Mörder in meiner Stadt

Ich habe sie öfter gesehen, die Erzieherinnen mit einem Pulk von Zwergen im Park. Und dann gestern die Meldung, in diesem Park seien „ein Mann und ein zweijähriges Kind gestorben“. Nein. Sind sie nicht. Sie wurden ermordet, in meinem Aschaffenburg.

In Berlin? Ja. In Hamburg und Frankfurt? Ja, natürlich. Große Städte mit direkter oder indirekter Beteiligung der Grünen tendieren immer dazu, zu Shitholes zu werden. Aber nicht Aschaffenburg. Nicht meine Heimatstadt. Nicht die Stadt, in der ich diverse Schulen besucht habe, in der ich wohnte, in der ich meine erste, zweite und achte Freundin und zwei Ehefrauen kennenlernte. Nicht die Stadt mit dem Schloss, dem Pompejanum, dem Schöntal und der City-Galerie. Niemals – wirklich niemals – hätte ich mit einem „Vierklang“ „Würzburg – Solingen – Magdeburg – Aschaffenburg“ gerechnet. Nicht an dem Ort, an dem meine Freunde und Kunden sind, an dem Ort, an dem ich jeden verdammten Strauch und jedes Bistro von außen und von innen kenne. Nicht an dem Ort, an dem meine Verwandten begraben sind und ihr Leben verbracht haben. 

Bis vor zwei Jahren hatte ich mein Büro mitten in der Stadt, im Rossmarkt – keine 500 Meter von der Stelle entfernt, an der es gestern zu einer Bluttat gekommen ist. Ich habe sie öfter gesehen, die Erzieherinnen mit einem Pulk von Zwergen, die sich entweder brav an den Händen führten oder in kleinen Bollerwagen saßen, wenn sie noch nicht so schnell laufen konnten. Da waren alle Farben dabei. Was den Kindern wurstegal war. Die hatten einfach Spaß und freuten sich auf den Spielplatz bei den Magnolien, kurz hinter der malerischen Ruine des ehemaligen Beginen-Klosters. Gelegentlich sind sie an dem kleinen See bei der Ruine stehengeblieben, im Wasser gibt es jede Menge Schildkröten.

Und dann gestern die Meldung: „Ein Mann und ein zweijähriges Kind sind gestorben“. Nein. Sind sie nicht. Sie wurden ermordet, umgebracht, weggesäbelt, abgemetzelt – in meinem Aschaffenburg. „Der Täter war in der Vergangenheit schon auffällig, er leidet an einer psychischen Erkrankung“. Ach. Ach was. Das auf jeden Fall weiß man schon von dem Täter. Hätte ich auch selbst draufkommen können: Jemand, der, so scheint es, gezielt mit einem Messer kleine Kinder angreift, der muss psychisch krank sein. Psychisch gesunde Menschen machen so etwas weder „in der Regel“, noch „außerhalb der Regeln“. Sie haben ihn erwischt, „das Motiv ist noch unklar“ – aber eigentlich ist es mir scheißegal, ob ihm das die Stimmen in seinem Kopf gesagt haben, er deprimiert, da fern seiner afghanischen Heimat war, er für irgendeine empfundene oder tatsächliche Ungerechtigkeit Rache nehmen wollte oder er einen göttlichen Auftrag hatte. Es interessiert mich schlicht nicht. 

"Gefährlicher Ort?" "Bleibt bunt!"

Mich interessiert, ob die Tat hätte verhindert werden können und hier bin ich der festen Überzeugung, dass sie verhinderbar gewesen wäre – wenn unser Rechtsstaat funktionieren würde. Mir ist schon klar, dass das Leben lebensgefährlich ist und wenn ich auf den Mount Everest steige, mit 240 Sachen über die A 45 brettere oder von der Mainbrücke springe, dann kann es durchaus sein, dass das das Letzte ist, was ich im Leben mache. Nachts um zwei auf dem Frankfurter Hauptbahnhof abzuhängen, ist vielleicht jetzt auch nicht die allerbeste Idee. Oder mit einer Kippa durch „Kreuzberg ist bunt“ zu laufen. 

