Guten Morgen, es ist Mittwoch, der 6. September, und Zeit für die Morgenlage. In der Haushaltsdebatte beharken sich heute Scholz und Merz, die EU zählt im ersten Halbjahr schon wieder eine halbe Million illegale Migranten, die Flugblatt-Affäre gibt Aiwangers Freien Wählern kräftigen Auftrieb, gegen zwei mutmaßliche Spione wird Anklage erhoben, und Iran und Saudi-Arabien nähern sich wieder an.
Bundestag setzt Etatberatungen mit Generaldebatte fort
Dabei treffen heute der Bundeskanzler und der Oppositionsführer direkt aufeinander, wie deutschlandfunk.de meldet. Die sogenannte Generaldebatte werde vom CDU-Vorsitzenden Merz eröffnet, anschließend spreche Regierungschef Scholz. Danach debattieren die Abgeordneten den Etat für 2024, der Ausgaben von knapp 446 Milliarden Euro vorsieht. In denen sind diesmal 16,6 Milliarden Euro neue Schulden enthalten. Weniger als in diesem Jahr, aber eben: neue Schulden. Hoch hergehen dürfte es beim Thema Wirtschaftskrise und deren Bewältigung. Anschließend werden die Haushaltspläne der Ressorts Verteidigung, Auswärtiges und Verkehr „beraten“.
Erstes Halbjahr: Mehr als 500.000 Asylanträge in der EU
Die Zahl der von der EU erfassten Asylanträge ist auf den höchsten Halbjahresstand seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 gestiegen, meldet zeit.de. Von Januar bis Ende Juni seien in den EU-Staaten sowie Norwegen und der Schweiz rund 519.000 Anträge eingegangen – ein Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 und der höchste Wert seit sieben Jahren. Sollte es beim aktuellen Trend bleiben, wovon auszugehen ist, werden am Ende des Jahres wieder über eine Million Versorgungssuchende in Europa über das Asylrecht eingewandert sein. Mit fast einem Drittel (30 Prozent) gingen die meisten Anträge wieder in Deutschland ein, wo die Fleischtöpfe trotz desolater Lage noch immer am verlockendsten gefüllt sind und ein Verbleib im Land so gut wie sicher ist, selbst wenn man etwas ausgefressen hat. Dafür feiern wir uns dann als „Einwanderungsland“, das „attraktiv“ für Zuwanderer ist. Nun ja.
Freie Wähler legen in Umfrage nach Flugblatt-Affäre zu
Im Zuge der Affäre um ihren Vorsitzenden Hubert Aiwanger haben die Freien Wähler in Bayern laut einer INSA-Umfrage deutlich zugelegt, meldet faz.net „Trotz Flugblatt-Affäre“, wie merkur.de schreibt, obwohl es wohl eher „wegen“ heißen müsste – nämlich wegen des Umstands, dass die Kampagne aus interessierten Kreisen einschließlich medialer Unterstützung so offensichtlich substanzlos wie durchschaubar war. Dass die Freien Wähler nun kurz danach um satte vier Prozentpunkte stärker dastehen als vorher (jetzt 15 %), legt den Schluss nahe, dass der Versuch, Aiwanger „abzuschießen“, mutmaßlich, um den Weg für Schwarz-Grün in Bayern freizumachen, nach hinten losgegangen ist. Die Söder-CSU (37 %) verliert der Umfrage zufolge viereinhalb Wochen vor der Landtagswahl einen Prozentpunkt, ebenso wie die Grünen (14 %), die AfD bleibt unverändert bei ebenfalls 14 %, die SPD rutscht in den einstelligen Bereich (9 %) und die FDP flöge nach derzeitigem Stand mit 4 % aus dem Landtag. Tja.
Anklage gegen mutmaßlichen Spion im BND
Die Bundesanwaltschaft hat Medienberichten zufolge Anklage gegen einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes sowie einen weiteren Mann wegen Spionagevorwürfen erhoben, meldet deutschlandfunk.de. Die beiden würden des Landesverrats bezichtigt. Sie sollen über einen Mittelsmann versucht haben, Informationen an den russischen Geheimdienst zu verkaufen. Des ominösen Mittelsmanns, dem nicht näher spezifizierte „geheime Unterlagen“ übergeben worden sein sollen, sind die Behörden noch nicht habhaft geworden. Der BND sei im Herbst vergangenen Jahres übrigens durch einen Hinweis eines „ausländischen Partnerdienstes“ auf den verdächtigen Mitarbeiter aufmerksam gemacht worden.
FDP besorgt über Gewalt gegen Lehrer
Die FDP hat sich besorgt über die anhaltende Gewalt gegen Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes in Schleswig-Holstein geäußert, meldet stern.de. „Körperverletzungen, Beleidigungen und Bedrohungen sind in vielen öffentlichen Einrichtungen leider keine Seltenheit“, wird der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz zitiert. Nicht nur in Knästen, sondern auch in Gerichten und Finanzämtern käme es zu derartigen Übergriffen. So würden jedes Jahr „mindestens fünf verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein Opfer einer Körperverletzung“. Dagegen sind die Lehrkräfte machtlos. Sie könnten natürlich für einen späteren Rachefeldzug, sagen wir, vorsorglich Belastungsmaterial über Schüler sammeln, es 36 Jahre horten und dann damit zur Presse rennen, aber das ist wohl eher ein abwegiger Gedanke.
Iran und Saudi-Arabien tauschen erstmals seit Jahren Botschafter aus
Nach längerer diplomatischer Eiszeit nähern sich Iran und Saudi-Arabien wieder an, die jeweiligen Botschaften wurden nun wiedereröffnet, meldet zeit.de. Vor sieben Jahren war es zum Bruch zwischen den beiden Staaten gekommen, nachdem bei Protesten gegen die Hinrichtung eines schiitischen Klerikers durch die saudi-arabische Justiz diplomatische Vertretungen Saudi-Arabiens im Iran angegriffen worden waren. Das mehrheitlich sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran vertreten allerdings noch immer in vielen regionalen Fragen sehr unterschiedliche Positionen oder stützen gar (Beispiel Jemen) rivalisierende Konfliktparteien. Außerdem fürchten die Saudis das iranische Großmachtstreben und den Griff nach der Atombombe. Die Wiederannäherung soll nun von China vermittelt worden sein, und man wird sehen, welche Auswirkungen dieser Schritt für das Machtgefüge im Mittleren Osten haben wird. Eher keine guten, wie zu befürchten ist.
Und damit endet die Morgenlage. Weitere Meldungen der vergangenen Stunden finden Sie in unserer Presseschau. Kommen Sie gut durch den Tag!