Am Montag hat ein Brite versucht, Muslime gezielt zu töten. Es gab einen Toten. Der Täter fuhr mit einem Kleintransporter in eine Gruppe von Menschen, die gerade aus einer Moschee gekommen waren. Ein schlimmes Verbrechen, das viele Menschen schockiert hat. Interessant waren die Unterschiede in der Berichterstattung im Vergleich zu den Anschlägen zuvor.
Sehr schnell wurde deutlich gesagt, dass es sich um ein islamfeindliches Verbrechen handelte. In den Nachrichten im Deutschlandfunk konnte man hören, dass der Täter ein weißer Mann war. Wann hat man zum letzten Mal in deutschen Nachrichten einen Täter nach der Hautfarbe klassifiziert? Erst etwas später hieß es, dass es sich um einen Briten handelte. Diesmal wurde der Anschlag nicht im Namen Allahs und seines Propheten verübt, sondern im Gegenteil, Muslime waren die Opfer. Da ist alles anders. Aus Deutschland meldete sich Aiman Mazyek, der Vorsitzende des selbsternannten Zentralrats der Muslime zu Wort:
„Diese Spirale der terroristischen Gewalt müssen wir durchbrechen, indem wir gesamtgesellschaftlich eine Allianz des Friedens, der Vernunft und der Solidarität bilden. Der Anschlag von London beweist zum wiederholten Mal, dass Terrorismus keine Religion kennt. Terrorismus ist areligiöser Nihilismus.“
Nein, der Anschlag ist dafür leider kein Beweis. Die meisten Terroristen der letzten Jahre sind keine areligiösen Nihilisten gewesen, sondern beriefen sich auf den Islam, auf das koranische Gebot, gegen Ungläubige zu kämpfen. Nun kann man selbstverständlich nicht jeden gläubigen Moslem für den radikalislamischen Terror in Haftung nehmen. Aber gerade die Islamverbände vermeiden es, überhaupt zu versuchen, eine klare und sichtbare Trennlinie zwischen der Religion und der Ideologie zu ziehen, die sich auf Allah und seinen Propheten berufen. Sie bewegen sich offenbar lieber in einer Grauzone.
Mag Aiman Mazyek offiziell auch mit zu einer Demonstration gegen den Terror aufgerufen haben, solange diese Verbände es nicht dulden, dass die islamische Religion und ihre Regeln kritisch hinterfragt werden und stattdessen die immer stärkere Berücksichtigung ihrer Regeln durch eine nichtmuslimische Mehrheitsgesellschaft und damit die Anpassung der Anderen an den Islam fordern, schaffen sie auch Grundlagen für die radikalislamischen Überlegenheits- und Allmachtsideologien.
Die Tat des Attentäters von London soll hier nicht relativiert werden
Das Problem ist, dass sich politische Verantwortungsträger schon schwer tun, bei islamistischen Anschlägen die Bezüge zur radikalislamischen Religionsideologie als ein Problem zu benennen, das anzugehen wäre. Diese Zurückhaltung macht viele, die Angst vor den Extremisten haben, wütend. Und diese Wut kann natürlich wiederum irgendwann in Gewalt umschlagen. So, wie möglicherweise jetzt in London. Die Opfer sind Muslime, die nichts mit dem Terror zu tun haben.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Tat des Attentäters von London soll hier keinesfalls relativiert werden. Aber es ist die Ignoranz gegenüber den Terrorursachen, die diese Gewaltspirale befördern kann, vor der Mazyek warnt. Die islamistischen Attentäter brauchen die Tat eines Islamhassers allerdings nicht, um zu Morden im Namen des Propheten motiviert zu sein. In Paris gab es am gleichen Tag den Anschlagsversuch eines Islamisten, der sicher schon vor dem Anschlag auf Muslime in London geplant wurde.
Die Empörung über diesen Mordanschlag auf Muslime ist notwendig und berechtigt. Angesichts der Gesamtsituation sollte man aber die Relationen im Blick behalten. In London, Manchester und Stockholm sind in diesem Jahr 39 Menschen von islamistischen Attentätern umgebracht worden. Im letzten Jahr waren es 135 Tote in Europa, die auf das Konto von Islamisten gingen. Sieben Terroropfer wurden von nichtislamischen Mördern getötet. Die Liste der weltweiten Terroranschläge, die hier auf Wikipedia veröffentlicht ist, spricht eine noch viel eindeutigere Sprache. Es ist zynisch, die Tat eines britischen Islamhassers nun dazu zu nutzen, diese Relationen zu verwischen.
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