Mütter sind keine besseren Menschen! Nicht-Mütter auch nicht

„Ich habe vier Kinder, Angela Merkel hat keine. Kinder veranlassen einen, über den eigenen Lebenshorizont hinaus zu sehen. Und das tut Merkel eben nicht.“ Dieser Satz stammt von Frauke Petry, der Sprecherin der "Alternative für Deutschland", aus einem kürzlich geführten Interview mit dem „Stern“. Sie macht den aktiven Gebrauch der eigenen Gebärmutter zum Verursacher von vorausschauender Politik. Und das Spannende daran: Sie trifft damit den Nerv vieler Mütter, denn sie greift bestehende Vorurteile gegenüber kinderlosen Frauen auf und spannt diese indirekt vor den Karren ihrer Partei.

Daniela Wakonigg, Redakteurin des „Humanistischen Pressedienstes“, versucht, gegen diese Haltung Position zu beziehen. Jedoch geht dieser Versuch fürchterlich in die Hose und bestätigt damit leider eine alte Erkenntnis: „Es gibt keine politische Haltung, die so schlimm ist, als dass die Kritik nicht noch schlimmer sein kann.“ Wakoniggs Replik auf Frauke Petrys ist ein Musterbeispiel dafür. In ihrem Kommentar „Mütter sind keine besseren Menschen“ springt sie zunächst – und dies auch zu Recht – den kinderlosen Frauen bei:

„Liebe Frauke Petry, liebe Mütter in den Kommentarspalten! Es macht einen Menschen nicht per se zu einer höheren moralischen Instanz, wenn der Körper als Brutkasten für den eigenen biologischen Nachwuchs gedient hat. Freilich kann dieser Eindruck subjektiv entstehen, wenn frau sich jahrelang mit der Kindererziehung beschäftigt und dort als Stärkere immer im Recht ist. Im normalen Leben seid ihr jedoch nicht immer im Recht. Ihr seid für Menschen, die nicht in einem Kindschaftsverhältnis zu euch stehen, nicht automatisch eine höhere moralische Instanz. Ihr seid nicht automatisch bessere Menschen und ihr habt nicht automatisch mehr Weitblick als andere. Obwohl ihr Mütter seid.

Ausgerechnet die Öko-Kirche Club of Rome als Anwalt der Nicht-Mütter

Soweit, so gut. Was Daniela Wakonigg allerdings im weiteren Verlauf ihres Kommentars im Anschluss zum Besten gibt, lässt einem Humanisten das Blut in den Adern gefrieren. Denn gewissermaßen als Gegenpol zu Petrys reklamierter Weitsicht nennt sie als Organisation, die für ihren Weitblick bekannt sei, ausgerechnet den Club of Rome! In seinem jüngst veröffentlichten Bericht, so lobt Wakonigg, habe dieser einmal mehr das dramatische Bevölkerungswachstum als ein zentrales Problem für die Zukunft der Erde benannt und empfohlen, Frauen eine Belohnung zu zahlen, wenn sie kinderlos blieben. Ist das also für Daniela Wakonigg das „über den eigenen Lebenshorizont hinaussehen“, das Frauke Petry abgeht?

Anstatt das Herstellen von Zusammenhängen zwischen Muttersein und politischer Haltung in das Denken längt vergangener Zeiten zu verfrachten, wärmt Wakonigg den Bezug selbst auf und ändert lediglich die Vorzeichen. Zugleich präsentiert sie den Glauben an den nahenden Weltuntergang, wie er seit Jahrzehnten von der Öko-Kirche „Club of Rome“ gepredigt wird, als den Inbegriff des menschlichen und zukunftsorientierten Weitblicks. Wakoniggs Kritik an Petry besteht darin, ihr vorzuwerfen, sie halte Kinderkriegen für ein Handeln mit Weitblick. Die Redakteurin des „Humanistischen Pressedienstes“ scheint also allen Ernstes zu glauben, dass man ein völlig hanebüchenes Argument („Muttersein schärft den Weitblick“) durch bloße Umkehrung („Mutterschaft ablehnen ist vorausschauend“) zu einem sinnvollen Argument macht.

Diese Anekdote veranschaulicht, was passiert, wenn humanistisches Denken von ökologischem durchzogen und gewissermaßen ins Gegenteil verkehrt wird und dieses unbemerkt bleibt. Vielleicht ist es gerade diese Qualität von sich „humanistisch“ nennender Kritik an rückschrittlichem Gedankengut, die diesem den Aufstieg so leicht macht. Mütter sind keine besseren Menschen. Das sind Nicht-Mütter aber auch nicht!

