Gastautor / 07.07.2019 / 10:00 / Foto: Claude Truong-Ngoc / 13 / Seite ausdrucken

Muslime und Jerusalem: Nachbars Garten

Von Georges Bensoussan.

Die Stellung von Jerusalem im Islam (und folglich im Konflikt, der Israelis und Araber einander entgegensetzt) nährt einen endlosen Streit. Bernard Lewis erinnerte daran, dass die „Heiligkeit Jerusalems“ für die muslimischen Theologen einst als „judaisierender Irrtum“ galt. Der israelische Jurist und Historiker Eliezer Cherki, Experte für muslimisches Recht in seinem Land, erklärt, dass der Name der Stadt in keinem der 6.219 Verse des Korans auftaucht. Der Text des Korans erwähnt die Stadt nur, um sie abzuweisen, da sie weder das Zentrum der Welt noch der Ort ist, nach dem man sich zum Gebet (Qibla) wenden muss. Die arabische Vorstellungswelt und im weiteren Sinne die Vorstellungswelt des Islams wurden nach der Geometrie Arabiens geformt, während die biblische Geografie dem Koran fremd bleibt. Jerusalem, Hebron, Bethlehem, die Berge von Judäa und die Hügel Samariens sind dort unbekannt. „All das“, bemerkt Eliezer Cherki, „besagt nichts, klingt weder in den Ohren noch im Herzen Mohammeds und der arabischen Beduinenstämme.“

Gemeinsam mit anderen Islamexperten erinnert Cherki an die Verwurzelung Mohammeds im Arabien seiner Zeit (1), und präzisiert, dass die Deutungen mit Bezug auf die Reise des Propheten nach Jerusalem (die Episode, die als Al Buraq bezeichnet wird) später hinzugefügt wurden und dass die ersten Vermittler der Tradition Jerusalem nicht erwähnen. (2) In Mekka, der Hochburg der Offenbarung des Korans, vernahm Mohammed zum ersten Mal, wie der Engel Gabriel sich an ihn wandte. Nach seiner Ankunft in Medina im Jahr 622 und dann während der folgenden siebzehn Monate wandten sich Mohammed und die erste muslimische Gemeinde nach Jerusalem, um zu beten. Bis durch „göttlichen Erlass“ (um Cherkis Formulierung zu übernehmen) die Änderung der Ausrichtung der Qibla nach Mekka verfügt wurde. 

Die Experten für die muslimische Welt, ob sie Muslime sind oder nicht, stimmen in dem Zugeständnis überein, dass Jerusalem im Islam keinen heiligen Charakter besitzt und in den Augen der Muslime nur solange eine Herausforderung darstellt, wie die Stadt von den „Ungläubigen“ kontrolliert wird. Aber sobald die muslimische Souveränität wiederhergestellt ist, fällt Jerusalem ihrer Ansicht nach wieder dem Vergessen anheim. Die arabischen Eroberer, bemerken sie, beeilen sich nicht, die Stadt zu besetzen (sie fällt schließlich im Jahr 636), und nachdem sie einmal in ihrem Besitz ist, machen sie aus ihr nicht ihre Hauptstadt (die sie in Damaskus gründen), und nicht einmal eine Regionalhauptstadt, weil sie zu diesem Zweck die Stadt Ramla erbauen, die nicht weit von Jerusalem entfernt liegt. Keine der muslimischen Dynastien, die über die Stadt regierten, verstieß je gegen diese Regel. Weder die Umayyaden noch die Abbassiden noch die Ayyubiden noch die Mameluken noch die Osmanen. In der arabisch-muslimischen Vorstellungswelt erscheint die Stadt als zentral, sobald sie der Autorität des Islam entzogen ist wie im 12. Jahrhundert bei den Kreuzzügen. Und wie es seit 1948 der Fall ist. 

Die Verneinung der Präsenz der Juden

Sari Nusseibeh, palästinensischer Intellektueller (Christ), Absolvent von Harvard und Oxford in Philosophie und eine Zeit lang Rektor der Universität von Jerusalem Al Qods, war lange für die Stadtakten bei der PLO zuständig. Im Jahr 2009, während einer internationalen Forscherkonferenz über die Geschichte des Tempelbergs an der École Biblique von Jerusalem, räumt Sari Nusseibeh eine religiöse und historische Verbindung zwischen den Juden und dem Tempelberg ein, da der Tempel, der durch Kaiser Titus im Jahr 70 unserer Zeitrechnung zerstört wurde, auf der sogenannten Esplanade der Moscheen lag.

