Es kracht gewaltig zwischen Donald Trump und Elon Musk. Trumps protektionistische Haltung zum Schutz amerikanischer Industriearbeitsplätze trifft auf Musks global orientiertes Unternehmerdenken. Endlich mal wieder Debatte!
Was einst als politische Zweckfreundschaft begann – zwischen einem Mann, der erneut für die Republikaner Präsident werden wollte, und einem Unternehmer, der lange Zeit den Demokraten nahestand – ist nun in eine öffentliche Schlammschlacht eskaliert. Die Debatte zwischen Donald Trump und Elon Musk ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch richtig und wichtig. Aber worum genau geht es?
Im Zentrum steht die Gesetzesvorlage mit dem charakteristisch Trump'schen Namen „One Big Beautiful Bill Act“. Dieses umfassende Gesetzespaket beinhaltet unter anderem weitreichende Steuerreformen, Kürzungen bei sozialen Leistungen und erhebliche Investitionen in die Grenzsicherung. Für viele Kritiker ist dies eine Umverteilung zugunsten der Wohlhabenden. Aus Trumps Sicht jedoch verfolgt das Gesetz ein konkretes Ziel: den Schutz jener Amerikaner, die unter den Folgen einer über Jahre hinweg fehlgeleiteten Einwanderungspolitik leiden.
Diese Menschen, vielfach aus der Arbeiterschicht, haben erlebt, wie ihre Löhne unter Druck geraten, weil durch illegale Einwanderung ein Heer extrem billiger Arbeitskräfte ins Land gekommen ist. Hinzu kommen soziale Spannungen, die vielerorts durch Gewalt und überlastete Infrastrukturen entstehen. Trump betont ausdrücklich, dass es ihm um die Kontrolle illegaler Einwanderung geht, nicht um legale Migration. Seine Politik richtet sich an Bevölkerungsgruppen, die sich von Washington übersehen und von der linken Elite verspottet fühlen.
Elon Musk hingegen äußert scharfe Kritik an dem Gesetz. Er bezeichnete es als „widerliche Abscheulichkeit“ und „Schuldenknechtschaftsgesetz“. Besonders empört zeigte sich Musk über die massiven Ausgaben, die es verursachen würde. Das Congressional Budget Office prognostiziert, dass das Gesetz das Haushaltsdefizit um über 2,5 Billionen US-Dollar erhöhen würde. Elon Musk bringt seine Kritik auf den Punkt, indem er sagt, eine staatliche Regelung könne niemals big und beautiful zugleich sein, also nicht groß und schön, sondern nur groß und hässlich („big and ugly“) oder schön und klein.
Gegenüberstellung zweier Weltbilder
Musk vertritt in wirtschaftlichen Fragen somit eine eindeutig libertäre Haltung, ähnlich wie der argentinische Präsident Javier Milei. Es geht ihm um fiskalische Disziplin, marktwirtschaftliche Eigenverantwortung und die Reduzierung staatlicher Eingriffe. Aus dieser Sicht erscheint ein Gesetz, das sowohl Steuern senkt als auch massive Ausgaben vorsieht, als ein gefährliches Ungleichgewicht, das langfristig die wirtschaftliche Stabilität der Vereinigten Staaten bedroht. Musk betont, ein zu großzügiger Staat zerstöre die Innovationskraft des Marktes. Für ihn geht es um die Grundfrage, wie der amerikanische Staat sich in die Wirtschaft einmischt und welche langfristigen Effekte dies auf Unternehmertum und Freiheit hat.
Dazu kommt, dass sich die beiden nun auch in einem zweiten zentralen Punkt offen widersprechen: den Zöllen. Musk hält diese Zollpolitik für wirtschaftlich töricht und hat sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen. Er warnt davor, dass derartige Zölle Innovation hemmen, die Preise für Konsumenten erhöhen und den freien Handel gefährden können. Auch hier stehen sich zwei Weltbilder gegenüber: Trumps protektionistische Haltung zum Schutz amerikanischer Industriearbeitsplätze und Musks global orientiertes Unternehmerdenken.
Als wäre das nicht genug, wird der Streit auch auf persönlicher Ebene aufgeladen. Trump reagierte auf Musks Kritik mit Enttäuschung. In Interviews sagte er, er sei „sehr enttäuscht“ und habe „so viel für Elon getan“. Dabei ließ er offen, worauf er genau anspielte, doch aus seinen Worten sprach die Erwartung, dass Musk ihm loyal gegenüber sein möge. Diese Haltung offenbart nicht nur eine persönliche Kränkung, sondern auch einen grundsätzlichen Unterschied im Politikverständnis: Während Trump Politik mit Loyalitäten verknüpft und stolz darauf ist, einzelnen Unternehmern konkret geholfen zu haben, steht Musk für eine scharfe Trennung zwischen Staat und Wirtschaft. Er möchte nicht in einem Land leben, in dem eine Regierung nach Gutdünken erklärt: „Ich tue jetzt mal etwas für einen Unternehmer“ – mit dem unausgesprochenen Zusatz, dass daraus später ein politischer Vorteil entstehen soll.
