Thomas Rietzschel / 03.02.2015 / 12:46 / 4 / Seite ausdrucken

Muttis Lektion

Angela Merkel, liest man heute in den Zeitungen, wenn man es nicht schon in den gestrigen Abendnachrichten hörte, hat dem Ministerpräsidenten Ungarns die Leviten gelesen. „Merkel fordert mehr Demokratie von Orbán“ titelt etwa die FAZ, um dann zu berichten, dass die Kanzlerin ihren ungarischen Kollegen „zu einem offeneren Umgang mit seinen Kritikern“ aufrief. Sie habe, erfahren wir weiter, Viktor Orbán „auf die Verantwortung hingewiesen, die man trage, wenn man eine sehr breit Mehrheit habe“.

Die politische Ermahnung, die gegenüber dem Ungar durchaus angezeigt scheint, kam aus berufenem Munde. Mutti wusste, wovon sie sprach. Mit der Verantwortung des Regierungschefs in der Demokratie kennt sie sich aus wie wenige. Erst unlängst hat sie sich selbst wieder einmal veranlasst gesehen, die Tassen in den Köpfen der Menschen daheim zurechtzurücken.

Erinnern sie sich? Ja, genau, an die Ansprache zum Jahreswechsel, in der sie uns mit besorgter Strenge davor warnte, denen zu folgen, die auf die Straße gehen, um ihre Meinung kundzutun. Weil sie sich wie Orbán auf „eine sehr breite Mehrheit“ stützen kann, wusste sie, dass in den „Herzen“ der gewaltlos aufmarschierenden Demonstranten doch nur „Kälte, ja, sogar Hass“ wohnt. Vorsorglich wurden sie vom Platz verwiesen wie seinerzeit Thilo Sarrazin, über dessen Buch „Deutschland schafft sich ab“ wir uns gar kein eigenes Urteil mehr bilden mussten, weil uns Mutti schon vor seinem Erscheinen gesagt hatte, dass es irgendwie unanständig sei, jedenfalls “nicht hilfreich “.

Nein, was den offenen Umgang mit den Kritikern der Macht anlangt, macht unserer Kanzlerin so schnell niemand etwas vor. Da muss jeder froh sein, dem sie eine Lektion erteilt, auch Viktor Orbán, der alte Elefant im Porzellanladen der Demokratie.

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Leserpost

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Bastian Leibold / 04.02.2015

Auch ich hätte gerne mehr Demokratie! Z.B. in der Form von von der Verfassung ausdrücklicher vorgesehener Volksentscheide über die wichtigsten Themen unserer Zeit, z.B. Zuwanderung, Asyl, EURO,  Energiewende, und noch einiges mehr.

Matthias Kranzkowski / 03.02.2015

Sehr geehrter Herr Rietzschel, versuchen Sie doch bitte nicht die deutsche Bundeskanzlerin und den ungarischen Ministerpräsidenten, und damit den deutschen demokratischen Rechtsstaat und die ungarische, noch nicht gefestigte Demokratie, gleichzusetzen.

Thomas Schlosser / 03.02.2015

Herr Rietzschel, Sie sind für mich einer der Top-Autoren der Achse, wie auch dieser Beitrag wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Nur eine kleine Frage hätte ich: Müssen Sie die kinderlose Frau Merkel unbedingt als ‘Mutti’ bezeichnen…? Dass sich dieser Begriff für eine Kanzlerin, die sich primär um die Kinder Griechenlands und die der hiesigen Muslime sorgt, irgendwie eingebürgert hat, werde ich wohl nie verstehen…..

Thorsten Haupts / 03.02.2015

Ist das ein halbwegs sachlicher, na gut, streichen, wenigstens mit vergleichbaren Standards messender Beitrag? Wohl kaum. Oder ich habe in Deutschland die staatlich vorangetriebene Mediengleichschaltung, die staatlich vorangetriebene Unterordnung des Verfassungsgerichtes unter die Regierung oder die Verfolgung kritischer Journalisten einfach verpasst? Oder - schrecklicher Gedanke - der Blogartikelschreiber verwechselt einfach Kritik (eines Regierungschefs an was auch immer) mit staatlicher Verfolgung oder staatlicher Gleichschaltung? Kann man machen, nur sollte man dann nicht annehmen, ernst genommen zu werden. Gruss, Thorsten Haupts

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