Im selben Jahr behauptet er in einer Jerusalem gewidmeten Enzyklopädie die zentrale Stellung der Stadt in der jüdischen Tradition und die einstige Existenz des Tempels auf dem Berg Moriah. Die jüdische Legitimität wird auf der religiösen Ebene gerechtfertigt, erklärt er: „Gott hat die Erde von Kanaan geheiligt, und er hat sie seinen Kindern Israels zugedacht. Der legendäre Tempel Jerusalems ist wahrscheinlich der Ort, an dem Gott gegenwärtig war, die Schechina, und dort haben die großen Priester Gott gedient.“ Diese Sätze rufen in der arabisch-muslimischen Welt zwar Protest hervor (3), aber Sari Nusseibeh lehnt es ab, seine Aussagen zurückzunehmen und diesen Text abzuändern, wie man es von ihm verlangt. Die Polemik offenbart die strittigen Punkte um die Ernennung eines Ortes, an dem der Tempelberg hinter der Esplanade der Moscheen mit dem Ziel verschwand, jegliche jüdische Rechtmäßigkeit auf diesem Gelände auszulöschen. 

Am 25. Oktober 2015 erklärt der Großmufti von Jerusalem, Scheich Muhammad Ahmad Hussein, im israelischen Fernsehen, dass die Al-Aqsa-Moschee an einem Ort gebaut wurde, der „vor 3.000 und vor 30.000 Jahren [existierte]. [...] Und seit der Schöpfung der Welt.“ Um zu folgern, dass es an diesem Ort offensichtlich nie einen jüdischen Tempel gegeben hatte. (4) 

Die Verneinung der Präsenz der Juden in Jerusalem wird von der Sache Palästinas instrumentalisiert, als im April 2016 der Vorstand der UNESCO, der sich zu seiner 199. Sitzung in Paris versammelte, eine Resolution annimmt, die von der palästinensischen Behörde vorgeschlagen wurde und derzufolge es keine Beziehung religiöser Natur zwischen dem jüdischen Volk, dem Tempelberg und der westlichen Mauer (die im Westen Klagemauer genannt wird) gibt. Einige Monate zuvor, am 21. Oktober 2015, hatte die UNESCO die Patriarchengruft (Hebron) und Rachels Grab (bei Bethlehem), zwei der heiligsten Orte des Judentums, als muslimische Stätten des zukünftigen palästinensischen Staats klassifiziert. (5) 

Der Mufti von Jerusalem

Die Islamisierung der heiligen jüdischen Orte ist Teil einer allgemeineren Auslöschung des jüdischen Anteils an der arabischen Welt, von der jüdischen Dimension der Ursprünge bis zur jüdischen Präsenz auf arabischem Boden, die dem Islam weit vorausgeht. So wäre also die Erzählung des Judentums seit dem Tempelberg bis zur massiven Abwanderung der Jahre 1945–1965 Teil einer kollektiven Wahnvorstellung. (6) 

Die Frage nach der Präsenz der Juden in Jerusalem und in Hebron während der osmanischen Epoche bietet ein weiteres Beispiel für die Umschreibung der Geschichte. „Man kann sagen, dass die Präsenz der Juden in Jerusalem während der muslimischen Herrschaft die längste und dauerhafteste war. [...] So stellen wir eine ununterbrochene Präsenz von sieben Jahrhunderten unter aufeinander folgenden muslimischen Mächten fest. Nirgendwo anders auf der Welt, nicht einmal in Palästina vor dem Islam, hat das Judentum eine solche Kontinuität gekannt“, versichert der palästinensische Historiker Nazmi Al-Jubeh in einer kürzlich erschienen Arbeit. (7)