Aber Entschuldigung – nicht in Aschaffenburg. Nicht im Schöntal. Nicht am Ort des „blauen Klaviers“, des Hofgarten-Biergartens und dem Eingang zur City-Galerie. Nicht an der alten Stadtmauer mit ihrem verfallenen Wachturm. Nicht an dem Ort, an dem in meiner Jugend sich immer ein etwas dicklicher Herr vom Ordnungsamt mit dem Schlachtruf „runner von de Wiese“ auf uns gestürzt haben, wenn wir auf dem Rasen vor der City-Galerie eine Frisbee-Scheibe geworfen haben. 

Sicher, das Schöntal wurde von der Polizei Aschaffenburg letztes Jahr im November zum „gefährlichen Ort“ deklariert, was zu mehr Streifen und Kontrollen, speziell im Bereich unterhalb der alten Stadtmauer geführt hat, aber so richtig aufräumen wollten wohl weder die Polizei noch die seit gefühlt tausend Jahren SPD-geführte Stadtverwaltung. Wahrscheinlich wäre das auch zu blamabel gewesen und so drückt man im Rathaus mal lieber beide Augen zu und feiert sich selbst ob seiner Gutherzingkeit bei „Aschaffenburg bleibt bunt“. 

„Würzburg – Solingen – Magdeburg – Aschaffenburg“ – Ihr habt aus meiner Heimatstadt einen unsicheren Hafen gemacht. Der getötete kleine Knopf hatte wohl marokkanischen Migrationshintergrund. Seine Eltern kamen in unser Städtchen, um sicher leben zu können. Sie haben diese Scheinsicherheit mit dem Leben ihres Kindes bezahlt. In meiner geliebten kleinen Stadt. In meinem Aschaffenburg. Ich bin unsagbar traurig. Gestern haben Eltern ihr Kind verloren und andere vielleicht ihren Vater, ihren Bruder, ihren Ehemann, ihren Sohn. Wohl ebenfalls ein Migrant, der mutig und geistesgegenwärtig genug war, dem „psychisch Erkrankten“ mit dem Messer gegenüberzutreten. Gestern hat aber auch mein Aschaffenburg seine Unschuld verloren. 

Unser Bürgermeister wird nun vor die Presse treten, den Einsatzkräften danken, mitteilen, dass seine Gedanken Tag und Nacht und in der Mittagspause bei den Angehörigen der Toten und Verletzten sind, es wird eine „Demo gegen Rechts“ und für ein „buntes und tolerantes Aschaffenburg“ geben und wir werden alle aufgefordert werden, „zusammen gegen Hass und Hetze zu stehen“. Und wisst Ihr was? Das alles interessiert mich einen Rotz. Zwei Menschen wurden gestern ermordet. Auf einem Kinderspielplatz. In meinem Aschaffenburg. Weniger als 500 Meter entfernt von meinem alten Büro. 

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

(Weitere Artikel des Autors unter http://www.politticker.de

Foto: Benutzer:Maulaff - Fotos selbst aufgenommen am 5. November 2005, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Thomin Weller / 23.01.2025

Passend, über Messermänner und juristische Kakophonie im Endstadium der Georg Büchner Justizhure. LTO ““Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag in Solingen “Wie können wir zu Tätern so wenig wissen?...Mehr Überwachung und Haft für Migranten oder Besinnung auf die Ziele des Migrationsrechts? Mit Kay Hailbronner und Benjamin Rusteberg gaben zwei weitere Asylrechtler im Solingen-Ausschuss im Landtag NRW ihre Einschätzung ab.” Können die nicht beim Thema Asyl oder Migration bleiben? Asyl UND Migration schliesst sich gegenseitig aus.

