Henryk M. Broder / 01.11.2018 / 06:21 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Monika, der Herbst ist da!

Monika Grütters ist eine Politikerin, die man als attraktiv, klug und sympathisch bezeichnen kann, ohne Angst haben zu müssen, auf einer #metoo-Liste zu landen. Außerdem ist sie auch erfolgreich, geradezu ein Überflieger, und das auf einem Parcours, der mit Fallen und Hindernissen gespickt ist. Derzeit aber hat sie keinen allzu glücklichen Lauf. In der Gurlitt-Affäre machte sie keine gute Figur, jetzt hat die SZ die Staatsministerin für Kultur und Medien dermaßen in die Tonne geschrieben, dass sogar ihr Vor-Vor-Vorgänger Michael Naumann, der alte Strippenzieher, Tränen in den Augen gehabt haben soll. Das Irreste an dem SZ-Artikel – „Macht und maximale Verflechtung" – war freilich, dass keiner der Gesprächspartner des Verfassers namentlich genannt werden wollte – aus Angst vor Repressalien aus dem Hause Grütters. Und das sagt eigentlich alles über den staatlich organisierten und geförderten Kulturbetrieb aus. Keiner mag die Hand beißen, die ihn füttert.

Zuletzt ist Monika Grütters ins Gerede gekommen durch ihre Fürsprache für die Punkband "Feine Sahne Fischfilet". Sie nannte es ein „fatales Zeichen", dass die Stiftung Bauhaus Dessau der Antifa-Fronttheater-Truppe keinen Saal für ein "Konzert" zur Verfügung stellen wollte. Daraus entstand der folgende Briefwechsel:

Broder an Grütters:

Liebe Monika, 
Gunnar Schupelius schreibt, Du hast dich dafür eingesetzt, dass die linksradikale Musikgruppe „Feine Sahne Fischfilet“ im Saal der „Stiftung Bauhaus“ in Dessau auftreten darf. https://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/fuer-welche-cdu-spricht-die-berliner-cdu-vorsitzende-monika-gruetters

Das finde ich gut. Du solltest dich auch dafür einsetzen, dass FSF auch in der Kirche auftreten darf, die du jeden Sonntag besuchst. Kunstfreiheit geht über alles. Erlaube mir bitte nur eine Frage. Als Kurt Westergaard angegriffen wurde https://www.welt.de/politik/ausland/article12047231/Wie-es-ist-wenn-Muslime-einen-toeten-wollen.html, hast Du Dich da auch für seine Kunstfreiheit eingesetzt? Ich kann dazu keinen Hinweis bei Google finden.

Ansonsten hoffe ich, dass es Dir gut geht.
Viele grüße aus der Nachbarschaft
H.

Grütters an Broder:

Lieber Henryk, 

hab Dank für Deine Rückmeldung zu meiner Haltung gegenüber dem abgesagten Konzert der Punk-Band „Feine Sahne Fischfilet“ in Dessau. Genau wie Du finde auch ich manche Texte der Band abstoßend. Und dennoch verteidige ich die Freiheit der Kunst als Staatsministerin für Kultur vehement. Ich habe mich um eine differenzierte Stellungnahme bemüht, die ich Dir anbei übersende, weil sie nicht in allen Medienberichten vollständig zitiert war und Dir möglicherweise entgangen ist. 

Mit freundlichen Grüßen,

Monika Grütters

"Die Kunstfreiheit genießt in Deutschland durch Artikel 5 im Grundgesetz hohen Verfassungsrang. Dieser Stellenwert ist die Lehre aus den Erfahrungen unserer Geschichte mit dem Angriff auf die Demokratie seitens rechter und linker Antidemokraten. Der so verstandenen Freiheit der Kunst fühle ich mich als Kulturstaatsministerin immer verpflichtet. Deshalb darf niemals der Eindruck entstehen, dass der Druck der rechtsextremistische Szene ausreicht, ein Konzert zu verhindern. Der Fall von Kollegah hat aber auch gezeigt, was für dramatische Konsequenzen es hat, wenn Hass und Gewalt verharmlost werden oder dazu aufgerufen wird. Ebenso zweifelhaft sind Texte, die wegen linksextremistischer Tendenzen zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz geführt haben. Die Verantwortung der Künstler für ein von rechtsstaatlichen Werten geprägtes Miteinander ist für die Verteidigung der Kunstfreiheit unverzichtbar. Deshalb müssen wir von allen Beteiligten auch immer wieder einfordern, diese Verantwortung stets wahrzunehmen. Verwerfungen wie die aktuellen zeigen, wie dringend nötig auch in der Pop-Musikwelt ein ethischer Kompass ist. Über all dies wird im Stiftungsrat des Bauhaus Dessau und mit dem ZDF intensiv zu sprechen sein."