Zwar widerspricht die Figur des Muftis von Jerusalem der Legende ein wenig, aber man wird hier auf den „untypischen“ und „kaum repräsentativen“ Aspekt verweisen. „Der Baum des Muftis“ verbirgt allerdings den Wald des panarabischen Nationalismus (8) – umso mehr, als die geläufige Erzählung versichert, dass er „von niemandem dazu ermächtigt wurde, im Namen der arabischen Völker zu sprechen“. (9) Auf der juristischen Ebene ist das zwar richtig, aber diese Formalie ist lächerlich, wenn man die Popularität des Mannes unter den arabischen Völkern kennt, wo seine Stimme erwartet und gehört wird. Die Geheimdienste des Jischuw (Nationale Heimstätte der Juden vor dem Staat Israel), die seine Ermordung geplant hatten, haben aus Angst vor Repressalien gegenüber der jüdischen Bevölkerung in der arabischen Welt gezögert, diesen Schritt zu unternehmen. Da er im einfachen Volk bekannt ist und überall gefeiert wird, auch wenn er keine formale Ermächtigung besitzt, sprach der Mufti im Namen der arabischen Völker.

Abgleiten in einen erstaunlichen Anachronismus

Im selben Werk, „Histoire des relations entre juifs et musulmans des origines à nos jours“ [Geschichte der Beziehungen zwischen Muslimen und Juden von den Anfängen bis heute], berichtet Elias Sanbar (10) in folgenden Worten über den Zionismus: „Die zeitliche Priorität als Quelle ausschließlicher Legitimität führt folglich zu einer Verschiebung, die sich unmerklich als radikal erweisen wird, aus dem heiligen Land, das einem auserwählten Volk versprochen wurde, wird Palästina selbst zu einem auserwählten Land werden. Es überrascht nicht, dass im Anschluss daran folgende Parole erscheint: die Erlösung der Erde, ein Novum, das die Bewohner der Orte automatisch in die Quelle ihrer Befleckung verwandeln wird. [...] Hier findet das Vorspiel zur Vorstellung der zukünftigen Vertreibung der Araber statt, damit die Orte, und nicht mehr die Menschen, ihre ursprüngliche Reinheit wieder finden.“ (11) 

Aber zu Beginn der jüdischen nationalen Bewegung hat kein Intellektueller jemals ein solches „Argument“ vorgebracht. Die zionistische Argumentation nach Elias Sanbar ist völlig aus der Luft gegriffen. Übrigens genügen ein paar Worte, um die Geschichte zu verzerren, und hier geschieht das durch das Wort Erlösung, das absichtlich verwendet wird, um den Zionismus zu nazifizieren – umso mehr noch, wenn man ihm das Wort Reinheit anfügt, das seit dem Zweiten Weltkrieg Rassismus evoziert. Die Erlösung, die von der zionistischen Bewegung gepriesen wird, bedeutet in Wirklichkeit die körperliche und geistige Erlösung der durch die Diaspora verkümmerten Juden, das heißt der Juden, die durch die Unterwerfung und die Gewalt, die durch das Exil entstanden, gezeichnet waren. Der Diskurs des Zionismus hat sich gegen die Kolonialisierung des Judentums gebildet, und aus diesem Grund versteht er unter Erlösung die Aufhebung der Entfremdung des Judentums mehr noch als die Konstitution der Juden als politischer Subjekte. Und keine völkische Nostalgie. (12) 

Palästina wird anschließend im selben Text von Elias Sanbar als „versprochener oder leerer Raum [beschrieben], der auf die Abreise seiner jahrhundertelangen Bewohner wartet“. (13) Tatsächlich hat sich die Geschichte des Zionismus vor Ort in den Jahren 1880–1920 (das heißt während der Ansiedelung jüdischer Einwanderer im heiligen Land ab 1882) durch Verluste und Gewinne vollzogen. Ebenso wie die Demografie Palästinas am Ende des 19. Jahrhunderts unbekannt ist (ungefähr 500.000 Einwohner). (14) Zu behaupten, dass der Zionismus die „Palästinenser“ umtauft, um „Araber“ aus ihnen zu machen, heißt, in einen erstaunlichen Anachronismus abzugleiten, da doch in den 1880er Jahren nur selten von „Palästina“ die Rede ist. Das Wort wurde von den Römern nach der Zerstörung des Tempels mit der Absicht gebildet, jede Spur jüdischer Präsenz in Judäa auszulöschen. Es wäre auch ganz unverständlich, warum die Juden die Worte ihrer Unterdrücker verwenden sollten, um ihre Heimaterde zu bezeichnen. (15) 

