that many say is too meek.

“I think there are better ideas,” Pelosi said. “I want to keep the door completely open to working with the president on the issue of energy independence and global warming. ... There are plenty of areas where we can find common ground.”  http://asia.news.yahoo.com/070526/ap/d8pc5rq00.html

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