Der Anteil von Menschen, die antisemitische Einstellungen vertreten, ist unter westeuropäischen Muslimen rund dreimal höher als in der allgemeinen Bevölkerung. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der amerikanischen jüdischen Organisation Anti-Defamation League (ADL). Der direkte Vergleich war möglich, weil in Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich separate muslimische Stichproben erhoben wurden.
Insgesamt befragte die ADL gut 9.000 Personen in 14 europäischen Ländern sowie Kanada, Südafrika, Argentinien und Brasilien. Die Studienteilnehmer mussten bei elf Aussagen angeben, ob sie ihnen zustimmen, etwa „Juden sind einfach weniger ehrlich als andere Geschäftsleute“ oder „Juden drängen sich gerne an die Spitze“. Wenn ein Befragter sechs Aussagen zustimmt, gilt er in der Untersuchungsmethodik der ADL als antisemitisch.
Nach Angaben der ADL ließ sich in Europa rund ein Viertel der Studienteilnehmer als antisemitisch einstufen. In Westeuropa sei der Anteil der Antisemiten im Vergleich zur letzten Studie 2015 konstant geblieben, in Osteuropa sei er angestiegen. In Osteuropa sei vor allem die Vorstellung verbreitet, Juden würden die Geschäfts- und Finanzwelt kontrollieren. Westeuropäer sowie Südafrikaner und Brasilianer seien eher überzeugt, dass Juden gegenüber ihrem Wohnsitzland illoyal sind, da ihnen der Staat Israel wichtiger ist.
Der Anteil der Menschen, die glauben, dass die Juden „zu viel“ über den Holocaust reden, war laut ADL in den deutschsprachigen Ländern Österreich und Deutschland mit 44 bzw. 42 Prozent am höchsten. Auch in Belgien (40 Prozent), Italien (38 Prozent) und Spanien (37 Prozent) hätten verhältnismäßig viele Menschen dieser Aussage zugestimmt. Die Zustimmung zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS sei sehr niedrig gewesen, in fast allen europäischen Ländern unter 15 Prozent. Lediglich in Südafrika hätten sich 38 Prozent der Befragten für Boykottaktionen gegen Israel ausgesprochen.