Ich bin in Deutschland aufgewachsen, habe mein Studium in den USA absolviert und war anschliessend überwiegend im englischsprachigen Raum unterwegs. Mit 50 bin ich nach Spanien gegangen und habe Spanisch gelernt, ohne ein Sprachgenie zu sein. Hätte ich ein Interview auf Spanisch gegeben? Nein, nicht bei überkritischer oder linker Journaille, die jedes Wort auf die Goldwaage legt oder liebend gern die Gesprächspartner in der Luft zerreisst, um das Ergebnis anschliessend im Netz zu verbreiten.
Worauf begründet sich das “Müssen”? Auf einem Gedanken der Integration? Aber ist die Integration des türkischen Gastarbeiters in den sechziger Jahren nicht eine gänzlich andere Integration als die eines Elitenangehörigen in der globalisierten Welt der Gegenwart? Ist das “Müssen” die formale Voraussetzung für die Einbürgerung (Antwort: Ja). Ist das “Müssen” gemeint als Voraussetzung für die Erfüllung einer funktionalen Rolle? Wahrscheinlich beim Kammerorchester Buxtehude aber sicher nicht an diesem Ort (Weltklasseorchester). Oder ist das “Müssen” vielleicht der verdruckste Versuch des Autors anzudeuten, dass ein Dirigent aus Deutschland (oder wenigstens Österreich, Schweiz, Ostbelgien, Südtirol) nicht doch die passendere Wahl gewesen wäre? Fragen über Fragen und so bleibt für mich die Frage: warum nicht Simon Rattle selbst fragen? Vielleicht gibt er die Antwort sogar auf deutsch….
Johannes Brahms war Hamburger, er lebte und arbeitete v.a. in Wien. Er leitete u.a. den Wiener Singverein, obwohl er mit Sicherheit nicht den wienerischen Schmäh drauf hatte. Brahms gilt heute als einer der bedeutendsten Komponisten der Musikgeschichte. Fürs erfolgreiche Dirigieren und Komponieren ist die Sprache wohl nicht so ausschlaggebend. Die “mächtigste Frau der Welt” stammelt schließlich auch nur Unverständliches in die Mikrophone, niemand scheint sich daran zu stören. Von mir aus kann Sir Simon Rattle gerne auch das BK-Amt parallel zum Rundfunkorchester übernehmen. Damit wäre wenigstens dafür gesorgt, dass die Musik während des laufenden Untergangs der Republik immer weiter spielt…
Wäre Sir Simon Denis Rattle der Chefdirigent des Orchestre de Paris ..., ich werde gewiss nicht der einzige Kommentator sein, der auf den französischen Nationalismus hinweist, wobei es lustig klingt, wenn ein Engländer französisch spricht. Äh, muß Rattle eigentlich seinen Adelstitel ablegen, wenn er Deutscher sein wird oder wird der “Sir” dann Teil seines Namens, also “Simon Denis Sir Rattle”? Es wäre ein weiteres Zeichen von Respekt für seine neue Heimat, wenn Herr Rattle auf die hiesigen republikanischen Gepflogenheiten Rücksicht nehmen würde.
Muss ein Stardirigent Deutsch sprechen? Keinesfalls wenn er in München arbeitet. Bayerisch sollte er können. Fränkisch wäre auch schön. Alles andere ist eher ein Affront.
Wieso? Wer klassische Musik hört, kann auch Englisch. Ist doch nicht Dschungelcamp, wo ein Winner Shakespeare als Popgruppe einstufte. Vielleicht ist er ja Fan vom FCB. Dann weiß er sicherlich, wie mit Trappatoni umgegangen wurde. No, he can stay with his language. The music is important here.
Guten Tag Herr Etscheid, vornehme Persönlichkeiten (z.B. meine Wenigkeit oder die Queen) geben grundsätzlich keine Interviews, d.h. im Idealfall würde sich die Frage nicht stellen.
„Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar.“ so die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz. Wenn dem so ist, sollte sich Sir Simon vielleicht doch auf Deutsch mitteilen, um das kulturlose Volk nicht restlos im barbarischen Sumpf versinken zu lassen.
Vielleicht kann man Sir Simon zugute halten, dass er sich scheut, nicht perfekt zu sein mit seinem Deutsch. Ich hatte einen englischen Direktor in der internationalen Organisation, in der ich arbeitete (70% englisch, 25% deutsch, 5% französisch), der recht gut deutsch sprach, er sagte mal: Wenn es richtig wichtig ist, was ich sage, dann fühle ich mich mit Englisch wohler - ansonsten sprachen wir auch zuweilen deutsch. Vielleicht können ihm (Sir Simon) seine Kinder die Scheu nehmen, vor einer schwierigen Sprache - Scheu entsteht manchmal auch aus Respekt davor, wenn auch oftmals unnötig. Vergessen wir nicht: Das Erlernen einer fremden Sprache als Erwachsener ist eine der ganz großen menschlichen Leistungen, die nur der zu erfassen vermag, der das selbst macht und gemacht hat. Mich jedenfalls sollte keiner auf’s Dirigentenpult stellen - ich ginge unter, gnadenlos. Das ist eben eine andere Sprache.
.............in den USA wäre das nicht möglich….................wie war das mit dem chinesischem Künster Mi Wa Wu, beschwerte sich über Deutschland und griff hier die Kohle ab….......
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