Matthias Heitmann ist freier Autor und Vortragsredner. Sein aktuelles Buch „Zeitgeisterjagd. Auf Safari durch das Dickicht des modernen politischen Denkens“ ist im TvR Medienverlag Jena erschienen (S. 197, EUR 19,90). Seine Website findet sich unter www.zeitgeistgerjagd.de. Dieser Artikel ist zuerst in der BFT Bürgerzeitung erschienen

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Bettina Landmesser / 20.09.2016

Mütter sind keine besseren Menschen…. das schreibt eine Frau, die keine Mutter ist, und das schreibt ein Mann…... Ich als Mutter würde schon sagen, Mütter sind bessere Menschen. Nicht, weil sie mit einem besseren Charakter gesegnet sind. Aber: sie haben Erfahrungen gemacht, die Nichtmütter nicht gemacht haben. Sie haben eine Schwangerschaft durchstanden und ein werdendes Leben begleitet. Ein überwiegender Teil der Mütter weiß, dass es etwas gibt, was wichtiger ist als sie selber: und das ist das Kind. Sie nimmt das wenige Geld, das sie hat, kauft dem Kind etwas, und hat das Gefühl, sie habe es für sich getan. Geld für eigenen Luxus bleibt da häufig nicht mehr übrig.  Diese Erfahrung machen andere eher nicht. Mütter haben sicher im Schnitt mehr Verständnis, mehr Lebenserfahrung, und sie sehen Kriege sicher kritischer als die Durchschnittsbevölkerung. Denn sie wissen, welchen Einsatz sie für die Aufzucht eines Menschenkindes gebracht haben, zwanzig Jahre des Lebens unermüdlicher Arbeit, finanzieller Entbehrungen. Mütter sind sicher aufgrund ihrer Erfahrungen etwas emphatischer als andere Frauen. Und sie sind selbstbewusster aufgrund ihrer Rolle als Mutter. Sie sind nicht selbstbewusst in dem Sinne kinderloser Karrierefrauen, deren Selbstbewusstsein aus dem Vergleich zum Mann herrührt. Sondern sie sind selbstbewusst aufgrund der Autorität, die sie im Familienkreis ausüben dürfen. Sie sind selbstbewusst, weil sie als Frau erfolgreich eine weibliche Tätigkeit ausüben können. Dieses natürliche Selbstbewusstsein verbreitet Frauke Petry zum Ärger mancher Mitmenschen.  Das passt heutzutage manchen Männern nicht, genauso wenig wie kinderlosen Frauen.

Maike Wieland / 20.09.2016

Es geht doch gar nicht darum, ob eine Mutter der bessere und klügere Mensch ist. Einen solchen Anspruch hat Petry in dem Interview doch gar nicht aufgestellt.  Dass aber Menschen mit Kindern - betrifft übrigens auch Väter - ganz anders auf die Zeit nach ihrer eigenen Lebensspanne schauen, als diejenigen, die keine Kinder haben, ist doch eine offensichtliche Selbstverständlichkeit. Der Club of Rome rät übrigens v.a. dazu, dass Frauen in den Industrienationen Prämien fürs Nichtkinderkriegen erhalten. Das tatsächliche Bevölkerungsproblem spielt sich jedoch ganz woanders ab: in Afrika und Asien. Und dann wird’s natürlich vollkommen idiotisch: Denn was nützte es der Bevölkerungsstatistik, wenn eine deutsche Akademikerin im Alter von 40 auf ihr statistisch vermutlich einziges Kind verzichtete, während eine Nigerianerin bzw. Pakistanerin im Alter von 35 das 13. oder 14. Kind zur Welt bringt und dann vermutlich schon 5fache Großmutter ist? DAS ist die Zeitbombe, die uns und unsere Luxusprobleme (“die hat gesagt, Mütter seien die besseren Menschen”, “nein, die hat gesagt, es ist genau umgekehrt”...etc.etc.) in die Luft jagen wird - und zwar Mütter ebenso wie Nichtmütter. Aber die ersteren werden nicht nur um ihr eigenes kleines Selbst trauern müssen.

Herwig Mankovsky / 20.09.2016

Selbstverständlich haben meist Mütter einen weiteren, realeren Blick in Richtung Zukunft. Allerdings: Merkel wäre auch mit eigenen Kindern wohl ein Ausnahme dieser These…..

Heinz Thomas / 20.09.2016

Vielleicht habe ich etwas falsch verstanden, aber mit der von Frau Petry gemachten Lebensaussage “...über den eigenen Lebenshorizont hinaus zu sehen”, meint sie gewiß nicht, dass Mütter einen größeren allgemeinen Horizont haben, also die Klügeren sind. Die Aussage dürfte eher auf den (vermuteten) “Egoismus” der Kinderlosen zielen, also auf die Einstellung “nach mir die Sintflut!” vs. “in welcher Welt werden mal meine Kinder leben?” Wenn solche Gedankengänge “hanebüchene Argumente” sind, na dann gute Nacht, Herr Heitmann.