Musk ist überzeugt, dass das Verhältnis zwischen Staat und Unternehmen nicht auf Gegenseitigkeit beruhen sollte, sondern auf klaren Regeln. Für Musk soll der Staat Rahmenbedingungen schaffen, sich dann aber möglichst heraushalten. Unterstützen ja, aber keine Gunstbeziehungen. Deshalb ist seine Enttäuschung nicht emotionaler, sondern grundsätzlicher Natur. In gewisser Weise verkörpert er ein idealistisches Freiheitsdenken, das auf institutioneller Neutralität beruht.
Trump und die Epstein-Akten
Einen besonderen Höhepunkt erreichte der Streit, als Trump öffentlich drohte, die staatlichen Förderungen und Verträge mit Musks Unternehmen, vor allem SpaceX, zu kündigen – mit der Begründung, dass dies Milliarden im Haushalt einsparen würde. Musk reagierte darauf prompt und kündigte an, das Dragon-Raumfahrzeug-Programm von SpaceX sofort einzustellen.
Hunderttausende von Usern auf X kommentierten diesen Streit öffentlich, aber die Stimme eines kleinen Users, der zum Zeitpunkt seiner Intervention nur ein paar hundert Follower hatte, schaffte es, die hitzige Debatte etwas herunterzukühlen. „Alaska“ nennt sich die Person. Alaska mahnte beide Parteien, sich abzukühlen und ein paar Tage Abstand voneinander zu nehmen. Elon Musk, der selbst über mehr als 150 Millionen Follower auf X verfügt, griff diesen Rat auf und erklärte kurz darauf, dass SpaceX das Dragon-Programm doch nicht einstellen werde.
Der Aufruf, die Auseinandersetzung etwas herunterzufahren, kam zu einem Zeitpunkt, als der Streit drohte vollständig zu eskalieren. Kurz zuvor hatte Musk einen Post veröffentlicht, der die Auseinandersetzung erneut angeheizt hatte. Er schrieb auf X:
„Zeit, die richtig große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump taucht in den Epstein-Akten auf. Das ist der wahre Grund, warum sie nicht veröffentlicht wurden. Einen schönen Tag noch, DJT!“
Diese Aussage ließ aufhorchen – nicht nur wegen der Schärfe, sondern auch wegen des Inhalts. Dabei ist der Umstand, dass Donald Trump in den kürzlich freigegebenen Gerichtsakten im Zusammenhang mit Jeffrey Epstein erwähnt wird, längst keine Neuigkeit mehr. Seit Monaten ist öffentlich dokumentiert, dass Trump – wie viele andere Prominente auch – namentlich in den Unterlagen auftaucht, vor allem im Zusammenhang mit sozialen Kontakten in den 1990er Jahren. In keiner der bisher bekannten Akten wird ihm ein strafbares Verhalten unterstellt. Im Gegenteil: Schon 2019 erklärte die Anwältin Lisa Bloom, dass Trump einer der wenigen Prominenten gewesen sei, die früh öffentlich auf Distanz zu Epstein gingen und ihn bereits 2009 aus seinem Club in Mar-a-Lago verbannten. Trump selbst sagte damals:
„Ich war kein Fan von ihm. Ich hatte irgendwann einen Streit mit ihm, und danach habe ich nie wieder etwas mit ihm zu tun gehabt.“
Die Andeutung, Trump sei tiefer in das Epstein-Netzwerk verstrickt gewesen, bleibt also spekulativ und ohne belastbare Grundlage. Was Musk hier ins Spiel bringt, ist weniger ein juristischer Vorwurf als eine politische Eskalation – eine Provokation auf offener Bühne.
Trump bleibt immer Showkampf-Entertainer
Mit dieser Anklage mutierte die Auseinandersetzung endgültig zu einem Showkampf, ausgetragen vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Es ist eine Form des Kampfes, die Trump nicht scheut – im Gegenteil, sie motiviert und elektrisiert ihn. Man sollte eines nie vergessen: Trump ist nicht nur Politiker, er ist Entertainer. Wer ihn verstehen will, muss wissen, dass seine Karriere vor der Politik auf der Bühne des Showbusiness begann. Besonders prägend war seine Nähe zum Wrestling-Zirkus: Er trat bei der WWE auf, inszenierte sich als Teil des Spektakels. Deshalb sage ich: Du kriegst Trump vielleicht aus dem Ring raus, aber nicht den Ring aus Trump!