Die Gleichheit mit den Juden begreifen

Die „Palästinafrage“ verweist auch auf die psychische Ökonomie einer Welt, die Mühe damit hat, jegliche Form von Gleichheit mit den Juden zu begreifen, welche von einer Moderne gepriesen wird, die nur Subjekte mit gleichen Rechten und vernunftbegabte Bürger kennt. Waleed al-Husseini, ein junger Palästinenser, der nach Frankreich geflüchtet war (und zwar seinen eigenen Aussagen nach in offenem Bruch mit dem Islam), schrieb im Sommer 2016 (16): „Was die antijüdische Dimension im Islam angeht, so ist sie historisch und geistig, sie ist zu einem gesellschaftlichen Habitus geworden. Sie kommt also auch in Europa zum Ausdruck, wo die Muslime erneut mit den Juden zusammenleben müssen, aber dieses Mal als Staatsbürger mit vollem Recht wie sie selbst, was nicht der Fall war, als sie in den muslimischen Ländern bis zu deren Kolonialisierung lebten. Diese Gleichheit des Rechts und des Status zwischen Juden und Muslimen ist für sie nur schwer zu akzeptieren.“ 

Diese Lage, die ganz direkt den muslimischen Anordnungen der „dhimmitude“ zuwiderläuft, legt Rechenschaft von der Verschlimmerung der antijüdischen Gewalt im 19. und 20. Jahrhundert ab. Die Kolonialisierung spielt darin ebenfalls ihre Rolle, insofern der Kolonialherr oft die Gemeinschaften gegeneinander aufzuwiegeln weiß. Aber auch aus anderen Gründen: denn die Kolonialisierung war, wenn auch gegen ihren eigenen Willen, Trägerin einer Modernisierung, das heißt, wenn auch nur in geringem Maß, einer Verwestlichung der Mentalitäten und Verhaltensweisen. Eine Entwicklung, die mit der traditionellen Unterwerfung des jüdischen Menschen unvereinbar ist, deren buchstäbliches Ende das arabische Bewusstsein zutiefst beunruhigt. 

In der irakischen Gesellschaft, die seit 1932 unabhängig ist, ruft beispielsweise die rechtliche Gleichheit, die von der Verfassung des neuen Staates gepriesen wird, eine antijüdische Feindseligkeit hervor, die vom Numerus clausus an den Schulen bis zum Handelsboykott und sogar bis zu offenen Gewalttaten gegen Ende der 1930er Jahre reicht. Es handelt sich nicht nur um Auswirkungen des Palästinakonflikts, sondern unmittelbarer noch um das Zerbrechen eines ehemaligen Gleichgewichts, das traditionellerweise die Beziehungen zwischen Juden und muslimischen Arabern beherrschte.

Wahrheit über den gestürzten Herrn

Das jahrhundertealte Gleichgewicht des Unterdrückten, der in seiner Stellung zu bleiben weiß, wird durch eine moderne Verfassung zerbrochen, die den Juden wie allen anderen Staatsbürgern die Gleichheit zugesteht, was sich durch ihren Zugang zu allen gesellschaftlichen und kulturellen Bühnen ausdrückt, auf denen die einstige Bevormundung nicht mehr gilt. Theoretisch. Denn diese prinzipielle Gleichheit, die schon schwer zu akzeptieren ist, ist es noch umso mehr, wenn die gesellschaftliche Rivalität und der Groll eine wachsende Feindseligkeit schüren. Das ist es, was im Zentrum der so schwierigen Akzeptanz der Juden in den unabhängigen arabischen Nationen des 20. Jahrhunderts steht. In den meisten Fällen haben der Zionismus und der Palästinakonflikt wahrscheinlich nur die Spannungen beschleunigt oder waren gar nur ein Alibi, um nicht die Wahrheit über den gestürzten Herrn sagen zu müssen. (17)