Jörg Müller / 23.01.2025

@ Anna Scheufele: “Mich würde die Lösung interessieren.” - 75% sehen kein Problem, damit kann es in dieser angeblichen Demokratie auch keine Lösung geben. ... die Art der Demokratie, die wir heute in diesem Land haben, ist jene Staatsform vor der Sokrates aus gutem Grund gewarnt hat. Das Volk dient nur als Proxy um die wahren Herrscher im Dunkeln zu halten und diese verachten das Volk, die Massen ebenso wie den Gedanken echter Demokratie. Die herrschende Elite ist zutiefst verkommen, eine Herrschaft der Schlechtesten, eine schwarze Bruderschaft. Möge irgendwann Gerechtigkeit kommen und sie alle richten - auch die hunderttausenden Mitläufer, Journalisten, Beamte, Juristen, Richter, Ärzte, Wissenschaftler und ja - Kunstschaffende.

G. Zülken / 23.01.2025

@ H. Ostrovsky, kurze Anmerkung zu ihrem Kommentar. Auf den Friedhöfen gibt es was zu holen. Z b. Kerzenhalterungen und Laternen aus hochwertigen Metall-Legierungen. Werden einfach aus dem Boden gerissen und gestohlen. Ist beim Grab unserer Eltern auch passiert. Noch nicht mal die Toten haben Ruhe vor denen.

T. Schneegaß / 23.01.2025

Herr Schneider, Sie haben ja hellseherische Fähigkeiten. Das Aschaffenburger Kneipenkollektiv “Hannebambel” und die “Omis gegen rechts” rufen schon heute Abend zum stillen Gedenken auf. Wem sie still gedenken wollen, wird nicht so ganz klar. Und der komische Fritz, der Kanzler werden wird, spielt den Trump und will am ersten Tag seiner Herrschaft die Migration auf Null stellen. Klingt wie eine heimliche Absprache mit der AfD, ist aber wirklich seine ganz eigene Idee. Wenn er jetzt noch “Remigration” schreit, hat der Michel seinen Held gefunden.

R. Krummel / 23.01.2025

Bisher war ich der Ansicht das die Existenz des ÖRR vollkommen in Ordnung ist und daß die Zwangsgebührenfinanzierung nur durch Bezahlung über jederzeit kündbare Abbos ersetzt werden muß. Jetzt weiß ich, daß der ÖRR VOLLSTÄNDIG zerschlagen werden muß, denn er hat einen ganz wesentlichen Anteil an den Zuständen wie sie jetzt sind, da er seinem gesetzlichen Auftrag unparteiischer Information der Beitragszahler nicht gerecht wird.

Marc Jenal / 23.01.2025

An anderer Stelle auf achgut wird berichtet, dass in einem Monat ca. 60’000 Afghanen abgeschoben wurden, bzw. seit Herbst 400’000 (aus dem Iran bzw. Pakistan). Bei unserem Tempo (ca. 30 Personen in 3 Jahren) würde das ca. 2’000 bzw. 13’000 Jahre dauern. Für eine sportlichere Lösung müsste man wohl entsprechende Fachkräfte aus dem Iran/Pakistan anstellen. Vielleicht geht es schneller, wenn man den Lohn der Politiker an eine entsprechende Leistung knüpft. Sonst sehe ich schwarz. Wer sich an die Regeln hält, die Sprache gelernt hat, finanziell total unabhängig ist und nicht ein Kalifat oder sonstige mittelalterliche Bräuche einführen möchte, kann ja einen Bleibe-Antrag stellen. Der Kleinkind-Mörder kann ja jetzt seine Organe spenden. Alles Andere ist Energie- und Zeitverschwendung.

Sam Lowry / 23.01.2025

Nach unbestätigten Berichten haben ein paar afrikanische Länder 2015 ihre Psychiatrien und Gefängnisse geleert. Die Indizien erhärten sich…

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