Mörder von Sarah Halimi: Nicht verurteilt wegen eines Joints

Viele Franzosen demonstrieren seit Ende Dezember in mehreren französischen Großstädten für Gerechtigkeit im Fall Sarah Halimi. Im April 2017 wurde die jüdische Frau in ihrer Wohnung in einem Pariser Vorort von ihrem aus Mali stammenden Nachbarn misshandelt, ermordet und vom Balkon geworfen. Noch heute wirft die Tat viele Fragen auf, da Zeugenaussagen zufolge „Allah“ gerufen, Koranverse rezitiert und die Ermordete als Teufel beschimpft wurde. Auch weitere Aussagen, dass der Täter zuvor in einer ortsbekannten salafistischen Moschee gesehen wurde oder dass die Verhaftung in der Wohnung von Sarah Halimi stattfand, während der Täter betete, können bis heute weder bestätigt noch widerlegt werden. Denn die Polizeiakten dürfen noch nicht einmal von Halimis Anwälten eingesehen werden und bleiben unter Verschluss. 

Im Dezember hat ein Pariser Berufungsgericht entschieden, dass der Täter Kobili Traore nicht verurteilt werden kann. Er habe sich zum Tatzeitpunkt in einem durch Marihuanakonsum ausgelösten Delirium befunden und sei deswegen nicht zurechnungsfähig gewesen. Das Gericht ordnete den Verbleib in der psychiatrischen Einrichtung, in der er sich seit der Tat befindet, mit einem Drogenentzugsprogramm an. In der Entscheidung des Gerichts finden sich zwar einige Verweise auf das möglicherweise antisemitische Motiv des Täters, aber der Fokus liegt auf seiner Unzurechnungsfähigkeit durch Drogenkonsum. Der Mord, der 2017 für internationale Schlagzeilen gesorgt hat und gleichzeitig im neuralgischen Zeitraum kurz vor den Präsidentschaftswahlen 2017 stattgefunden hat, bleibt nach derzeitigem Stand unbestraft. 

Drogenkonsum und psychische Unzurechnungsfähigkeit als Vertuschungsmethode von islamistischen, terroristischen und antisemitischen Motiven zu verwenden, ist auch hierzulande nicht unbekannt. Einen kaltblütigen Mord ungestraft zu lassen, ist aber eine neue Dimension des Unrechts im Recht. Die Pervertierung des Rechtsstaats liegt darin, die Täterperspektive immer gewichtiger zu bewerten als die des Opfers. Kiffen als Begründung für ein zerstörtes Menschenleben – das ist der wahre Knockout des Rechtssystems.

Der Täter selbst soll vor einem Richter ausgesagt haben, dass er nicht Herr seiner Sinne gewesen sei, aber das jüdische Gebetbuch und die traditionelle Menorah hätten seinen mentalen Zustand verschärft. Der Täter wirft damit dem Opfer noch vor, dass es ihn mit rituellen Gegenständen (in der eigenen Wohnung) provoziert habe. Anstatt einen gewalttätigen Antisemiten und Mörder mit allen Mitteln des Rechts zu bestrafen, wird die Angelegenheit durch einen Joint beendet.

Dies ist kein Zeichen einer funktionierenden Judikative, sondern vielmehr die Einladung oder Legitimation für alle Gräueltaten, Verbrechen und Schandtaten, solange man ausreichend Rauschgift konsumiert. In unserer Zeit der Symbolpolitik wird damit nur das Zeichen gesetzt, dass Kiffen gegen jede rechtsstaatliche Konsequenz immunisiert. Wer glaubwürdig den Antisemitismus bekämpfen will, muss die Ursachen und Hintergründe klar benennen, auch wenn diese nicht aus der geliebten rechten, sondern aus der unbequemen muslimischen Ecke kommen; ansonsten wirkt jedes Bemühen wie ein Alibi. Gerechtigkeit für Sarah Halimi, eine Ärztin und Mutter dreier Kinder! Was würde Emile Zola, einer der größten französischen Denker, wohl zu diesem heutigen Frankreich sagen?

 

Michal Kornblum, geb. 1997, ist Studentin aus Münster. Sie schreibt für den Schülerblog Apollo-News, wo dieser Beitrag zuerst erschien.