Die Palästinafrage problematisiert auch die arabische Einwanderung nach Palästina von den Nachbarstaaten aus (Ostjordanien, Syrien, Libanon, Ägypten und sogar Irak), die von der Entwicklung der nationalen jüdischen Heimstätte angezogen wurde. Das zeigen die britischen Einwanderungsregister, die von Henry Laurens (18) für die Zeit von 1920–1947 untersucht wurden. Die Bevölkerung Palästinas steigt in der Zeit zwischen den Kriegen beträchtlich an, und zwar weniger durch die Einwanderung von Juden (die von 1933 bis 1937 unterstützt wurde) als vielmehr durch eine starke Einwanderung von Arabern, die, weil sie einen wirtschaftlichen Hintergrund hat, sich in den Gebieten der jüdischen Besiedelung niederlässt. (19) 

Auszug aus dem Buch Die Juden der arabischen Welt“ von Georges BensoussanÜbersetzung: Jürgen Schröder, Sprache: Deutsch, 192 Seiten, Klappenbroschur
19,90 €,
hier bestellbar

Georges Bensoussan, geb. 1952 in einer alteingesessenen jüdischen Familie Marokkos, die nach Frankreich auswanderte, ist Historiker, Experte für europäische Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Kulturgeschichte der jüdischen Welt.  Er ist Chefredakteur der französischen Zeitschrift „Revue d'Histoire de la Shoah“. Gleichzeitig verantwortet er die Veröffentlichungen des Mémorial de la Shoah in Paris, so zum Beispiel über das von Emanuel Ringelblum und anderen im Warschauer Ghetto angelegte und versteckte Archiv. Er wurde u.a. 2008 mit dem Prix Mémoire de la Shoah der Fondation Jacob Buchmann, verliehen von der Fondation du Judaïsme Français, ausgezeichnet.
 

Fußnoten:

(1) Eliezer Cherki, dem ich für diese fundierte und problematisierende Aufhellung danke, stellt in dem Gespräch, das er am 6. Mai 2016 mit mir führte, die Bedeutung der Toponymie Arabiens im Koran klar. Außer d’al-Safâ und al-Marwa (Koran, II, 153) zitiert er auch al-Hijr (Koran, XV, 80), al-Arim (Koran, XXXIV, 15), den Berg Arafat (Koran, II, 198), eine „nicht erschöpfende Liste“, wie er betont. Und fügt „die Tiefe der arabischen und beduinischen Sättigung (die offensichtlich ist und nie bestritten wurde) bei Mohammed in ihrer sprachlichen, kulturellen, religiösen, historischen, legendenhaften und auch geografischen Dimension [hinzu]. [...] In diesem Zusammenhang sollte man nicht nur die Toponymie, sondern auch die Welt der beduinischen Sitten und Gebräuche erwähnen, die im Koran einen sehr breiten Raum einnehmen (selbst wenn es dabei oft nur darum geht, sie zu verurteilen): al-ba’hirâ, al-sâ’iba, al-wasîla, al-’hâmi (Koran, V, 25) etc.“ „Das Ganze wird offensichtlich gekrönt“, fügt er im Lauf desselben Gesprächs hinzu, „von der Zentralität des polytheistischen Heiligtums der Ka’aba (Koran, II, 119, III, 90 etc. noch mehrmals erwähnt). Gereinigt und eingearbeitet in eine monotheistische Perspektive, wird das ganze komplexe polytheistische Ritual mit diesem Ort verknüpft, der en bloc in den Islam integriert wird, und zwar nicht nur in den Einzelheiten des Hadsch, sondern auch im Hinblick auf die heiligen Orte, die damit verbunden sind: zunächst natürlich der schwarze Stein, aber auch die heilige Quelle des Zamzam, die Steinwürfe bei Minâ, die Stationen bei Muzdalifa etc.“ 

(2) Die Übersetzung von Jerusalem hat nie „die am weitesten entfernte Moschee“ bedeutet, sondern „die himmlische Moschee“. Und diese mystische Erhöhung Mohammeds habe sich in einem Traum von Mekka aus ereignet, erklärt Cherki. 

(3) Im Jahr 2002 hatte Nusseibeh den Eklat bereits in seinem eigenen Lager herbeigeführt. Gemeinsam mit dem Israeli Ami Ayalon hatte er eine Erklärung unterzeichnet, die auf dem Prinzip „zwei Völker, zwei Staaten“ beruht. Daraufhin wird er von Yassir Arafat seiner Ämter enthoben. 

