Dirk Maxeiner / 18.02.2016 / 10:39 / 6 / Seite ausdrucken

Mosche Jaalon und Frank-Walter Steimeier: An ihrer Sprache werdet Ihr sie erkennen

Dieser Tage erschien ein Interview in DIE WELT mit dem israelischen Verteidigungsminister Mosche Jaalon. Es war nicht nur interessant, was er sagte, sondern vor allem auch, wie er es sagte.

Auf die Frage „Wie schätzt man in Israel die Lage in Syrien ein?“ antwortete er:   

„Syrien wird nach unserer Einschätzung noch auf sehr lange Zeit chronisch instabil bleiben. Man kann aus einem Ei ein Omelett machen, aber kein Ei aus einem Omelett. Die Idee, man könnte Syrien noch einmal vereinen, ist pures Wunschdenken.“

Diese Antwort ist nicht nur klar und präzise, sondern gefällt auch wegen des anschaulichen und obendrein von einer gewissen Ironie geprägten Sprachbildes. Diesen Politiker versteht auch derjenige, der sich mit dem Thema wenig befasst, und man hört ihm sogar gerne zu.

Vergleichen wir damit einmal eine Aussage unseres Außenministers Frank-Walter Steinmeier zum gleichen Thema:

„Wir brauchen eine Allianz all derjenigen, die ihren Teil der syrischen Gesellschaft vertreten, die de facto Macht ausüben, die Grundsätze des Wiener Prozesses respektieren und dafür bereit sind, ihren Kampf untereinander im Zuge der Genfer Verhandlungen einzustellen.“

Was will uns Steinmeier mit dieser Antwort sagen? Die Sache ist kompliziert? Das kann man besser sagen, siehe oben. Oder will er die eigene Bedeutung unterstreichen, indem er eine komplizierte Sache noch komplizierter ausdrückt?

Die Sprache zeigt auch immer , was der Sprecher denkt und wie er die Welt versteht. Mosche Jaalon scheint mir jemand zu sein, der wert darauf legt, dass ihn auch andere verstehen. Dafür nimmt er eine Metapher aus dem Alltag, die jedermann sofort einleuchtet.

Frank-Walter Steinmeier scheint im Gegensatz dazu keinerlei wert darauf zu legen, dass normale Menschen ihn verstehen. Er wirft Nebelkerzen, um die Banalität seiner Beschreibungen zu kaschieren. Er will dem Zuhörer offenbar klar zu machen: Du verstehst davon nichts aber ich, und zwar weil ich über so etwas wie höheres Geheimwissen verfüge. Vordergründig geht es um Syrien, hintergründig geht es darum, die eigene Bedeutung herauszustreichen.

Ein weiteres Beispiel:

Die Welt fragt Verteidigungsminister Mosche Jaalon: „Es gibt das Argument, dass der Iran-Deal die Flüchtlingswelle verstärkt hat - weil die Hoffnungen der Sunniten dadurch enttäuscht wurden. Glauben Sie, da ist etwas dran?“

Dessen Antwort lautet:

„Sie können mich gern anrufen, wenn McDonald's in Teheran eröffnet. Keine Chance. Das ist pures Wunschdenken.“

Nehmen wir jetzt im Vergleich dazu eine Aussage Frank-Walter Steinmeiers zu den Verhältnissen in Teheran:

"Historisch ist die Einigung, erstens, allein aufgrund der zeitlichen Ausdehnung dieses drei Jahrzehnte dauernden Konfliktes und eines Verhandlungsprozesses, der nach über zwölf Jahren jetzt an sein Ende gelangt ist. Historisch, zweitens, weil diese Einigung weit in die Zukunft hinein Weichen stellen könnte für eine bessere Zukunft einer zutiefst unfriedlichen Region."

Während der Israelische Politiker ziemlich klar und verständlich seine Meinung sagt, ergeht sich sein deutscher Kollege erneut in einer wabernden Bedeutungshuberei und zündet rhetorische Nebelkerzen.

