Susanne Baumstark / 20.11.2018 / 11:00 / Foto: Pixabay / 33 / Seite ausdrucken

Morgenluft für Auswanderer: Her mit dem Migrationspakt!

Weil das hier nicht mehr mein Land ist, wäre ich gerne Migrantin. Der umstrittene „UN-Migrationspakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der internationalen Migration, der im Dezember verabschiedet wird, käme mir da sehr gelegen – sollte mein künftiges Zielland die proklamierten Forderungen umsetzen.

Ich würde dann nämlich mit ausgesprochener Hilfsbereitschaft förmlich überschüttet werden. Das betrifft nicht nur das ganze Programm rund um Arbeitssuche inklusive Anerkennung von Abschlüssen. Ich könnte sogar davon ausgehen, dass ich selbst als irreguläre Migrantin Zugang zu Grundleistungen hätte, weil der Migrationspakt diese Sicherstellung für „alle Migranten ungeachtet ihres Migrationsstatus“ fordert. Wenn mir das trotzdem verweigert würde, fände ich lokal unabhängige Institutionen vor, die meine Beschwerde über die systematische Verweigerung oder Behinderung meines versprochenen Zugangs zu Grundleistungen entgegennähmen. Die Beschwerde würde dann untersucht und verfolgt, während ich parallel erleichterten Zugang zu Rechtsbehelfen genösse, die auf eine Änderung in der Praxis hinzuwirken haben. 

Schließlich könnte ich ohne Sorge auch meinen Pass wegwerfen. Denn wenn ich meine „Staatsangehörigkeit oder rechtliche Identität nicht nachweisen“ kann, soll mir „weder der Zugang zu Grundleistungen“ noch zu meinen Menschenrechten verwehrt werden. Überhaupt wäre ich als Migrantin, ganz losgelöst von meinem Verhaltensrepertoire, eine stets geachtete und respektierte Person, die allenfalls Opfer werden kann. Und sollte ich zu den nicht erwähnenswerten Fällen gehören, die als Migrantin zur Straftäterin wird, so dürfte ich mich in der Gewissheit wiegen, dass die „Freiheitsentziehung von minimaler Dauer“ ist, meine „geistig-seelische Unversehrtheit gewahrt“ bleibt und ich Unterstützung sowie Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bekomme. Selbstredend alles in angemessener Unterbringung. 

Alle Details im Pakt zusammen betrachtet zu schön, um wahr zu sein. Denn außerhalb Deutschlands werden diese übertriebenen Standards auch trotz Unterzeichnung des Paktes aus Pragmatismus heraus wohl allenfalls minimalinvasiv umgesetzt. Letztlich scheint auch schon die Auswahl eines geeigneten Ziellandes problematisch zu werden. Wie aus dem Pakt zu erfahren, ist nämlich die Vorbereitung auf große Fluchtbewegungen mit Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge angesagt. Auf einen Vorgeschmack dazu wird an dieser Stelle verzichtet. Die Verantwortung dafür, die Bevölkerung auf künftige Entwicklungen realitätsgerecht vorzubereiten, liegt bei den gewählten Regierungsvertretern. Bis dahin kann bestenfalls mit denjenigen Passagen im Pakt gearbeitet werden, die das – zumindest bis September 2015 – bewährte System stützen. Es bietet sich an, auf folgende Aspekte zu pochen: 

Erstens: Wenn laut Pakt die Migration bei guter „Planung und Konsens“ funktioniert, dann kann man hier, wie auch im Duktus des ganzen Textes, eine angestrebte Gleichwertigkeit in nationalen Systemen, etwa innerhalb von Europa, herauslesen. Die deutschen übererfüllenden Standards wären in diesem Sinne auf ein sozialverträgliches Maß zurückzufahren – freiwillig, denn: 

Zweitens: Die „Souveränität der Staaten“ wird gewahrt: „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen.“ Die nationale Eigenständigkeit ist damit völkerrechtlich respektiert. Wer dagegen wettert, wie etwa die amtierende Bundeskanzlerin seit 2015 mit ihrer Gebetsmühle, man dürfe nicht in nationalstaatliches Handeln zurückfallen, verstößt gegen den Pakt. 

Drittens: „Der Globale Pakt erkennt an, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, die Einhaltung ordnungsgemäßer Verfahren und der Zugang zur Justiz für alle Aspekte einer gesteuerten Migration von grundlegender Bedeutung sind. Das bedeutet, dass der Staat, öffentliche und private Institutionen und Einrichtungen sowie alle Personen an Gesetze gebunden sind, die öffentlich verkündet und in gleicher Weise angewandt werden.“ Gesetzeswidrigen Initiativen aus linkspopulistischen und kirchlichen Kreisen heraus ist demzufolge Einhalt zu gebieten.

Viertens: Man verpflichte sich, „Identitätsbetrug und Dokumentenfälschung“ sowie Schleusung von Migranten zu bekämpfen und Bestrafung der Schleuser zu verstärken. „Wir verpflichten uns, das Management unserer nationalen Grenzen zu koordinieren“ und „irreguläre Migration zu verhindern“, ordnungsgemäß zu identifizieren, rasch und effizient weiterzuverweisen, Vorabkontrollen ankommender Personen durchzuführen sowie für Vorabübermittlung von Passagierinformationen durch Beförderungsunter-nehmen zu sorgen. Na, dann mal los. Ausreden seitens Verantwortlicher, den Aufgaben mangels Kapazität oder Personal nicht nachkommen zu können, ist zu kontern, dass „Ressourcen, Ausrüstungen und sonstige technische Hilfe zur Stärkung des Grenzmanagements“ von den Staaten angefordert werden können.

