Thilo Schneider / 21.05.2022 / 12:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Müssen Stereotype verboten werden?

Am Mittwoch beschloss der Leipziger Stadtrat auf Initiative des Migrantenbeirats, dass der Leipziger Zoo seine Folklore-Shows wie „Hakuna Matata – Afrika live erleben“ bis zum Jahresende absetzen muss.

Nehmen wir einmal den irrwitzigen Gedanken an, Sie würden auf das Oktoberfest gehen wollen. Was würden Sie erwarten? Außer überteuerten Preisen. Richtig: Weiß-blaue Rautenfähnchen, Frauen (und solche, die sich dafür halten) in Dirndln, Männer mit rot-weiß-karierten Hemden und knielangen Lederhosen und natürlich die Bedienungen, ebenfalls im Dirndl, wie sie Maßkrüge durch die Besucherreihen jonglieren. Folklore eben. Würden Sie aber daraus schließen, dass alle Bayern, vom BMW-Vorsitzenden bis zum Straubinger Straßenreiniger, täglich in solcher Kleidung herumturnen? Wohl eher nicht – es sei denn, Sie sind komplett behämmert.

Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Wenn Sie eine Afrika-Show buchen, was erwarten Sie? Erwarten Sie da weiße, südafrikanische Farmer in Jeans? Oder brillentragende Asiaten im Business-Anzug? Nein? Dann sind Sie wahrscheinlich Rassist.

Oder: Sie buchen eine Samba-Show. Wollen Sie da weiße Frauen in hochgeschnürten Blusen sehen oder russische Brasilien-Auswanderer in Litewka?

Oder deutsche Rentner-Republikflüchtlinge in Bermuda-Shorts und weißbestrumpften Sandalen? Nein? Auch dann sind Sie wahrscheinlich ein Rassist.

Der Migrantenbeirat hat gesprochen

Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das ist die Quintessenz daraus, wie der Migrantenbeirat Leipzig so tickt und was er für Gut und Richtig befindet. Die Ausgangssituation ist die: Eine Gruppe dunkelhäutiger Menschen führt im Leipziger Zoo eine Show mit Namen „Hakuna Matata – Afrika live erleben“ auf. Und was tragen diese dunkelhäutigen Menschen dabei? Richtig: Kunstfelle mit Tigerprint-Mustern und Accessoires wie Speere, Federkronen oder mit Leder bespannte Schilde. Dies, so hat der Leipziger Migrationsrat beschlossen, bediene „rassistische und koloniale Stereotype“.

Die Künstler selbst wollten gar nicht in die Diskussion einbezogen werden, die wollten nur ihre Show machen und statt rassistischer Stereotype ihr Publikum in Dolby-Surround bedienen, aber nachdem sich ebenso dunkelhäutige Menschen im Leipziger Migrationsrat befinden, haben diese wohl Angst, es würde künftig von ihnen erwartet, im Baströckchen und mit einem Krug Wasser auf dem Kopf an dem profanen deutschen Behördenarbeitsplatz zu erscheinen.

Andererseits könnte man vielleicht auch „Afrika live erleben“ umbauen und die Darsteller barfuß auf japanische Pickups mit aufmontiertem Maschinengewehr stellen, Kindersoldaten zeigen oder Frauenbeschneidungen demonstrieren. Oder auch einfach die Darsteller verhungern oder von Warlords niedermetzeln lassen. Das wäre dann tatsächlich „Afrika live erleben“. Oder wenigstens einem Teil Afrikas außerhalb von Safari-Lodges und Beischlafbunkern für übergewichtige Mitteleuropäerinnen jenseits der 50. Auch das wäre Afrika. Nur: Wer will das sehen?

Ähnlich die Gruppe „Samba-Show“: Dann ist es eben nichts mehr mit leichtbekleideten Tänzerinnen und Tänzern, die feurig und sexy in enganliegenden Shirts zappeln. Dann zeigt eben Drogenbarone und das Leben in Favelas, korrupte Polizisten und Westentaschendiktatoren nebst Folterknechten und den Enkeln ehemaliger Nazi- und DDR-Größen. Auch das ist Südamerika. Nur, noch einmal: Wer will das sehen?

Nie wieder Deutschland!