Die Sprache einer Person verrät immer viel über deren Welt- und Eigensicht, über die Präzision ihres Denkens und ihre intellektuellen Qualitäten. Der Vergleich zwischen dem israelischen und dem deutschen Politiker wirft somit ein Schlaglicht auf die Qualität unseres politischen Personals. Der Unterschied zwischen Jaalon und Steinmeier spricht  Bände.

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Leserpost

netiquette:

Klaus Schmidt / 21.02.2016

Vielleicht alles “nur” eine Frage der Intelligenz !?

Tomas Reiffer / 18.02.2016

Steinmeier versucht sich in Diplomatensprache, aber mehr als Pseudo-Geschwurbel kommt dabei nicht rum. Ich denke, da schwingt viel abtrainierte Unsicherheit mit, die man bei richtigen Profis (u.a. auch Lawrow) mit guten Nerven nicht erlebt. Intern wird er von den diplomatischen Corps der Welt vermutlich eher als Leichtgewicht (mit dickem Geldbeutel) eingestuft.

Wolfgang Richter / 18.02.2016

Herr Steinmeier u. seine Chefin glänzen doch schon seit langem durch das Absondern von faktisch nichts aussagenden Sprechblasen, die sich nur in zwei Dingen unterscheiden. Entweder wird dem Bürger auf Kita-Niveau eine Botschaft mitgeteilt, also überheblich und von oben herab, oder entsprechend hochtrabend formuliert, um die eigene Wichtigkeit zu unterstreichen, wobei beim Zuhörer nur Wichtigtuerei ankommt. Den ernst gemeinten Dialog mit ihrem Wahlvolk u. Souverän suchen beide u. die um sie versammelten Claqueure schon lange nicht mehr. Und diese sich selbst überhöhende Gruppe beklatscht sich dann bei Parteitagen zur Verwunderung des Volkes minutenlang selbst. Im übrigen eifern die (öffentlich-rechtlichen) Medien diesem Vorbild erfolgreich nach, wie sich zuletzt bei der gegenseitigen Lobhudelei anläßlich der Verteilung von “Goldenen Kameras” beobachten ließ

Jürgen Sterzenbach / 18.02.2016

Hervorragender Vergleich. Ich war beim Lesen des Interviews auch sehr angetan von der klaren Lagebeschreibung. Eigentlich hätte die Omelett-Metapher in die Überschrift des Interviews gehört.

Jörg Kahnt / 18.02.2016

Es ist ein großartiges Beispiel wie man das Denken an der Sprache erkennen kann! Indessen sehe ich den entscheidenden Unterschied in der Denkweise noch gar nicht explizit genannt: Es ist der Unterschied von Sachebene (Jaalon) zu Moralebene (Steinmeier). Der Eine denkt und spricht darüber was IST, der Andere denkt und spricht darüber was MUSS und SOLL.  Auf der Sachebene geht es um das Erkennen, auf der Moralebene stattdessen ums Legitimieren! Wünsche, Forderungen, Verurteilungen, Gebote und Verbote sind Dinge der Moralebene. Man erkennt die Sprache Steinmeiers:  brauchen, respektieren, bereit sein. Jaalon spricht davon was man KANN, Steinmeier schwebt vor was man SOLL. Und um es mit dem Psychologen und Systemtheoretiker Prof. Norbert Bischof zu sagen: Das Denken auf der Moralebene geht stets mit einer drastisch verringerten Problemlösungskompetenz einher.  Was man den Moral-Politikern auch anmerkt.

Wolfgang Schmid / 18.02.2016

Und deshalb mögen viele deutsche Linke die Israelis auch nicht: Weil sie (die Israelis) eine klare Meinung haben und diese auch ohne viel Diskussion und Rücksicht ebenso klar vertreten und durchsetzen: “klare Kante” halt - von der ein SPD-Kanzlerkandidat nur träumte….

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