Ernst-Fr. Siebert / 20.09.2016

„Ich habe vier Kinder, Angela Merkel hat keine. Kinder veranlassen einen, über den eigenen Lebenshorizont hinaus zu sehen. Und das tut Merkel eben nicht.“ Aber falsch sind die Sätze doch nicht? Oder nur der Letzte? Oder wäre der letzte dieser drei Sätze erst dann inhaltlich richtig, wenn die anderen beiden nicht, oder nicht in diesem Zusammenhang, gesagt worden wären? Haben Sie Kinder, Herr Heitmann? Gar Mädchen?

Stefan Peltzer / 20.09.2016

“Mütter sind keine besseren Menschen. Das sind Nicht-Mütter aber auch nicht!” Da mag schon etwas dran sein. Es kommt dabei nur auf die Definition von “besser” an. Herr Heitmann versäumt aber zu fragen, ob denn eine Mutter oder ein Vater vielleicht grundsätzlich “anders” ist als ein(e) Kinerlose(r)! Da kommt nämlich der Schwung in die Frage, den Frau Petri wohlmöglich gerne entfacht hätte! Dieser wird aber in vielen politkorrekten Ideologien lieber durch ein mantrahaftes “Nein! Alle sind gleich!” ersetzt. So, wie Herr Heitmann dies auch macht. Schade. Meine Lebenserfahrung lehrt nämlich etwas anderes: Eltern sind durchaus anders als Kinderlose. Und jetzt komme mir keiner mit Ausnahmen: Natürlich gibt es sie. Aber Eltern haben meist eine andere Sicht auf die Zukunft. Der Satz “Du sollst es einmal besser haben als ich/wir!”, den meine Oma öfters sprach, steht dafür. Kinderlose haben u.a. beim Experimentieren weniger Skrupel als diejenigen, deren geliebter Nachwuchs in der Zukunft unter den Folgen zu leiden haben. Aus diesem Grunde bin ich prinzipiell dafür, dass Eltern ein Wahlrecht für ihre Kinder wahrnehmen dürfen. Eltern vertreten nämlich die Interessen ihrer Kinder i.d.R. verantwortungsvoller als andere Wähler oder Politiker. (Es ist mir klar, dass die Flüchtlings/Einwanderungspolitik der Regierung dies praktisch undurchführbar macht, indem der Zuzug von religiös-ideologisch verblendeten Kinderreichen zugelassen wird, denen unter Umständen ein Wahlrecht eingeräumt wird.) Eltern treffen mitunter Entscheidungen zu Gunsten ihrer Kinder, die ihren eigenen Interessen entgegen stehen (Verzicht!). Ich will hier nicht mit Beispielen nerven, aber die Ansicht eines von mir sehr geschätzten kinderlosen Arbeitskollegen macht den Unterschied zwischen Eltern und Kinderlosen deutlich: Er lebt mit dem Fuß auf durchgedrücktem Gaspedal, jeder Urlaubstag wird auf einem Kreuzfahrtschiff verbracht und die Alterversorgung ist drittrangig. Zitat:” Im Alter lasse ich die Allgemeinheit für mich bezahlen. Denn wer weiß, was das gesparte Altersruhegeld noch wert wäre! Ich lebe jetzt!” Ich dagegen würde lt. Gesetzeslage meinen beiden Söhnen auf der Tasche liegen. Dies will ich um jeden Preis vermeiden. Herr Heitmann glaubt aber, dass die Unterschiede zwischen Eltern und Kinderlosen sich nicht auch bei Politikern in der von ihnen vertretenen Politik bemerkbar machen? Das sieht Frau Petri anscheinend anders. Ich kann sie gut verstehen. Stefan Peltzer

Dietrich Herrmann / 20.09.2016

Frage: Sind die beiden Damen eventuell irgendwie christlich gebunden/eingestellt? Kann man das mal recherchieren, bitte.

B.Klebelsberg / 20.09.2016

Mütter bessere oder schlechtere Menschen, was soll der Unsinn, es geht nicht um Moral. Dass Mütter aber oft zusätzliche Fähigkeiten entwickeln, die durch Schwangerschaft, Geburt, und Nähe zum Kind getriggert werden, wurde erst kürzlich im Rahmen von Studien der modernen Hirn und Verhaltensforschung nachgewiesen. Diese Ergebnisse leiden natürlich unter ihrer genderistischen Unkorrektheit, obwohl sie nicht nur methodisch sauber zustande kamen sondern - mal ehrlich- unserer Lebensefahrung entsprechen.

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