Broder an Grütters:

Liebe Monika,

danke für deine Antwort. Die Presseerklärung zu FSF kenne ich. Sie wird durch Wiederholung nicht besser. Und zu Westergaard findet sich darin auch kein Wort. Interessant zu sehen, wo für Dich die "Verwerfungen" im Kulturbetrieb anfangen.

Viel Glück und viel Segen auf all Deinen Wegen.

H. 

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Thomas Taterka / 01.11.2018

Fr.Grütters verteilt auch Gütesiegel an Buchhandlungen, die sie sich dann mit Stolz ins Fenster hängen dürfen. Sozusagen die Top-Twenties der Stadt. In einer dieser Buchhandlungen, am Bayrischen Platz, hatte ich letztes Jahr ein christliches Erweckungserlebnis. Die Chefin des Hauses, Marke “alte weisse Frau ( begegnet einem überall. Meist in Kombination mit einer jüngeren, patzigen, aber gehorsamen Angestellten. So eine Art Kahane/Sto- kowski-Zweispänner)erklärt einigen Schülern, die ihre Pflichtlektüren abholen, Ödon von Horvath. Am Ende wirbt sie für den Autor als tollen Typen, weil er auf einer Pariser Prachtstrasse von einem Baum erschlagen wurde. Immer, wenn es Herbst wird und es in den Wipfeln zu rauschen beginnt, werde ich nun denken: vielleicht ist das meine Chance, doch noch als toller Typ aus dem Leben wieder ‘rauszukommen. Is’ vielleicht nur der Herbstblues.

Karla Kuhn / 01.11.2018

Ihre Art, jemand mit Worten in die Enge zu drängen, den Spiegel vorzuhalten ohne dabei die Contenance zu verlieren,  ist brillant.  Man hat es oder man hat es nicht,  es ist wie mit dem Charisma, das kann man auch nicht lernen. HERVORRAGEND .

dr. michal kubina / 01.11.2018

Ich war mal in Vertretung eines Professors als Experte zu einer Anhörung im Kulturausschuss des Bundestages. Nicht, dass die anderen Abgeordneten durch allzuviel Kenntnis aufgefallen wären, aber die zu vermitteln, sind ja solche Anhörungen da und so haben diese Abgeordneten wenigstens Fragen an die Anwesenden, außer mir alles renommierte Professoren, gestellt. Frau Grütters schoss echt den Vogel ab, hielt ein ausführliches Koreferat, in dem sie dauergrinsend ihre Sicht darstellte, dann war die Zeit um. Ich bewunderte, die Selbstverleugnungskräfte der für diese Stunde angereisten Professoren.

Rudolf George / 01.11.2018

Was ist an ihrem Verhalten überraschend? Sie setzt nur konsequent die Methode Merkel um: wenn Du eine Karriere haben willst, dann musst du mein braver Gefolgsmann sein. Widerspruch ist nicht verboten, ist aber ein Freifahrtschein zur Arbeitsagentur. Dieses für Demokratie und Meinungsfreiheit höchst korrosive Prinzip hat sich auf allen Ebenen etabliert und wird auch nach dem Abgang der bleiernen Kanzlerin noch lange nachwirken.

Peter Gaspar / 01.11.2018

Mich würde interessieren, ob Frau Grütters sich für Auftritte von rechtsradikalen Bands ebenso vehement einsetzt…

Arnd Siewert / 01.11.2018

Wer gutes- böse und böses -gut nennt wird keinen segensreichen Weg beschreiten! Die hochhonorierte Lobhudelei von überversorgten Systhemanhängern ist peinlich und hat keine Frucht aus dem erachten der Vergangenheit. Anstatt den Hassopfern Israel/Russland usw. die Hände auszustrecken wird eine vermeintliche “Hassoposition” als Sau durchs Dorf gejagt und die SAntifa maschiert munter auf. Zum Luthergedenktag möchte ich ergänzen, daß sein grösstes Werk die Bibelübersetzung fürs Volk war. Ansonsten viel Finsternis.

Adolf Murmelstein / 01.11.2018

Der Standpunkt der Selbstbetrachtung befindet sich bei Frau Kulturministerin auf dem Mond. Von dort aus bestaunt Sie ihr Leben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Woos soll I mochen?

Bernhard Maxara / 01.11.2018

“Det hat jesessen”, lieber Herr Broder, zumindest hofft man es. Allerdings trügt die Hoffnung bei ideologisch kontaminierten Machtmenschen meistens. Ich erinnere mich gut an die unbefangene Äußerung des weiland österreichischen Kultusministers Scholten, als es bei Neuauflage einer der damals ewig währenden großen Koalitionen Mitte der Neunziger um die Ministerienverteilung ging: “Das Kulturressort bleibt für uns (Sozialdemokraten, Anm. des Verf.) ein unverzichtbares Ideologieressort…” - Unverblümter und zynischer kann man es nicht ausdrücken. Ich bin überzeugt, Frau Grütters ist mit genau derselben Bewußtseinslage gesegnet.

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