(4) Wie Pierre-André Taguieff berichtet, RHS, Oktober 2016, Nr. 205.

(5) Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas erklärte einen Monat zuvor, am 24. September 2015: „Die Juden haben nicht das Recht, die Al-Aqsa-Moschee mit ihren schmutzigen Füßen zu besudeln. Wir erlauben es ihnen nicht, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Jerusalem zu beschützen.“ Siehe http://www.memri.fr/2015/09/24. 

(6) Letztendlich kippt die Entjudaisierung ins Lächerliche um. Im Mai 2016 versichert die offizielle Facebookseite der Fatah, dass der Davidstern in Wirklichkeit ein ausschließlich muslimisches Symbol ist: „Hunderte von Jahren vor der Gründung des Staates Israel wurde der Daoudstern (Davidstern) in der islamischen Kunst in Palästina benutzt, aber auch in Andalusien, in Marokko. [...] Der Daoudstern ist mitnichten ein zionistisches Symbol.“ Siehe http:///www. lemondejuif.info/2016/05/fatah-de-mahmoud-abbas-letoile-de-david-symbole-islamique/.

(7) Nazmi Al-Jubeh in: Abdelwahab Meddeb und Benjamin Stora (Hg.), Histoire des relations entre juifs et musulmans des origines à nos jours, a.a.O., S. 117.

(8) Von 1938 an wird Hitler in mehreren arabischen Zeitungen des Mittleren Orients mit Mohammed verglichen. Auch der persische Islam ist betroffen: Zu Beginn des Jahres 1941 berichtet Erwin Ettel, deutscher Botschafter in Teheran über Gerüchte, denen zufolge in der schiitischen Welt manche behaupten, dass Hitler der zwölfte Imam sei, der von Gott auf die Erde geschickt wurde. Ettel fährt fort: „So ist völlig ohne Zutun der Gesandtschaft eine mehr und mehr um sich greifende Propaganda entstanden, die in dem Führer und damit in Deutschland den Retter aus aller Not erblickt [...]. Ein Teheraner Bildverleger hat in seinem Verlage Bilder des Führers wie auch Alis, des ersten Imams, hergestellt [...]. Es bedeutet: Ali ist der erste, Adolf Hitler der letzte Imam“ (zitiert von Martin Cüppers und Klaus-Michael Mallmann, Halbmond und Hakenkreuz, a.a.O., S. 42). Im Mai 1941 wurden in Bagdad Fotos von Hitler in den Schaufenstern ausgestellt, was auch schon 1938 in Dschenin in Palästina geschah. Bereits am 31. Mai 1933 hatte der Mufti von Jerusalem mit dem deutschen Konsul in Jerusalem, Heinrich Wolff, Kontakt aufgenommen, um ihm zu versichern, dass die Muslime „das neue Regime Deutschlands begrüßen“ (ebd., S. 49). Im März 1937 notierte Doehle, Wolffs Nachfolger im deutschen Konsulat in Jerusalem, die „Sympathien, die Deutschland bei den Arabern hat [...] und die Bewunderung, welche unser Führer genießt.“ „Wenn man sich bei einer bedrohlichen Haltung einer arabischen Volksmenge als Deutscher zu erkennen gab, war dies im allgemeinen schon ein Freibrief für ungehindertes Passieren“, erklärt er. „Wenn man sich aber durch den deutschen Gruß ›Heil Hitler‹ auswies, schlug die Haltung der Araber meist in Begeisterung um und der Deutsche kam zu Ovationen, bei denen die Araber den deutschen Gruß stürmisch erwiderten“ (ebd., S. 51f.). Im Februar 1939 verkündete König Ibn Saud, der Herrscher Arabiens: „Alle Araber und Mohammedaner in den verschiedensten Gegenden der Welt hätten eine große Achtung für Deutschland, die noch gesteigert worden sei durch den Kampf, den Deutschland gegen das Judentum, den Erzfeind der Araber, führe“ (ebd., S. 46). Am 10. März 1939 berichtete ein deutscher Hauptmann bei seiner Rückkehr aus Nordafrika: „In jedem Gespräch mit Arabern bekunden diese ihre Freude über den Antisemitismus“ (ebd., S. 48). 