In dem im wahrsten Wortsinne irre integrierenden Irritationsrat Leipzig, in dem sich solche Gestalten wie Ex-Pole Pawel Matusz mit dem Motto „Nie wieder Deutschland“ auf der Homepage exhibitionieren, sieht man die genannte Show als „den Verkauf rassistischer und kolonialer Stereotype“. Diesen Schwachsinn begründet der ratvolle Räterat damit, dass in afrikanischen Zoos schließlich auch keine Aufführung mit Schuhplattlern stattfänden. Und zeigt damit gleichzeitig, wider Willen, eine Marktlücke auf. Wenngleich die Bezeichnung „Oktoberfest“ mittlerweile rechtlich geschützt ist, wie ein arabischer Rassistenfestveranstalter jetzt schmerzlich erfahren musste.

Was wir hier sehen, ist die Arroganz einer linken Kamarilla, die sich auf Biegen und Brechen und ohne Rücksicht auf „friendly fire“ ins Gespräch bringen will und erwachsenen schwarzen Menschen erklärt, was sie gefälligst im Sinne ihrer eigenen Hautfarbe zu tun und zu lassen haben. Weil diese ja augenscheinlich nicht selbst denken und handeln können. So sieht echter Rassismus aus.

Alleine schon die saublöde Idee, wer eine der Shows sähe, würde glauben, dass alle Afrikaner Tierfelle anziehen, alle Brasilianer (steckt Euch Euer Gender*Innen da hin, wo sich auch Euer Stock befindet) täglich Samba tanzen und alle Japaner Kimonos, Schirmchen und Samurai-Schwerter tragen, spricht von einer Arroganz gegenüber der Intelligenz seiner unschwarzen und urdeutschen Mitmenschen, die jedem Psychologen den Angstschweiß auf die Stirn treiben sollte. Nein, das ist jetzt nicht mehr gesund.

Honecker sah nicht aus wie Idi Amin

Aber bitte, Stadt Leipzig, nur zu! Dann macht eben nur noch rein sächsische Ossi-Shows im Zoo. Mit Trabbi, Stasi, DDR-Folklore und ein paar vietnamesischen Komparsen. Denn die gabs auch vor der Wende schon und Leute wie Shemsu Abdella Sultan, Chinonye Odor oder Nelma Batista dos Santos Hahne müssen sich nicht mehr irgendwie diskriminiert und als Abziehbild „rassistischer und kolonialer Stereotype“ fühlen. Sondern als Abziehbild von Nebenberuflern, die vielleicht sogar an ihre Jobs nicht trotz, sondern wegen ihrer Hautfarbe und exotischen Familiengeschichte kamen. Rassismus kann durchaus auch positiv und karrierefördernd wirken.

Ja, diese Blase aus unterzuckerten, fast durch die Staatsbank im Öffentlichen Dienst alimentierten Berufsbetroffenfühler hat sich ihre, Ihre und meine Aufmerksamkeit wirklich redlich unverdient. Und sie werden wahrscheinlich auch gegen die Ossi-Show protestieren, weil da dann eben keine Sultans, Odors und Santos Hahne vorkommen und die Genannten schon wieder „unsichtbar“ sind. Sorry folks, Ihr habt es so gewollt. Wir wollen schon bei der geschichtlichen Realität bleiben. Honecker sah eben nicht aus wie Idi Amin. Auch, wenn er stellenweise die gleichen Gedanken hatte wie der. Und Ihr. Irgendwann ist es dann auch mal gut.

(Weitere stereo- und monotype Artikel des Autors gibt´s unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Leserpost

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Nico Schmidt / 21.05.2022

Sehr geehrter Herr Schneider, Deutschland, wie es singt und lacht! Völlig besoffen von seinen moralischen Standpunkten. Mfg Nico Schmidt

Bernhard Freiling / 21.05.2022

Schneider! Sag, daß das nicht wahr ist! ;-) # Sind diese Leute, die so etwas beschliessen, die gleichen, auf die ich beim Kaufmann treffen könnte? Oder beim Bezahlen an der Tankstelle? # Täglich danke ich Buddha, meinem Hausgeist oder wem auch immer, mehrfach, daß er mich aus diesem irren Komödiantenstadl, der einstmals unter der Bezeichnung “Deutschland” ein durchaus ernst zu nehmendes Land war, heraus geleitet hat. # Hier in Krung Thep Maha Nakon wimmelt es nur so von Stereotypen. Tempeltänze, historisches Tanztheater, sogar die Kathoeys verfügen über ihre eigenen Revuen und gehen damit sogar auf Welttournee. Hoffentlich nicht nach Leipzig. # Keine dieser Kathoeys läuft nach der Vorstellung mit Federboa im Haar nach Hause. Und auch kein Tempeltänzer in den traditionellen Pumphosen. Weil: Diese Menschen wissen, woher sie kommen, deshalb halten sie ihre Traditionen in Ehren. # Ich liebe Menschen, die ihre Tradition ehren. Und ich verachte Menschen zutiefst, die das nicht tun. Mit welcher Begründung auch immer.

