In den vergangenen Tagen wurden US-Beamte mit antisemitischen Drohungen konfrontiert, als sie auf die verheerenden Folgen des Hurrikans Helene reagierten.
„In den letzten Tagen wurden Staats- und Bundesbeamte in North Carolina mit einer Welle antisemitischer Rhetorik und Online-Drohungen konfrontiert, als sie auf die verheerenden Folgen des Hurrikans Helene reagierten“, meldete die New York Times.
Der Hurrikan Helene hat im südöstlichen US-Bundesstaat North Carolina Ende September schwerste Schäden verursacht und über 230 Menschen das Leben gekostet; viele werden noch vermisst. Es handelte sich um den stärksten Hurrikan, der die Region jemals heimgesucht hat und den tödlichsten auf dem amerikanischen Festland, seit Katrina im Jahr 2005 die Stadt New Orleans verwüstet hatte.
Wie oft nach Naturkatastrophen gibt es Kritik an der Reaktion der Behörden auf lokaler und nationaler Ebene. Vielfach ist sie sicherlich konstruktiv und berechtigt, teilweise sind die Vorwürfe allerdings unsachlich oder frei erfunden. So sah sich der republikanische Kongressabgeordnete Chuck Edwards, dessen Wahlbezirk von schweren Überflutungen betroffen ist, genötigt, in einer Erklärung klarzustellen, dass der Hurrikan nicht von der US-Regierung manipuliert wurde, um dieser einen Vorwand zu geben, die Lithiumvorkommen in der Stadt Chimney Rock zu kontrollieren: „Hurrikan Helene wurde NICHT von der Regierung geotechnisch manipuliert, um die Lithiumvorkommen in Chimney Rock zu konfiszieren und zu erschließen. Niemand kann das Wetter kontrollieren. Charles Konrad, Direktor des Southeast Regional Climate Center der National Oceanic and Atmospheric Administration, hat bestätigt, dass niemand über die Technologie oder Fähigkeit verfügt, einen Hurrikan geotechnisch zu manipulieren.
Die aktuelle Geoengineering-Technologie kann als groß angelegte Intervention dienen, um die negativen Folgen natürlich auftretender Wetterphänomene zu mildern, aber sie kann nicht verwendet werden, um Hurrikans zu erzeugen oder zu manipulieren. Örtliche Beamte haben bestätigt, dass die Regierung Chimney Rock NICHT beschlagnahmt.“ Auch betonte Edwards, dass die Katastrophenschutzbehörde FEMA keine Gelder zweckentfremdet habe, um sie zur Grenze zu Mexiko oder ins Ausland zu schicken. FEMA selbst hat ebenfalls eine Website eingerichtet, um Falschnachrichten den Boden zu entziehen.
Zieht immer
Ein Gerücht, das niemals an Appeal verliert, lautet, dass hinter jeder Katastrophe eine jüdische Verschwörung steckt. So auch im aktuellen Fall. Wie die New York Times und die Washington Post unter Berufung auf den linksliberalen Thinktank Institute for Strategic Dialogue (ISD) berichten, hätten „33 Beiträge mit falschen Informationen über die Reaktion auf die Flutkatastrophe bis Montag insgesamt mehr als 160 Millionen Aufrufe“ generiert. Der ISD-Bericht stellte fest, dass sich die antisemitischen Äußerungen im Wesentlichen gegen drei einzelne Amtsträger richteten: Jaclyn Rothenberg, Leiterin für öffentliche Angelegenheiten der FEMA, Alejandro Mayorkas, Minister für Innere Sicherheit, und Esther Manheimer, Bürgermeisterin von Asheville, North Carolina.
Ein Tweet lautet: „ZIONISTISCHE JUDEN AN DER WURZEL ALLEN ÜBELS FEMA-DIREKTORIN FÜR ÖFFENTLICHE ANGELEGENHEITEN, JACLYN ROTHENBERG (…) Hier ist eine riesige Verbindung! Schaut euch diese Geschichte an … sie besuchte die Epstein-Schule!“ Manheimer, die Bürgermeisterin von Asheville, ist Gegenstand vieler Posts auf X. „Die Bürgermeisterin von Asheville, North Carolina, ist Esther E. Manheimer“, hieß es in einem Post vom Freitag vergangener Woche, der bis Mittwoch über 13,5 Millionen Aufrufe hatte. „Falls Sie sich fragen: Ja, das ist sie.“ Die Implikation ist offenbar, dass Manheimer Jüdin ist.