(9) Michel Abitbol, Juifs et Arabes au XXe siècle, a.a.O., S. 354.

(10) Elias Sanbar, in: Abdelwahab Meddeb und Benjamin Stora (Hg.), Histoire des relations entre juifs et musulmans des origines à nos jours, a.a.O. 

(11) Ebd., S. 293.

(12) Aufgrund des Bezugs zur Rassenideologie, die einen Teil der deutschen Kultur unter dem II. Reich (1871–1918) durchdringt. Sie ist durch den Willen der „Rückkehr“ zu den „wahrhaften“ pastoralen und ländlichen Wurzeln Deutschlands gekennzeichnet.

(13) Elias Sanbar in: Abdelwahab Meddeb und Benjamin Stora (Hg.), Histoire des relations entre juifs et musulmans des origines à nos jours, a.a.O., S. 294. 

(14) Die Unkenntnis der Demografie lässt uns vergessen, dass die bescheidenen Bevölkerungszahlen der damaligen Zeit eine politische Lösung erlaubten. Mit anderen Worten, das Fehlen des Ordnungswillens hat in die gegenwärtige Sackgasse geführt.

(15) „Palästina“ kommt von „Philister“, das seinerseits aus dem Wort Plechet hervorgegangen ist, ein Landstreifen, der zwischen Gaza und Aschkelon liegt. Die Philister führten Krieg gegen die Judäer. Nach der Niederlage der Juden im Jahr 135 benennen die Römer die Provinz in Palästina um, um sie von der jüdischen Sprache und vom jüdischen Volk abzutrennen. In der jüdischen Bibel hat das Land keinen festen Namen, er variiert von Judäa zu Kanaan und Israel. Während der Zeit der Mischna (von 200 v. Chr. bis 600 n. Chr.) trägt es den Namen Eretz Israel. 

(16) Waleed al-Husseini, Une trahison française, Ring, 2017. 120 

(17) Die schwierige Anerkennung des jüdischen Anteils an der arabischen Geschichte ruft die erstaunliche Auslassung der jüdischen Opfer in der Liste der Attentate, die vor kurzem in Frankreich begangen wurden, in Erinnerung. Das geht aus der Stellungnahme hervor, die von 41 muslimischen Persönlichkeiten Frankreichs im Journal du dimanche am 31. Juli 2016 unterzeichnet wurde. Le Monde spricht von einem „schädlichen Fehltritt“, von einer „offensichtlichen und ärgerlichen Auslassung“ und erinnert an eine Aufstellung der Opfer, die die von Mehra ermordeten Juden in Toulouse im Jahr 2012 bis zum Großmarkt für koscheres Fleisch von Vincennes im Januar 2015 von Amts wegen vergisst. Auch wenn der persönliche Wert der meisten Unterzeichner nicht in Frage steht, offenbart diese Fehlhandlung die Macht des kulturellen Hintergrunds. Als Reaktion auf die Stellungnahme der 41 schrieb der Großrabbiner Frankreichs, Haïm Korsia, im August 2016: „Einzeln betrachtet, handelt es sich zwar um untadelige Menschen. Aber in dieser Sache wagen sie nicht, die Dinge so zu sagen, wie sie sind. Ihre Initiative ist zwar gut, aber warum haben sie nicht zehn Tage später den Text selbst geändert und sich stattdessen mit einer Richtigstellung begnügt?“ 

(18) Henry Laurens, La Question de Palestine, Band II: Une mission sacrée de civilisation, Paris: Fayard, 2002. 

