Volker Seitz / 29.10.2018 / 12:00 / Foto: Pixabay / 11 / Seite ausdrucken

Moderne Technologien für Afrika aus Israel

Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi war die mächtigste anti-israelische Stimme in der Afrikanischen Union. Seit seinem Tod orientieren sich afrikanische Präsidenten nicht mehr so sehr an Ideologien. Auch die Unterstützung der Palästinenser schwindet. Staaten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung wie Marokko, Mauretanien oder der Sudan betrachten Israel zwar kritisch. Sudan verbietet israelischen Staatsbürgern die Einreise, Mauretanien brach die Beziehungen zu Israel 2010 nach einem Bombardement des Gaza-Streifens ab.

Doch Israel intensiviert seine Beziehungen zu afrikanischen Ländern seit einigen Jahren. Investoren eröffnen Firmen in Äthiopien, Kenia, Ruanda und Uganda. Afrika wird als wichtiger Absatzmarkt gesehen. Israel kann dringend benötigte Technologien liefern, wie Entsalzungsanlagen gegen Wassermangel, Lösungen zur Steigerung der Ernteerträge und Energiegewinnung, moderne Telekommunikation oder Mittel im Kampf gegen den radikalen Islam. 

Viele Länder wollen wieder stärker mit Israel kooperieren. Israel gilt weltweit als führend, wenn es darum geht, trockenes Land in fruchtbare Böden zu verwandeln. Es fördert landwirtschaftliche Forschungsprojekte auch in Afrika. Dank neuer Technologien wurden Methoden gefunden, um Erträge zu steigern, und es wurden Pflanzen gezüchtet, die Hitze besser aushalten. 

Israel ist weltweit führend in Sachen Abwasseraufbereitung. 93 Prozent des israelischen Schmutzwassers werden aufbereitet, wovon 80 Prozent in die Wiedernutzung zurückfließen. Zudem wurde in dem Land die Tröpfchenbewässerung erfunden. Die israelische Erfindung machte das Wüstenland selbst zu einer landwirtschaftlichen Oase. Seit 2012 kooperieren Deutschland und Israel in der Entwicklungshilfe. So gibt es ein gemeinsames Projekt zur Verlängerung der Ernteperiode für Mangos in Kamerun. Mit israelischen Setzlingen, die kamerunischen Stöcken aufgepfropft werden, soll auf einer Ausbildungsplantage bei 8.000 Bäumen die Erntezeit verdoppelt werden. Derzeit werden mithilfe der GIZ 6.000 Bauern fortgebildet.

Lernen, weniger Wasser zu verbrauchen

Mit israelischem Knowhow können afrikanische Staaten lernen, weniger Wasser zu verbrauchen. Côte d’Ivoire, Gabun und der Senegal werden im Bereich Bewässerung und Wassermanagement beraten. Senegal bezieht derzeit 80 Prozent seines Nahrungsbedarfs aus Importen, weil die traditionelle Landwirtschaft nur auf eine Ernte pro Jahr kommt. Mit israelischer Technologie könnten die Bauern aber auf drei bis vier Ernten kommen. Die ehemalige israelische Ministerpräsidentin Golda Meir schrieb in ihrer Autobiografie: „Israel kann ein Vorbild sein, weil es gezwungen war, Lösungen für die Art von Problemen zu finden, die große wohlhabende, mächtige Staaten niemals erlebt hatten.“

In Kenia schulten 2018 im Auftrag des Israel Institute of Technology (Bereich Global Medicine) israelische Ärzte einheimische Kollegen und Pflegekräfte in Notfallmedizin. Es wird individuell angeleitet in der Bedienung und Wartung des Equipments zur Herz-Lungen-Wiederbelebung, in Techniken zum Fallmanagement sowie den grundlegenden und fortgeschrittenen Reanimationsmethoden.

Israel hat enge diplomatische Kontakte zu afrikanischen Staaten. 1957 wurde die erste israelische Botschaft in Afrika in Accra/Ghana eröffnet. 1958 besuchte die damalige Außenministerin und spätere Regierungschefin Golda Meir Liberia und Ghana. Israel sandte nach der Reise von Golda Meir 3.000 Lehrer, Landwirte, Techniker, Mediziner und Ausbildungsoffiziere in diese Länder. 15.000 Afrikaner wurden in Israel ausgebildet. Meir kam 1960 zur Unabhängigkeitsfeier nach Kamerun und besuchte anschließend Guinea, das israelische Wirtschaftshilfe erhielt. 

2016 hat der israelische Ministerpräsident Netanjahu Uganda, Ruanda, Kenia und Äthiopien besucht. Im Juni 2017 nahm er als Gast am Treffen der Staats- und Regierungschefs der ECOWAS, der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, in Liberia teil. Er versprach, dass das israelische Unternehmen Energiya Global in den nächsten vier Jahren eine Milliarde US-Dollar investieren werde, um in den ECOWAS-Mitgliedsländern Solarprojekte zu entwickeln. Im September 2017 traf sich Netanjahu am Rande der UNO-Vollversammlung in New York mit 15 afrikanischen Präsidenten. Viele Länder erhalten Entwicklungshilfe in den Bereichen Bildung, Medizin, Landwirtschaft, Wasseraufbereitung, Hochtechnologie und Infrastruktur. Angola und Nigeria erhalten Rüstungsgüter. Mit Äthiopien, Kenia und Kamerun gibt es eine militärische Zusammenarbeit, zum Beispiel in der Terrorbekämpfung.