Foto: Apollo-News

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Leserpost

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Frank Reichelt / 16.01.2020

Die weiteren Umstände nicht näher beachtend: Sollte(!) tatsächlich ein Rauschmittel eine derartige Psychose ausgelöst haben, ist mit Sicherheit nicht von natürlichem Cannabis zu reden. Eine Nachbildung aus dem Chemiebaukasten hingegen (sog. “Badesalze”, die es auch als “Cannabis-Ersatz” gibt) wären hingegen ohne weiteres denkbar. In US gab es wiederholt Fälle, wo Konsumenten sog. “Badesalze” sich vom Teufel o.ä. verfolgt sahen, Dritte anfielen, verletzten oder töteten, sich selbst massivst verstümmelten und gar versuchten, sich (oder anderen) die Haut abzuziehen(!) usw. Sollte der Konsum dieses Teufelszeug (oder bestimmter Medikamente/chemischer Substanzen, gewisser Pilze oä) vorausgegangen sein, wäre der geschilderte Tatablauf durchaus plausibel (s.o.) und eine Schuldunfähigkeit absolut wahrscheinlich. Natürliches Cannabis/Marihuana erklärt eine solche Tat hingegen nicht einmal ansatzweise und ist definitiv *kein* Grund für eine Schuldunfähigkeit. Bei einer “Überdosis” natürlichen Marihuanas hätte der Mann eine solche Tat schlichtweg nicht begehen können, da er dazu - nicht zuletzt physisch - überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre. Insofern hoffe ich inständig, daß “schuldunfähig wg. Marihuana” nur ein Kommunikations-/Übersetzungsfehler ist. Denn sollte die Kammer ernsthaft natürliches Cannabis als ursächlich bewertet haben, wären Leute am Werk, die von der Thematik nicht einmal entfernt auch nur den Hauch einer halbwegs realistischen Ahnung haben - bestenfalls! Andernfalls wäre nicht nur Inkompetenz, sondern pure Bösartigkeit (unterschiedliche Motive denkbar) zu attestieren. Skandalös bliebe aber beides und in beiden Fällen hätten der/die Richter ihren Beruf verfehlt. Nochmal zusammengefasst: Ja, es gibt (idR künstlich hergestellte) Substanzen, die einen Menschen von A bis Z eine Tat wie die geschilderte begehen lassen können, ohne daß der Täter dies wollte geschweige denn nüchtern getan hätte. Cannabis gehört jedoch definitiv nicht dazu!

Jochen Lindt / 15.01.2020

Das gute alte religiöse Delirium.

Henri Brunner / 15.01.2020

Es braucht einfach mehr - viele mehr - Marianne Bachmeiers - und Männer, welche ebenso mutig handeln. Die Zeiten, wo man sein Recht in die eigene Hand nehmen muss, kommen näher, sind am Horizont schon sichtbar.

S. Salochin / 15.01.2020

@Dirk Jürgens: Komisch, ich habe gehört Hitler und Konsorten seien an der Nadel gewesen, vorher noch Pilze, dann russischen Wodka und wie die Brummkreisel herumgetorkelt. Ne, ehrlich hat mir ein Freund bei einer Pfeife erzählt ... Im übrigen ist Hitler auch aus einem Raumschiff von der Wega ausgestiegen, weiß doch längst jedes Kind.

Martin Stumpp / 15.01.2020

Wäre es kein zugewanderter Muslim gewesen, hätte ihn vermutlich auch kein Joint vor einer Verurteilung gerettet. Warum auch sollte es in Frankreich anders sein?

Gerd Koslowski / 15.01.2020

Die Kuscheljustiz ist eine Meisterin, nicht nur aus Deutschland

Jürgen Fischer / 15.01.2020

Es wird mir bis zu meinem Lebensende sauer aufstoßen, dass Drogenkonsum egal welcher Art stets und ständig als strafmildernde Ausrede hergenommen wird: »Tut mir leid, ich war neben mir, war besoffen/bekifft/besonstwast.« Ich hätte nicht gedacht, dass diese Denke nicht nur in Dummdeutschland grassiert. Gerüchteweise habe ich vernommen, dass in Italien Alkoholkonsum strafverschärfend wirkt (wie andere Drogen diesbezüglich gehandhabt werden, weiß ich noch weniger) - sollte das stimmen, ist mein Respekt vor Italien gleich um einiges höher. Von Deutschland erwarte ich in der Hinsicht gar nichts mehr; dass andere Länder die deutsche Blödheit übernehmen, spricht gegen sie.

Wilfried Düring / 15.01.2020

Zola war ein tapferer und ehrenhafter Mann. Er stellte sich - mit allen Konsequenzen und ohne sich selbst zu schonen - mit all seiner Kraft und Popularität an die Seite des unschuldig verurteilten (jüdischen) Hauptmanns Alfred Dreyfus. Dafür wurde Zola u. a. vom damals amtierenden französischen Kriegsminister verklagt und zu einer (kurzen) Gefängnisstrafe verurteilt. Vermutlich würde Zola heute (wieder) eines tun: Einen offenen Brief oder Zeitschriften-Beitrag schreiben mit der Überschrift: “J’accuse …!”. Die Pervertierung des Rechtsstaats liegt für mich darin, daß eine Justiz (Fehl-) Urteile spricht, die Täter und Mörder zur Nachahmung und Wiederholung geradezu einladen.

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