Eine bemerkenswerte Kleinigkeit noch: Laut Tagesspiegel stand in einer vorläufigen Textfassung des Paktes, dass „Migration eine Quelle von Wohlstand und nachhaltiger Entwicklung darstellen kann“. „In der finalen Fassung wurde daraus, dass Migration eine solche Wohlstandsquelle darstellt … Wie derartige Änderungen zustande kamen und welche Zugeständnisse im Einzelnen gemacht wurden, will die Bundesregierung bisher nicht mitteilen.“ Während also das Wörtchen „kann“ an einer sinnvollen Stelle herausfiel, blieb ein relativierendes „können“ an folgender Stelle bestehen: Man werde „Programme einrichten, die vor der Abreise und nach der Ankunft über Rechte und Pflichten informieren … sowie eine Orientierung über die sozialen Normen und Gebräuche im Zielland umfassen können“. Man bleibt an dieser Stelle ratlos zurück. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Luftwurzel.

Foto: Pixabay

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Judith Hirsch / 20.11.2018

Dieses Paradebeispiel, wie man es nicht macht, reiht sich ein in die Malaise - Moral vor Recht, Legende vor Wahrheit, Feminismus vor Neutralität, Konformität vor Charakter, Gesinnung vor Verantwortung, Bekenntnis vor Handlung, Selbstverleugnung vor Selbstbehauptung, Gefühl vor Ratio, Feigheit vor Mut. All das führt zu einem gigantischen Vertrauensverlust!

Hans Wirst / 20.11.2018

China und Indien können als in kürze dutzende kleine Länder übernehmen indem sie einfach ihre Arbeitslosen dorthin abschieben.Lichtenstein,Luxemburg,Malta,Zypern werden sich freuen!

Frank Philipp / 20.11.2018

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, das englische Adjektiv “regular” ist mit “regulär” nicht sinngemäß übersetzt. Man muss sogar vermuten, dass hier bewusst die ungebräuchlichste Bedeutung herangezogen wurde, um dem Bürger Sand in die Augen zu streuen. Ein Blick in die Online-Angebote von Leo.org und en.oxforddictionaries.com zeigt, dass eine Übersetzung mit “regelmässig” wohl den Kern der Sache viel eher trifft. Die Erklärungen im Oxford-Dictionary sprechen wahrlich Bände: - Recurring at uniform intervals - Done or happening frequently Manipulation durch Weglassen, Verzerren und Vertuschen der eigentlichen Bedeutung.

HaJo Wolf / 20.11.2018

Tja, wenn die Vollpfosten, die diesen Nonsens erfunden haben, ein klein wenig in der Geschichte der letzten 2000 Jahre geblättert hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass unbegrenzte Migration stets zum Untergang der Zivilisationen und Reiche führte, in die die Völkerhorden “einwanderten”. Moment… gerade fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren: das linksgrüne Gesox und die Merkel-Entourgae inklusive der Chefin HABEN sich in der Geschichte umgetan: die zügel- und grenzenlose Einwanderung in unser Land SOLL unsere Zivilisation verändern, bis nichts mehr davon übrig bleibt. Und weil wir, der nicht linksgründämliche Rest der Deutschen, dem tatenlos zuschauen, wird es auch gelingen. Das macht noch sprachloser und zorniger als die staats- und volksfeindlichen Handlungen der oben genannten Politiker.

Eberhard Denecke / 20.11.2018

Leider doch keine gute Nachricht für Auswanderungswillige aus “Menschland”:  Inzwischen wollen nämlich die meisten Wunsch-Ziel-Länder nicht unterschreiben. Schade auch !

Matthias Braun / 20.11.2018

Nicht die Migration ist “QUELLE DES WOHLSTANDS”, sondern unser Sozialsystem.Das wollen Millionen Menschen weltweit anzapfen; und natürlich gibt es dann eine “NACHHALTIGE ENTWICKLUNG”-zum Schlechten.

Volker greve / 20.11.2018

Problematisch wird es in Europa doch nur für die Europäer. Vielleicht sollten die Menschen hier sich mit den Gepflogenheiten in den Hauptherkunftsländern vertraut machen um Überlebensstrategien zu entwickeln. Für die wirklichen Schwachen und Hilfsbedürftigen wirds eng werden. Erschwerend kommt hinzu das der Staat den Wettbewerb zugunsten der Neubürger verändert . Es wird ja nicht so sein dass in 100 Jahren hier keine Menschen mehr leben werden , es werden nur Menschen sein die das Gesetz des Dschungels gelernt haben . Solange ein Teil der Welt relativ sicher und frei war konnten hier Fortschritte gemacht werden doch wenn die Welt irgendwann eine einzige Sowjetunion , ein einziges Nordkorea oder ein einziges Afganistan ist , ohne eine gesellschaftliche Alternative? Ist das das Ziel dieser ganzen Gleichmacherei?

Frank Grossfuss / 20.11.2018

Warum schreibt der Pakt den unterzeichnenden Staaten nicht bindend vor, aus anderen Ländern Abzuschiebende (aus welchen Gründen auch immer) wieder aufzunehmen? Und man darf gespannt sein, wie Katar die Standards der Frauenrechte, Simbabwe die Standards gegen Rassismus und Saudi Arabien die Standards der Religionsfreiheit umsetzt.

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