Peter Grimm / 22.07.2024 / 13:30 / Foto: The White House / 36 / Seite ausdrucken

Muss Scholz den Biden machen?

Angeblich will nur ein Drittel der SPD-Mitglieder, dass Olaf Scholz zur nächsten Bundestagswahl als SPD-Spitzenkandidat antritt. Wollen die deutschen Sozialdemokraten jetzt dem Vorbild der US-Demokraten nacheifern, auch wenn sie derzeit keine Angst vor einem deutschen Donald Trump haben müssen?

Die SPD ist derzeit nicht gerade beliebt. In den Landtagswahlkämpfen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gilt es als umstritten, ob Wahlkampf-Auftritte des Bundeskanzlers Olaf Scholz eher schaden oder nützen. Die Bilder vom Scholz-Auftritt am Wochenende in Dresden lassen jedenfalls auf keinen großen Nutzen schließen. Selbst treue Genossen, die die dort präsenten Buh-Rufe ausschließlich notorischen Störern zuschreiben, dürften bemerkt haben, dass das Publikums-Interesse am Kanzlerauftritt recht begrenzt blieb.

Während sich Scholz in recht sprödem Schönreden versucht, müssen die Genossen in Sachsen und Thüringen darum bangen, überhaupt wieder in den Landtag einzuziehen. Das ist für die bundesdeutsche Nachkriegs-SPD eine durchaus neue Erfahrung. Doch was soll man tun? Von den USA lernen?

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dessen größter Anteilseigner bekanntlich ein SPD-Medienbeteiligungsunternehmen ist, hatte die Genossen nach der Situation ihrer Partei und die Rolle ihres Genossen Bundeskanzlers befragen lassen. Manches am Ergebnis war wenig überraschend. Beispielsweise, dass mehr als die Hälfte der befragten SPD-Mitglieder (51 Prozent) ihre Partei derzeit in einer schweren Krise sehen.

Und offenbar sehen viele Genossen den eigenen Kanzler als entscheidendes Problem für die Partei. Nur ein Drittel der SPD-Mitglieder wollen, dass Olaf Scholz bei der Wahl im nächsten Jahr erneut antritt. Ebenfalls 33 Prozent wollen stattdessen lieber unter Führung von Verteidigungsminister Boris Pistorius in den Wahlkampf ziehen. Acht Prozent plädierten für einen Kanzlerkandidaten Klingbeil und sechs Prozent verteilten sich auf andere Wunsch-Spitzenkandidaten. Einem Fünftel der Genossen war demnach gar kein geeigneter SPD-Kanzlerkandidat eingefallen.

Dem Beispiel der US-Demokraten folgen?

Sollte die Parteispitze nun dem Beispiel der US-Demokraten folgen und den Kanzler dazu bringen, von der Bewerbung um eine zweite Amtszeit Abstand zu nehmen? Soll Scholz den Biden machen? Aber darf man unseren demonstrativ zufriedenen Kanzler mit einem greisen US-Präsidenten vergleichen, der in seinen öffentlichen Auftritten immer häufiger Ausfälle zeigt? Claudio Casula hatte an dieser Stelle beide vergleichend beschrieben, als Olaf Scholz im Februar in Washington weilte:

Olaf Scholz hingegen, mit 65 Lenzen eigentlich noch kein Demenz-Kandidat, fällt eher durch partiellen Gedächtnisverlust auf. Als er die 19 Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie wieder einführte, war ihm schlicht entfallen, dass er 2021 noch über die zwischenzeitliche Senkung auf 7 Prozent gesagt hatte: ‚Die schaffen wir nie wieder ab.‘ Auch dass er im August 2021 keine Impfpflicht einführen wollte bzw. ‚gegen eine Impfpflicht‘ war, hatte er im Januar 2022 schon wieder vergessen.“

Ähnlich wie Joe Biden dürfte Olaf Scholz keinen Anlass sehen, sich zurückzuziehen. Er hält seine Politik selbst für erfolgreich. Womöglich, wie seine Vorgängerin, sogar für „alternativlos“. Es spricht immerhin für einen Rest an Realitätssinn bei der Mehrheit der verbliebenen SPD-Mitglieder, dass sie ihm da nicht folgen. Aber was folgt daraus? Erleben wir jetzt auch eine anschwellende Debatte in der SPD über die Kanzlerkandidatur? Und wer wird dann der nächste SPD Kanzlerkandidat? Boris Pistorius oder fällt dann Saskia Esken ein, auf einer Frauenquote zu bestehen?

Nun, bis zu einem SPD-Nominierungsparteitag ist es noch Zeit, aber die Führungsfrage dürfte sich tatsächlich bald stellen, wenn die Partei am 1. September in Sachsen oder Thüringen an der Fünfprozenthürde scheitert.