Viele afrikanische Eliteeinheiten sind von Israel ausgebildet 

Nach chinesischem Muster sollte im Oktober 2017 ein Gipfel Afrika-Israel in Lomé/Togo stattfinden. Wegen blutiger Massendemonstrationen gegen die seit 50 Jahren währende Herrschaft der Familie Gnassingbé musste die Veranstaltung auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Alle afrikanischen Staaten südlich der Sahara mit Ausnahme von Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, Sudan und Somalia haben diplomatische Beziehungen mit Israel. Es gibt direkte Flugverbindungen von und nach Südafrika, Tansania, Kenia und Äthiopien. Die wichtigsten Handelspartner für Israel sind: Südafrika, Nigeria, Kenia und Ghana. Seit Dezember 2017 beteiligt sich Israel an dem US-Entwicklungsprogramm „Power Africa“. Ziel ist es, bis 2030 rund 60 Millionen Afrikaner mit Strom zu versorgen.

Premierminister Benjamin Netanjahu reiste im November 2017 erneut nach Kenia, um die Staatschefs von Kenia, Sambia, Uganda und Ruanda zu treffen. Nach der Einwanderung von rund 100.000 äthiopischen Juden möchte die israelische Regierung 40.000 (zwischen 2006 und 2013 zugewanderte) illegale Migranten aus Eritrea, Sudan und Südsudan unter anderem nach Ruanda und Uganda abschieben. Israelische Medien berichten, Israel zahle der Regierung in Ruanda 5.000 USD pro Person. Migranten, die freiwillig ausreisen, erhalten bereits 3.500 USD. Uganda hat bereits seit 2013 illegale Migranten aus Israel aufgenommen. Im Gegenzug bekam Uganda Entwicklungshilfe und Hilfe zur Modernisierung der Armee. Viele afrikanische Eliteeinheiten (zum Beispiel Kamerun, Liberia, Kongo, Uganda, Äthiopien, Angola) sind von Israel ausgebildet worden.

Im Rahmen der Klimakonferenz in Bonn veröffentlichte die Deutsche Welle am 7.11.2017 den Artikel „Moussa, der Champion: Ein Bauer aus Niger kämpft gegen den Klimawandel“. Demnach habe Moussa ein besonderes Bewässerungssystem erfunden. In der Tat ist das dort beschriebene Halbmondsystem einfach und genial. Es wurde (wie ich vom damaligen DED Landesdirektor Kurt Gerhardt hörte) bereits vor dreißig Jahren vom DED und Peace Corps gefördert. Leider haben es die Nigerer nie konsequent übernommen und die deutsche Entwicklungshilfe hat es auch wieder „vergessen“. Erfunden wurde das System übrigens von den Israelis in der Negev-Wüste.

Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Buches „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

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Wolfgang Richter / 29.10.2018

Von hiesigen Medialen -meiner Beobachtung nach- ignoriert war Herr Netanjahu diese Tage auch zu einem Besuch im Emirat Oman, dies sicher nicht wegen der touristischen Besonderheiten des Landes. Auch bei diesem Besuch dürfte es um di9e eine oder andere zukünftige Kooperation beider Länder gegangen sein, (ggf. auch im Fach Tourismus).

sophie mut / 29.10.2018

Tut so gut, solch hoffnungsvolle konstruktive Informationen lesen zu können.    Ich stelle mir auch vor, , dass all die jungen Afrikaner / Migranten ausschließlich für Ausbildung und Qualifizierung hier in der BRD ihre - befristete -  , Aufenthaltserlaubnis hätten - ohne Familiennachzug . Ihre Zeit hier wäre so eine Investition in den Aufbau ihrer Herkunftsländer.      Zeit für den “Global Impact für REMIGRATION ”  ?

Ralf Pöhling / 29.10.2018

Absolut bemerkenswert. Was die Europäer über etliche Jahrzehnte einfach nicht auf die Reihe bekommen, setzt Israel innerhalb kürzester Zeit einfach um. Mir fehlen die Worte.

Peter Herrmann / 29.10.2018

Etwas unrühmlich ist die israelische „Sicherheits-Industrie“. Im Artikel verharmlosend erwähnt als Ausbildung von Eliteeinheiten. Salopper ausgedrückt heißt das auch: Mehrere Diktatoren in Afrika werden von israelischen Spezialeinheiten gesichert.

Eleonore Weider / 29.10.2018

Das nenne ich effektiv Fluchtursachen bekämpfen. Hilfe zur Selbsthilfe.

Karla Kuhn / 29.10.2018

Eine Tatsache wie die von Herrn Kaufmann beschrieben, kann man nicht besser ausdrücken. Klasse.

Marc Blenk / 29.10.2018

Lieber Herr Seitz, schön, dass sie dieses Thema aufgegriffen haben. Mich hat es all die Jahre schlicht aufgeregt, dass die afrikanischen Staaten nicht viel stärker an israelischen Technologien teilhaben wollten. Da scheint sich doch einiges zum positiven geändert zu haben. Israel ist in vielen Bereichen, die gerade für eine afrikanische Entwicklung entscheidend sind, führend. Wenn der Wille afrikanischer Eliten wachsen sollte, ihre Länder weiter zu entwickeln, werden sie in solche Technologien investieren. Ganz ohne sich beschenken zu lassen. Für Geld. Denn nur so wird auch der Wert geschätzt. Nun wäre es auch an der Zeit, dass deutsche Technologiefirmen den Markt sondieren.

Karla Kuhn / 29.10.2018

Ein interessanter Artikel und kluge Israelis.  Es gibt eben nicht nur Politiker, die an der Macht kleben, es gibt eben auch viele, die mit SACHVERSTAND die Zukunft ihres Landes planen.  WIE sieht es in Deutschland aus ??  Ich mag gar nicht dran denken !

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