Trump wird immer auch ein Stück weit der Showkampf-Entertainer bleiben, der er einmal war – und das spiegelt sich auch in der Art und Weise, wie er Politik macht: konfrontativ, dramatisch, mit klarer Rollenverteilung zwischen Freund und Gegner. Musk nimmt den Streit an. Gut so!
Die Epstein-Andeutung von Musk hatte zudem einen gewissen humoristischen Nebeneffekt: Ausgerechnet der offizielle X-Account der Demokratischen Partei rief kurz darauf mit dem in Großbuchstaben geschriebenen Aufruf „KILL THE BILL AND RELEASE THE EPSTEIN FILES!“ – also „Stoppt den Gesetzesentwurf und veröffentlicht die Epstein-Akten!“ – dazu auf, die Akten vollständig zu veröffentlichen. Da in den Epstein-Akten auch zahlreiche prominente Demokraten erwähnt werden, darunter beispielsweise Bill Clinton, sorgt es für eine gewisse ironische Pointe, dass ausgerechnet die Demokraten in dieser Situation Transparenz fordern, während das Material auch für ihre eigene Partei heikel ist.
Der offene Streit ist radikale Transparenz
Trotz der Schärfe in Ton und Inhalt ist dieser Streit in meinen Augen kein Bruch, sondern ein Ausdruck gelebter Streitkultur.
Ich finde diesen Streit gut, weil diese Form der leidenschaftlichen, brutalen und offenen Kommunikation in eine Zeit fällt, in der solche Streitigkeiten alles andere als erwünscht sind. Der Streit fällt in eine Zeit, in der häufig zensiert oder gecancelt wird. Wenn der Ton auch nur etwas zu rau wird, droht nicht selten eine Löschung oder Sperrung in den sogenannten sozialen Netzwerken. Ich mag diese wachsende Intoleranz gegenüber rauen Debatten nicht. Wer heute vom Konsens abweicht, wird nicht selten ausgegrenzt oder aus dem Diskurs gedrängt. Deshalb finde ich es gut, dass nun zwei der führenden Stimmen der USA öffentlich und unverblümt streiten.
Man darf nämlich ebenfalls nicht vergessen, dass Donald Trump einst von dem damals noch Twitter genannten X für lange Zeit gesperrt wurde. Es gab eine Zeit, in der Twitter klaren politischen Einfluss auf Meinungen und Haltungen nahm, indem Inhalte gezielt zensiert und politisch motiviert gelöscht wurden. Dass diese Art von Zensur heute nicht mehr im gleichen Maße stattfindet und dieser Streit, so unangenehm oder hässlich er für viele Menschen auch sein mag, offen ausgetragen wird, ist ein gutes Zeichen.
Viele fordern in der Politik immer mehr Transparenz. Der offene Streit ist radikale Transparenz. Wir sollten uns nichts vormachen: Diese Art von Streitigkeiten gab es schon immer, besonders in der Politik. Hinter den Kulissen der Biden-Administration ging es gewiss nicht ruhiger zu und in den Räumen der Familie Clinton wird es auch nicht zivilisierter sein. Bisher fanden diese Dramen jedoch hinter verschlossenen Türen statt. Ich finde es deutlich besser, wenn solche Auseinandersetzungen öffentlich ausgetragen werden. Man sieht dadurch, dass Politiker auch nur Menschen sind, die sich ebenso streiten, wie viele Bürger das in ihren WhatsApp-Gruppen oder anderen privaten Gesprächen tun, wo es ebenfalls oft sehr hitzig zugeht. Wie heißt es so schön? „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“
Am pointiertesten brachte es die Podcasterin Blaire White auf den Punkt, die schrieb: „Ich hätte nie vorausgesehen, dass Trump und Elon die hässlichste schwule Scheidung in der Geschichte des Pride Month haben würden.“ Die letzten Worte gehören aber der Stand-up-Comedian und Fox-News-Mitarbeiterin Kat Timpf, die schrieb: „Zum Glück haben wir nicht mehr Frauen in Machtpositionen. Sonst könnte es zu dramatisch werden!“
Gerd Buurmann. Als Theatermensch spielt, schreibt und inszeniert Gerd Buurmann in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Er ist Schauspieler, Stand-Up Comedian und Kabarettist. Im Jahr 2007 erfand er die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Mit seinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und den von ihm entwickelten Begriffen des „Nathan-Komplex“ und des „Loreley-Komplex“ ist er in ganz Deutschland unterwegs. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten. Sein Lebensmotto hat er von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!“