(19) In dem betreffenden Werk kommt auch der marokkanische Historiker Mohammed Kenbib zu Wort, der Autor einer Dissertation über die jüdisch-muslimischen Beziehungen in Marokko (zwischen 1859 und 1948). Sein Ruf als Forscher wurde von mehreren Historikern in Zweifel gezogen. Sie stellten die „Manipulation“ von Archiven fest, die sie selbst konsultiert hatten. Auf 750 Seiten neigt Mohammed Kenbib dazu, die Juden allein für die Leiden verantwortlich zu machen, die sie in Marokko ertrugen, und letztendlich auch für ihre Abreise. Aufgrund ihres häufig unehrlichen, betrügerischen, wucherischen, wenn nicht gar offen verräterischen Verhaltens bei der Ankunft der Franzosen im Jahr 1912 haben die Juden, so lautet seine Erklärung, die Freundschaft der marokkanischen Muslime verloren. Der Autor führt eine Vielzahl von Texten an, die der antisemitischen Literatur Europas der damaligen Zeit entnommen sind, als ob es darum ginge, seine Behauptungen zu stützen. Einer der besten Orientalisten Frankreichs, Paul B. Fenton, Professor an der Sorbonne (Universität Paris-Sorbonne) erinnert an den militärischen Zwischenfall vom 12. Januar 1908, den Einfall einer französischen Kolonne, die aus Casablanca ausrückte, um einen Stamm zu unterwerfen, der sein Lager in der Umgebung von Settat aufgeschlagen hatte. Am 15. Januar 1908 rückt die französische Infanterie in das mit Ausnahme der Juden verlassene Settat ein. Aber „beim Abzug der Franzosen haben sich die Araber auf die Mellah gestürzt mit dem Ziel, sie zu vernichten, weil sie den französischen Truppen zugejubelt hätten. Etwa vierzig Israeliten wurden getötet“ (Bericht der Alliance Israélite Universelle). In seinem Werk Le Pogrom de Fez ou le Tritel 1912 (zweisprachige, französisch-hebräische Ausgabe, Yad ben Zvi, 2012) schreibt Paul Fenton (S. 26): „Als die französische Armee zwei Wochen später wieder durch diese Stadt kam, fand sie in einem Gebäude ihre unglücklichen Witwen und Waisen, ‚bis zum Tod misshandelt und ausgehungert‘, die sie anflehten, sie nach Casablanca zu bringen.“ Der französische Gelehrte schreibt über diesen Zwischenfall, dass er von Mohammed Kenbib in Juifs et musulmans au Maroc, Rabat, Universität Mohammed V., 1994, S. 327, auf irreführende Weise entstellt wurde. Im selben Werk schreibt Fenton mit Bezug auf die französische Bombardierung von 1912: „Dagegen ist die Erklärung, dass die Mellah im Wesentlichen durch die Bombardierung der Franzosen zerstört wurde, wie der Historiker Mohammed Kenbib meint, eine Entstellung der Wahrheit, die darauf abzielt, die Hauptschuld auf die Franzosen abzuwälzen und den unleugbaren Anteil der marokkanischen Muslime an der Zerstörung zu verschleiern. Kenbib behauptet sogar, dass es die französischen Melinitgranaten waren, die die Brände hervorriefen, welche ‚ganze Häuserreihen‘ zerstörten“ (A.a.O., S. 92). 

Foto: Claude Truong-Ngoc CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Christian Feider / 07.07.2019

ich wünsche den Juden und Isrealis Ihren eigenen Staat in festen Grenzen und gesichert durch Ihre IDF und Verbündete. DAS alleine schon deshalb,weil die semitische Lebensweise der Clan/ehtnischen Gruppen/Völkerschaften dort vor Ort seit ewigen Zeiten Unfrieden stiftet und man das in anderen Regionen vermeiden sollte zu kopieren. wenn ich von semitisch rede,dann meine ich das komplette semitische Siedlungsgebiet,das die arabische Halbinsel, die Levante und Teile Nordafrikas umschliesst(so ich richtig informiert bin) Ich kann mich täuschen,aber aus keiner Ecke der Welt kam über die Jahrtausende mehr Ärger über den Rest der Welt. Insofern,Euch viel Glück und Frieden, damit auch bei uns der Frieden erhalten bleibt!

Heinrich Lodsch / 07.07.2019

Die Qibla der ersten Muslime war auf Petra ausgerichtet, Mekka kam im Koran wohl erst nach einer Redigation durch die Abbasiden vor. Auf Jerusalem war die Qibla nie ausgerichtet.  

Cora B. Hermann / 07.07.2019

Wer wird dieses Buch lesen? Wer daraus lernen? Doch - die Hoffnung stirbt zuletzt!

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