In einem Tweet sind die Köpfe von Mayorkas, Rothenberg und Manheimer mit Davidsternen markiert. Dazu heißt es: „Mayorkas, Rothenberg und Manheimer – drei prominente jüdische Amtsträger, die die Hilfsmaßnahmen nach Hurrikan Helene ,managen‘, die Lieferung der Hilfe erschweren und internationale Kritik auf sich ziehen. Das ist kein Zufall.“ Ein anderer lautet: „Alejandro Mayorkas, US-Minister für Innere Sicherheit, Esther Manheimer, Bürgermeisterin von Asheville, Jaclyn Rothenberg, Direktorin für öffentliche Angelegenheiten bei der Federal Emergency Management Agency (FEMA). Wisst ihr, was sie alle gemeinsam haben, abgesehen vom Willen, euch zu töten?“ Wieder ein anderer schreibt: „Blinken (Außenminister), Mayorkas (DHS), Rothenberg (FEMA) und Manheimer (Bürgermeister von Asheville). Sind alle vom selben Stamm. Es ist fast so, als hätten sie eine Agenda …“
Die antisemitischen Gerüchte gegen diese jüdischen Amtsträger begannen nicht erst mit dem Hurrikan. In einem Tweet von Februar 2024 wird das jüdische Flüchtlingshilfswerk HIAS einbezogen, um eine Verbindung zwischen Juden und der Migrationskrise herzustellen: „Mayorkas ist Jude – das ist eine Tatsache. Mayorkas war auch im Vorstand der HIAS (Hebrew Immigrant Aid Society) – das ist eine Tatsache. Dieser eine Jude hat also Migranten in Südamerika organisiert, ihnen Hilfe, Karten, Geld und alles, was sie brauchten, zur Verfügung gestellt und später in den USA die Grenze geöffnet und Hilfe geleistet. Aber Sie wollen versuchen, diejenigen zu verspotten, die zu Recht darauf hinweisen, wer das tut? Sind Sie so uninformiert oder versuchen Sie bewusst, Ihre Mitverschwörer vor Entdeckung zu schützen?“
Die Replik eines anderen Nutzers darauf lautet: „Es gab eine Zeit, in der diese Verräter auf dem öffentlichen Platz gehängt wurden … Nun, mir fallen mindestens fünf in Bidens Kabinett ein, die dafür infrage kämen … Es ist kein Zufall, dass sie alle Israel gegenüber loyale Juden sind.“
Nicht überrascht
Manheimer sagte gegenüber der Lokalnachrichtenwebsite Asheville Watchdog, sie sei nicht überrascht, zur Zielscheibe geworden zu sein. Persönliche Angriffe auf Politiker, die sich mit öffentlichen Krisen im öffentlichen Interesse befassten, seien zum „normalen Vorgehen“ geworden, so die Bürgermeisterin. „Im Laufe der Jahre, in denen Asheville mit welchen Themen auch immer ins nationale Rampenlicht gerückt ist, war ich zu verschiedenen Zeiten Gegenstand von Hasstiraden aus jeder politischen Richtung, normalerweise von der Rechten. Alle diese professionellen Online-Trolle, wer auch immer sie sind, werden wütend und fangen an, Dinge zu verschicken, und einige sind direkt per E-Mail an mich gerichtet.“
Sie erinnerte daran, dass die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene am 6. Oktober getwittert hatte: „Ja, sie können das Wetter kontrollieren.“ Manheimer: „Und ich bin eine jüdische Bürgermeisterin, und irgendwie besteht da ein Zusammenhang.“
Rothenberg sagte, ihr Judentum habe für sie nur eine einzige Motivation, die, sich für die öffentlichen Angelegenheiten einzusetzen. „Das Judentum lehrt einen, wie wichtig es ist, anderen zu helfen. Und ich bin entschlossen, den Menschen weiterhin zu helfen und sicherzustellen, dass sie Zugang zu Unterstützung durch unsere Agentur haben.“
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.
Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno: Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012)