Sollte Olaf Scholz tatsächlich gehen müssen, zitiere ich gern den tröstlichen Ausblick, den Claudio Casula nach dem Scholz-Besuch bei Biden im Februar anbot:

„Es soll jedoch schon vereinbart worden sein, dass sich beide nach ihrer voraussichtlich nicht mehr allzu langen Amtszeit noch einmal privat treffen wollen. Dann werden sie in Joes Heimkino „Vergiss mein nicht!“ mit Jim Carrey und Kate Winslet gucken, und den italienischen Thriller „Der Mann ohne Gedächtnis“. Außerdem wollen Scholz und Biden unbedingt eine Partie Memory spielen; Beobachter gehen davon aus, dass es eine zähe Angelegenheit wird und mindestens vier Wochen in Anspruch nimmt.“

Langeweile können Scholz und Biden also auch ohne Amt in jedem Fall vermeiden. Nur wird über diese Begegnung dann niemand mehr berichten.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com

Foto: The White House, Public Domain, Link

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Hjalmar Kreutzer / 22.07.2024

Vorausgesetzt, ich würde überhaupt SPD wählen, wäre Scholz angesichts der anderen Figuren tatsächlich das kleinste Übel. Noch‘n Schenkelklopfer gefällig? Helge Lindh!

W. Renner / 22.07.2024

Den vergesslichen wird man so oder so vergessen. Einzig die Suche nach seinem Sondervermögen, wird der nach dem Bernsteinzimmer gleichen.

Adam West / 22.07.2024

Anfang September gibt es vermutlich auch für den BK die Rechnung vom Wähler. Ich setze dabei ganz auf den Opportunismus der Politiker. Wenn der Verlust der Ämter droht, fällt auch die „Brandmauer“.

Fred Burig / 22.07.2024

@Helmut Driesel:”.... Also wir haben keinen Weltkrieg, ....” Nun, die einen sagen so und die anderen sagen so ..... Ein nicht unerheblicher Teil der Menschen geht bereits davon aus, dass wir sehr wohl schon im dritten Weltkrieg sind - in einem hybriden Kampf der Eliten gegen die Bevölkerungen - quasi von “Oben” gegen “Unten”. Die emsige Forschung an- und die Herstellung von pharmazeutischen Produkten unter dem Begriff “Gen of funktion” sowie die allumfassende, digitale Überwachung der Menschen unter dem Deckmantel einer fragwürdigen “Sicherheit”, sind schon längst aus der Anfangsphase herausgetreten. Genmanipulierte “Impfstoffe” zum angeblichen Erreichens einer gewissen “Weltgesundheit”, was aber in Wirklichkeit eher einer Reduktion der Weltbevölkerung zu dienen scheint, sind auch Teil moderner Kampfmittel. Einen ersten Geschmack davon haben wir ja in Form von Impfzwängen in der Corona- Zeit erhalten. Das verschärfte Drängen der sog. Globalisten mit Great Reset- Ambitionen in der EU und von Übersee zu einer digitalen Erfassung und Nutzung aller Personendaten - einschließlich von digitalen Zahlungsmitteln - wird die Grundlagen einer Rundum- Überwachung bilden, wenn wir dem nichts dagegen setzen. .... So, wie es bereits in China praktiziert wird - Stichwort: “social credit score”...... MfG

Holger Kammel / 22.07.2024

Genau, Herr Klar wir sollten an der Seite unserer ukrainischen Verbündeten in der Ukraine gegen die Russen kämpfen. Hat Tradition. Können Sie sich noch an die kürzliche Präsentation eines ukrainischen Nationalhelden im kanadischen Parlament erinnern? Kämpfer der 1. ukrainischen Division, besser bekannt als 6. oder 7. Waffen-SS-Division. In der Welt tauchte kürzlich ein Artikel über die Wolhynien-Massaker auf. Dieses Land ist quer durch die Geschichte ein heftig umkämpftes Gebiet gewesen mit einer äußerst heterogenen Bevölkerung, Leute, die sich eher als Ukrainer oder als Russen definieren, viele Polen, eine bedeutende jüdische Minderheit, Ungarn, Rumänen, dort wohl Ruthenen genannt und erstaunlicherweise eine griechische Minderheit, wahrscheinlich noch aus einer der frühesten nachweisbaren Besiedelung der Schwarzmeerküste. Auch eine bedeutende deutsche Minderheit gab es hier. Nicht zu vergessen die tatarischen Invasoren. Die Idee eines ukrainischen Volkes und einer eigenen Sprache entwickelte sich im späten 19. Jahrhundert und knüpfte an die kosakischen “Republiken” an (Ilja Repin “Die Saparoger Kösaken schreiben einen Brief an den türkischen Sultan. Nikolai Gogol “Taras Bulba”)  Das korrespondiert mit den gleichzeitigen romantischen Vorstellungen im Westen vom “edlen Wilden.” Der Staat Ukraine ist ein Ergebnis des “Friedens” von Brest-Litowsk. Ich fälle kein Urteil über die Selbstständigkeitsbestrebungen, aber die Idee eines mehr oder weniger homogenen ukrainischen Volkes ist einigermaßen abstrus. Etwas über das Innenleben der frühen Ukraine ist in Bulgakows “Die weiße Garde” zu lesen. Wie immer, eine parteiische Meinung. Neutrale Darstellungen gibt es hier offensichtlich nicht. Man muß sich die Fakten wie ein Eichhörnchen die Nüsse zusammensuchen und die schlechten nach sorgsamer Kontrolle aussortieren.

H. Inzinger / 22.07.2024

Ich lese hier ständig von Pistorius - was ist an dem denn so Besonderes? Etwa,  dass er den ganzen Tag mit nem BW-Parka rumläuft?

Holger Kammel / 22.07.2024

Vermutlich hat Herr Scholz seinen Rücktritt gestern auch beschlossen und wollte es öffentlich mitteilen.. Am Telefon hat er dann eine Pizza Hawaii beim Pressedienst des Bundestages bestellt. Kann passieren.

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