B. Kurz / 21.05.2022

Das wundert mich gar nicht, dass die bei solchem Blödsinn ganz vorne mit dabei sind, ein Personal, das man bei Wahlen einfach nicht mehr loswird.  Meine Heimatstadt ist inzwischen genauso beschämend, wie das ganze Land.

Heike Olmes / 21.05.2022

Bravo, Herr Schneider, man kann förmlich hören, wie Ihnen der Kragen platzt. Migrantenbeirat, echt super und notwendig. Seit kurzem weiß ich, dass es auch einen islamischen Elternbeirat gibt. Der deutsche Michel springt wirklich über jedes Stöckchen, das ihm selbst die unsäglichste Truppe hinhält- nachdem er sich mit der Neunschwänzigen für seine Unachtsamkeit selbst bestraft hat.

Zdenek Wagner / 21.05.2022

Das Lustige, oder vielleicht auch eher Verhängnisvolle, an diesen ganzen Steuer alimentierten Betroffenheitsaposteln ist, dass Sie mit ihrem überflüssigen Aktivismus ein mehr an Rassismus produzieren, je mehr sie sich scheinbar dagegen auflehnen,  mehr Intoleranz, je mehr Toleranz sie fordern und mehr Hass, je mehr angebliche Hass-Tweets sie sperren lassen. Die Menschen auf der Straße haben einfach nur noch die Schnauze gestrichen voll und versteifen sich. Man tut den Beschützten keinen Gefallen damit - im Gegenteil ...

Gudrun Meyer / 21.05.2022

Da fallen mir noch mehr Stereotype ein. Die alten, weißen Männer, zum Beispiel. Das dunkeldeutsche Pack (Pegida war immer eine Kleineleutebewegung, und jeder Kleineleuteprotest wird für “rechtsextrem erklärt”), das Journaille vermutlich demnächst in “weißdeutsches Pack” oder ironisch in “Kartoffelpack” umbenennen wird. Der ungeimpfte Pandemiker und die rechten Schwurbler, Verschwörungstheoretiker und “Impf"verweigerer..

Arne Ausländer / 21.05.2022

Wenn man die Logik der Stigmatisierung von Stereotypen oder der “kulturellen Aneigung” zu Ende denkt, bleint letztens, daß jeder einzelne nur noch auf sich selbst verwiesen ist. Er kann sich zum Karneval so verkleiden, wie er selbst ist. Er darf niemals von anderen lernen, denn wo wäre die Grenze verbotener Aneignung? Doch zweifellos nur beim Einzelnen, denn Völker und Kulturen gibt es natürlich gar nicht, das sind ja nur Konstrukte. Atomisierung der Menschheit. - Ist das alles Wahnsinn oder nur Schwachsinn, darüber mag man noch diskutieren. Aber wer versucht, Vernunft in all dem zu finden, wird allenfalls in tiefster Tiefe die satanische Logik der totalen Negation finden. — Der Geist von all dem ist alt, wird trotz Guillotine und Krieg in ganz Europa m.E. allzu positiv gesehen. Schon Büchner sah dies in “Dantons Tod”. Büchner, obwohl selbst Arzt, starb sehr jung, nachdem er unglaublich Kluges geschrieben hatte. Auch unglaublich Modernes wie “Lenz”. Wenn das 100 Jahre später veröffentlicht worden wäre, hätte man es immer noch für modern gehalten. Büchner starb an Typhus. “Möglicherweise hatte er sich bei der Arbeit an seinen Präparaten infiziert”, schreibt Wikipedia. Möglich wäre dann aber auch anderes, nach derselben Logik. Aber trickreiche Morde gibt es bekanntlich nur in Krimis. Und wann wäre jemand allein wegen seiner Worte ermordet worden?—Der Geist der hohlen Phrasen lebt jedenfalls weiter, stark wie lange nicht.

Frank Stricker / 21.05.2022

Wie Recht Sie haben , lieber Herr Schneider ! In meinem unmenschlichen Rassismus bekomme ich einfach nicht dieses Stereotyp aus dem Kopf, dass Afrikaner flächendeckend “dunkelhäutig” sind. Wie gut dass es das Leipziger Allerlei, Verzeihung, FlüchtlingsVormundGenossenGremium gibt….....

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